Gläubiger sollen zur Hypo-Kasse gebeten werden

Gläubiger sollen zur Hypo-Kasse gebeten werden
Grüne fordern radikale Lösung. Auch Wirtschaftsminister will Härte gegenüber Anlegern zeigen. Wo ist sonst noch Geld zu holen?

Üblicherweise werden die Regierungsmitglieder von ein paar Polizisten begrüßt, wenn sie zum Ministerrat ins Kanzleramt kommen. Am Dienstag gesellten sich auf dem Ballhausplatz zahlreiche Demonstranten dazu. Grüne, die Sozialistische Jugend und Attac-Mitglieder (Globalisierungskritiker) bildeten das Empfangskomitee. Kein freundliches: Sie protestierten wegen des Hypo-Desasters.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig und ihre Kollegen zeigten plakativ auf, was den Steuerzahler die Hypo kosten könnte: "10.000 neue Lehrerinnen für 26 Jahre" oder "5500 Euro für jede Familie".

Gläubiger sollen zur Hypo-Kasse gebeten werden
APA17056506 - 18022014 - WIEN - ÖSTERREICH: Teilnehmer einer Fotoaktion von Attac zum Thema "Hypo - Wir wollen wissen, wer gerettet wird?" am Dienstag, 18. Februar 2014, vor dem Bundeskanzleramt in Wien. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Immer öfter werden Stimmen laut, die fordern, dass sich die Gläubiger beteiligen sollen, damit der Schaden für die Steuerzahler geringer ausfällt. Was halten SPÖ und ÖVP davon? "Dass man die Gläubiger möglichst miteinbindet, also auf gut Wienerisch schnalzt, ist ein Ansinnen, das aus der Gerechtigkeitssicht absolut richtig ist. Die Frage ist, wie man das bewerkstelligen kann. Da hat noch niemand eine brauchbare Antwort geliefert", sagt SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will, dass sich die Hypo-Taskforce mit der Sache auseinandersetzt: "Man muss überlegen, ob die Anstalt alle Forderungen übernehmen muss. Die Frage ist, ob es Anleger gibt, die auf den Klagsweg verwiesen werden können. Das wird die Taskforce prüfen müssen", sagt Mitterlehner.

Auch der Kärntner Grüne und Hypo-Aufdecker Rolf Holub regt im KURIER-Gespräch an, dass sich die Regierung ruhig mit den Hypo-Investoren anlegen soll: "Wir müssten bei den Anleihen einen Zahlungsstopp verhängen und dann verhandeln oder uns klagen lassen. Es muss jeder etwas beitragen."

Holub hofft nur, dass das Match Österreich gegen Kärnten aufhört. "Kärnten muss saniert, nicht zum zweiten Mal zur Kassa gebeten werden. Schließlich waren wir das erste Opfer von Jörg Haider."

Doch so schnell wird die Debatte nicht verstummen, dass sich auch Kärnten oder andere Banken an der Hypo-Abwicklung beteiligen sollen. Folgende Möglichkeiten, das weitere Bank-Umfeld zur Kassa zu bitten, gibt es:

Kärnten 500 Millionen Euro liegen im Kärntner Zukunftsfonds. Dieser ist aber durch eine Zweidrittel-Mehrheit im Landtag geschützt. Weitere 500 Millionen wären durch den Verkauf des Kärnten-Anteils (25 Prozent) am Energieversorger Kelag erzielbar. Außerdem hat jedes Bundesland ein "Steuerfindungsrecht". Theoretisch könnte Kärnten also zum Beispiel eine neue Steuer einführen und die Einnahmen beisteuern.

Banken Die Banken fühlen sich durch die Bankensteuer von rund 630 Millionen Euro im Jahr über Gebühr belastet, sie könnte dennoch erhöht werden, wenn man sich darauf politisch einigt. Derzeit sind 25 Prozent zweckgewidmet für die Abwicklung von Problembanken. Wenn man sie zur Gänze für die Hypo verwendet, verlieren aber Länder und Gemeinden ihren Anteil an der Steuer – und dürften das daher blockieren.

Gläubiger Vor dem Klagsweg, den sich Mitterlehner und Holub vorstellen können, könnte man auch in Verhandlungen mit den Anleihezeichnern treten. Das würde die Sache beschleunigen. Die Gläubiger sind zwar durch die Kärntner Landeshaftung in einer komfortablen Verhandlungsposition, dennoch müsste es Möglichkeiten geben, dass der Bund den Investoren ihre Anleihen ablöst und dabei noch einen Rabatt herausholt. Grund: Die Anleihen haben an der Börse stark an Wert verloren und auch die Investoren – Banken, Fonds, Versicherungen – haben kein Interesse an langjährigen Rechtsstreitigkeiten. Mit diesen könnte man zumindest drohen.

Bayern Theoretisch könnte man auch gegen die früheren Hypo-Eigentümer (2007 bis 2009) eine Irrtumsklage einbringen, um die Verstaatlichung rückabzuwickeln. Die Klagsaussichten seien aber gering, heißt es im Finanzministerium, weil Österreich beweisen müsste, dass man im Dezember 2009 von München über den wahren Zustand der Bank getäuscht wurde.

Inzwischen schaltete die Ratingagentur Moody’s auf Alarm und stufte die Bonität von staatlich garantierten Anleihen um zwei Stufen mit negativem Ausblick herab.

