Gerhard Dörfler: „Das war behördlicher Überehrgeiz“

Gerhard Doerfler, ehemaliger Kaernten LH, Politiker, Portraits, Interview, 1080 Wien
Gerhard Dörfler. Der ehemalige Kärntner Landeshauptmann zum umstrittenen Polizeieinsatz auf dem Peršmanhof. Von Slowenien wünscht er sich die Errichtung eines zweisprachigen Kindergartens in Ljubljana.

KURIER: Der Expertenbericht zum Polizeieinsatz auf der NS-Gedenkstätte Peršmanhof ist in seiner Kritik überraschend offen. Wie bewerten Sie ihn?

Gerhard Dörfler: Es wurde festgestellt, dass der Einsatz kein Angriff auf die slowenische Volksgruppe war. Das ist mir besonders wichtig. Zweitens hat laut Bericht die Polizei als Organ im Grunde nicht falsch agiert. Die Verantwortung wurde auf der Ebene der zuständigen Beamtenschaft identifiziert. Gegen sie gibt es nun Erhebungen, man wird abwarten müssen, was dabei herauskommt. Was ich aber auch festhalten will: Gedenkstätten wie der Peršmanhof sollten per Gesetz tabu sein für politischen Aktivismus. Transparente mit Parolen wie Heimat im Herzen, Fäkalien im Hirn, haben dort einfach nichts verloren. Für mich ist das Aktionismus gemischt mit Provokation. Sie würdigt auch die Mitglieder der slowenischen Volksgruppe herab, die sehr heimatverbunden sind.

In Kärnten haben FPÖ, aber auch ÖVP den Bericht scharf kritisiert. Ist das für Sie nachvollziehbar?

In solchen Fragen entsteht rasch ein politischer Wettbewerb – nach dem Motto: Wer sagt als erstes etwas dazu?

Sie sind viel im zweisprachigen Gebiet unterwegs. Wie ist dort die Stimmung? 

Die Menschen dort wollen mit diesem Theater, das Jahrzehnte das Land beschäftigt hat, einfach nichts mehr zu tun haben. Es gibt aber gewisse Funktionäre aus der Volksgruppe, die diesen Vorfall als Bühne für Aktionismus genutzt haben, weil sie scheinbar mit dem mittlerweile herrschenden Frieden nicht zurechtkommen. Es wird ihnen aber nicht gelingen, das Verhältnis zwischen den beiden Volksgruppen zu schädigen.

Wie ist es für Sie erklärbar, dass ein Polizeibeamter offenbar die Vorschriften nicht einhält und eigenmächtig einen Einsatz initiiert und ein Bezirkshauptmann seiner Rolle nicht gerecht wird?

Ich glaube, das war behördlicher Überehrgeiz. Man darf nicht vergessen: Vor wenigen Monaten gab es das dramatische Attentat in Villach. Ich kann mir vorstellen, dass dieses auch in Polizeikreisen zu einer Traumatisierung geführt hat, die zu dieser übereifrigen Vorgangsweise geführt haben könnte.

Könnten nicht politische Motive dahintergesteckt sein?

Das ist für mich schwer vorstellbar.

Hat das Krisenmanagement von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) funktioniert?

Er ist bekannt dafür, sich eher nicht rasend schnell zu politischer Aufgeregtheit hinreißen zu lassen. Manche haben ihn für sein gelassenes Vorgehen auch in dieser Causa kritisiert. Ich glaube aber, das war der richtige Weg.

Gemeinsam mit Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) ist Ihnen 2011 eine Lösung des jahrzehntelangen Ortstafelstreits gelungen. Zuletzt wurden allerdings Tafeln von Unbekannten beschmiert. Sehen Sie einen Zusammenhang mit der Causa Peršmanhof? 

Vorweg: Es war ein großes Glück, dass Ostermayer mit dieser Aufgabe betraut war. Nur mit ihm war diese Lösung möglich. Zu den Beschmierungen: Sie erfolgten genau in der Woche, als der Untersuchungsbericht veröffentlicht wurde. Ich hätte mir gewünscht, dass man mit dem gleichen Eifer, mit dem man die Untersuchungskommission eingesetzt hat, auch hier für Aufklärung gesorgt hätte. So ist es aber relativ schnell erstaunlich still um diese Angelegenheit geworden.

Der neue slowenische Botschafter Marko Štucin kritisiert, dass Österreich zu wenig für die slowenische Volksgruppe unternimmt. Sehen Sie das auch so?

Auch diese Forderungen kommen nicht aus der Volksgruppe selbst. Faktum ist, dass die Kärntner Slowenen die bestgeförderte Volksgruppe in Österreich sind. So wurden etwa unter meiner Zuständigkeit die privaten zweisprachigen Kindergärten mit einer doppelten Förderung bedacht. Jetzt wäre eigentlich Laibach am Zug: Es wäre doch ein Zeichen einer modernen europäischen Hauptstadt in Richtung der kleinen verbliebenen deutschsprachigen Minderheit, zum Beispiel einen zweisprachigen Kindergarten zu eröffnen.

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