Grün gegen Pink: "Dumpfer Populismus"

Glawischnig zum Rot-Blau-Pakt: "32 Mal kommt 'Sicherheit' vor"
Klubchefin Eva Glawischnig kritisiert im KURIER-Interview die Neos und will die Fortsetzung von Rot-Grün in Wien.

KURIER: Die Grünen werben auf aktuellen Plakaten für Menschlichkeit. Man könnte böse einwenden: Wer ist ernsthaft gegen Menschlichkeit? Wieso muss man das plakatieren?

Eva Glawischnig: Man muss das tun, weil wir sehen, was auf der anderen Seite geschieht: In vielen Gemeinden gehen die Freiheitlichen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen vor. Sie hetzen die Menschen mit falschen Zahlen auf und spalten die Gesellschaft. Wir wollen einen Gegenpol bilden, positive Initiativen betonen. Der Kern der Kampagne lautet: Es ist schaffbar! Österreich hat schon ganz andere Herausforderungen gemeistert.

Aber die Situation ist doch eine andere als etwa 1956 beim Ungarn-Aufstand. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Wirtschaftskrise spürbar, dazu noch Griechenland, der Euro ...

Jedes Jahrzehnt hat seine Herausforderungen. 1956/’57 war Österreich bei Weitem nicht so wohlhabend wie heute – und hat 180.000 Ungarn-Flüchtlinge aufgenommen. Die Situation ist also auch heute bewältigbar. Deshalb ist es erschütternd, dass aufgrund von politischem Versagen Menschen in Traiskirchen im Freien schlafen müssen, nachdem sie gerade vor einem Krieg geflüchtet sind.

Sie sprechen von politischem Versagen. In Salzburg und Oberösterreich sitzen die Grünen selbst in der Regierung. Trifft Sie da nicht Verantwortung?

Verantwortung trifft alle. Aber jenen, die etwas tun wollen, dürfen keine Prügel zwischen die Füße geworfen werden. Und wir brauchen vorübergehend auch mehr finanzielle Mittel für das Asylwesen – in einer Größenordnung, die maximal zehn Autobahnkilometern entspricht.

Ist das Asylthema nicht ein gutes Beispiel für das Nicht-Funktionieren des Föderalismus?

Ich glaube, das ist keine Frage des Föderalismus, sondern des politischen Stils. Wenn sich Rot und Schwarz schaden wollen anstatt zu kooperieren, dann können sie keine Probleme lösen.

Vor wenigen Tagen wurde im Burgenland die erste rot-blaue Landesregierung von Hans Niessl angelobt, der Widerstand war überschaubar. Ist diese Koalition wirklich so furchtbar, wie Sie sagen?

Ich habe mir das Koalitionsübereinkommen genau angeschaut. Es ist ja sehr dünn, aber 32-mal kommt das Wort "Sicherheit" vor. Wörter wie "Umweltschutz", "Frauen", "Gentechnik", "Landwirtschaft" oder "Europa" sucht man vergebens. Auch den oft erwähnten Unterschied zwischen Bundes- und Landes-FPÖ sehe ich nicht. Die rassistischen Parolen sind bei den Freiheitlichen auf Landes- und Bezirksebene zum Teil sogar noch heftiger.

Zur Wien-Wahl im Herbst: Ihre Landeschefin Maria Vassilakou distanziert sich bereits deutlich vom Koalitionspartner und sagt, sie mache sich keine Illusionen mehr über die SPÖ. Ging man zu naiv in die Koalition?

Für mich steht im Vordergrund, dass es unglaublich spannend ist, eine Großstadt wie Wien mitzugestalten – und das geht eben nur mit der SPÖ. Die ÖVP wird klar hinter uns liegen, es gibt keine andere Regierungsoption. Insofern hätte ich gerne eine Fortsetzung von Rot-Grün.

Im Moment heißt es "Alle gegen Strache": SPÖ, Grüne und Neos positionieren sich gegen die FPÖ. Wertet man den Gegner so nicht extrem auf?

Meine Haltung richtet sich gegen blaue Politik und deren menschenverachtende Inhalte. Die Neos sind im Moment dabei, sich komplett zu verändern. Inserate wie "G’scheite Kinder statt g’stopfte Politiker" empfinde ich als dumpf populistisch. Von der positiven Haltung der Neos ist nicht mehr viel übrig.

Ein großes Anliegen der Grünen war der Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht. Jetzt gibt es ihn zwar mitsamt dem neuen Reglement, gestritten wird im Ausschuss aber wie zuvor. Wo ist der Fortschritt?

Es ist bedauerlich, dass der Start so ruppig verlaufen ist. Das war aber schwer vermeidbar, schließlich ist es der erste Ausschuss im neuen Modus, und der Untersuchungsgegenstand ist ausnehmend komplex. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir die anfängliche Rüttelstrecke jetzt hinter uns haben.

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