Wie viel das Debakel rund um die Hypo Alpe Adria kosten wird, ist derzeit unklar. Der frühere Rechnungshofpräsident Franz Fiedler hoffte am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal auf einen "einstelligen Milliardenbetrag".

Um die Kosten besser stemmen zu können, sollten die anderen Bundesländer einspringen, meinte Fiedler - mit Ausnahme Wiens sind diese ja in einem Haftungsverbund mit Kärnten. Die Schätzung des amtierenden Hypo-Chefs Alexander Picker, der von vier Milliarden ausgeht, hält er für „sehr optimistisch".

Dieser meinte am Dienstag in der ORF-Sendung Report, dass die Hypo Alpe Adria den Staat und damit den Steuerzahler noch maximal vier Mrd. Euro kosten wird. Darin nicht enthalten sind die schon abgeschriebenen 3,5 Mrd. Euro an Krediten. Der Staat hat der Bank bisher 3,6 Mrd. Euro an Kapital eingeschossen und 1,2 Mrd. Euro an Garantien übernommen.

Die Hypo hatte in ihren Büchern 13,5 Mrd. Euro an Krediten, davon 5 Mrd., bei deren Bedienung es keine größeren Probleme gibt und 8,5 Mrd. "faule Kredite". Von letzteren wurden bisher schon 3,5 Mrd. Euro abgeschrieben, womit die gesamte Kreditbelastung nun 10 Mrd. Euro beträgt, je zur Hälfte faule und "gute" Außenstände, heißt es aus der Bank.

Dem stehen Sicherheiten von unter 9,3 Mrd. Euro nach dem Marktwert berechnet gegenüber. Etwa 800 Mio. Euro an Krediten sind also nicht abgesichert. Wenn man die Hälfte der Sicherheiten den faulen Krediten zuschreibt und dann davon ausgeht, dass sie nur zur Hälfte des von der Hypo erhobenen Marktwertes versilbert werden können, dann würde eine weitere Lücke von gut 2 Mrd. Euro entstehen. Dazu hat die Hypo noch einen Zusatzpuffer von 1 Mrd. Euro angenommen - etwa für den Fall, dass die Balkan-Töchter nicht zum Buchwert verkauft werden können.

So kommt die Bank zu maximalen Kosten für die Republik von vier Mrd. Euro - wenn alle faulen Kredite ausfallen und die Sicherheiten dafür nur halb so viel Wert sind wie angenommen und weitere Abschreibungen beim Verkauf der Tochter des aktiven Teils der Bank fällig werden. Auf dieser Basis spricht Hypo-Chef Alexander Picker von jetzt noch auf die Steuerzahler zukommenden Kosten von "null bis vier" Mrd. Euro.

Davon unabhängig sind allerdings bereits 3,5 Mrd. Euro an Krediten abgeschrieben und verloren. Der Staat hat bereits 3,6 Mrd. Euro an Kapital in das Institut eingeschossen und 1,2 Mrd. Euro an Garantien übernommen (ein anderes Kapitel sind die Garantien des Landes Kärnten für die Anleihen der Bank). Die EU-Kommission erlaubt der Republik weitere 3,6 Mrd. Euro an Kapitalhilfen (Cash) und 3,3 Mrd. Euro Liquiditätshilfen. Damit sieht die Bank ihren Bedarf gut abgedeckt.

SPÖ und ÖVP bremsen weiter beim Thema Hypo-U-Ausschuss, die Opposition versucht ihrerseits den Schulterschluss und fordert geschlossen parlamentarische Aufklärung. "Wenn sich die Regierung weiter keinen Millimeter bewegt, kann ich mir auch vorstellen, wöchentlich eine Sondersitzung einzuberufen", sagte Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler zum KURIER.

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder argumentiert hingegen, dass ein von der FPÖ geforderter U-Ausschuss die "Täter zum Kläger" machen würde und dies wäre falsch. Grundsätzlich gebe es zwar nichts zu verstecken. Die Hauptenergie solle derzeit jedoch in die Abwicklung der Bank fließen.

Das sieht die Opposition nicht ganz so. Aufgrund immer neuer Berichte und Gutachten, die rund um die Hypo auftauchen, ergebe sich ein aufklärungswürdiges, weil verwirrendes Bild. "Die viele Merkwürdigkeiten und Widersprüche rund um die Notverstaatlichung schreien geradezu nach einem U-Ausschuss", sagte Neos-Finanzsprecher Rainer Hable am Dienstag zum KURIER.

Ein Beispiel: In einem durchaus kritischen Hypo-Prüfbericht der Nationalbank für den Zeitraum 17. 8. 2009 bis 23. 11. 2009, der dem KURIER vorliegt, werden markante Probleme und Versäumnisse der Bank aufgelistet, ohne dass es Konsequenzen gegeben hätte. Die einzige sichtbare Folge war die Notverstaatlichung durch die Republik Österreich kurze Zeit später.

Interessantes Detail: Während der Nationalbank-Prüfung hat die Hypo plötzlich eine Verlustwarnung von mehr als einer Milliarde Euro für 2009 abgegeben. Grundlage war eine Untersuchung ("Asset Review") der Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft PriceWaterhouse Coopers. Im Nationalbank-Papier finden sich (mit Stichtag 30.6.2009) Stress-Szenarien, die sogar im "Negativfall") von einem Jahresverlust von 435 Millionen ausgehen. Also weniger als die Hälfte – nur rund fünf Monate vorher.

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