Gesamtschule: Der Druck steigt weiter

Rauch, Wallner: Das neue Regierungsduo im Westen gibt sich liberal – bei Inhalten wie Begriffen
Der Koalitionspakt stärkt die Westachse. Zum Tragen kommt der liberale Grundzug bei der Bildung.

Er hätte sich freuen können, ja, er hätte sogar ein wenig stolz sein dürfen. – Immerhin hat Parteifreund Markus Wallner in Vorarlberg binnen einer Woche einen Koalitionspakt geschmiedet und seinen Posten als Landeshauptmann endgültig verteidigt.

Doch irgendwie wirkte Reinhold Mitterlehner am Dienstag nach dem Ministerrat nicht wirklich beglückt. Er beobachte die Entwicklungen im Ländle "vollkommen neutral", sagte der ÖVP-Chef; Schwarz-Grün sei eine "unabhängige Entscheidung" der Vorarlberger ÖVP; und überhaupt habe diese "mit dem Bund nichts zu tun". Euphorie klingt anders.

Stärkung der Westachse

Die begrenzte Begeisterung mancher Bundes-Schwarzen hat handfeste Gründe. Denn der am Dienstag im Ländle präsentierte Koalitionspakt stärkt die Partei-interne "Westachse", die bei ideologisch heiklen Themen wie der Bildung eher gesellschaftsliberal orientiert ist.

Ein Beispiel: der Familienbegriff. Im Wallner-Rauch-Pakt findet sich das klassische Vater-Mutter-Kind-Schema nicht, Familie wird als "Zusammenleben von Menschen" definiert, die "besondere Verantwortung füreinander übernehmen". Patchwork-Familien, Homo-Ehen, all das passt da hinein.

Noch stärker kommt der liberale Grundzug beim Bildungsthema zum Tragen: So geht Vorarlberg bei der Gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen klar über die Festlegungen der schwarz-grün geführten Regierungen in Tirol und Salzburg hinaus.

Modellstandort

Genügte den Salzburger Regierungspartnern, dass im Land nach Möglichkeit ein "Modellstandort" eingerichtet wird, will man dieses Schulmodell im Ländle nun flächendeckend forcieren. In Vorarlberg hat man sich darauf verständigt, dass die Region zum Schulversuch wird. Und für eben diesen, so bestätigten Wallner und Rauch gestern, werde man 2015 um Unterstützung im Bund kämpfen.

Für konservative ÖVP-Proponenten ist die neue Liberalität alarmierend. Wie sonst wäre es zu erklären, dass die etwa von Ex-Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer unterstützte Initiative "Pro Gymnasium" in Tirol Unterschriften sammelt, um das "Ende der Gesamtschuldebatte" zu erzwingen?

Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner hält sich vorerst zurück. Vorarlbergs Vorstoß für die Gemeinsame Schule will der Vizekanzler ins Konzept der internen Arbeitsgruppe einarbeiten – man müsse sich hier "konsensual bewegen". Wie gesagt, Euphorie klingt anders.

Kommentare