Schöner Wohnen dank Asylwerbern

Schöner Wohnen dank Asylwerbern
Jede zweite Kommune beschäftigt ihre Asylwerber gemeinnützig. Der Neid auf bis zu 3,50 Euro Stundenlohn ist für diese nicht nachvollziehbar.

"You have a nice place to live here", sagt Tunde, und der Nigerianer hat recht: Die Hecken sehen aus wie gebürstet, die Rasenflächen, als hätte man sie mit dem Lineal gemäht, auf den Gehsteigen liegt kaum ein Zigarettenstummel. Michelhausen, Bezirk Tulln, ist eine kleine, gepflegte Marktgemeinde. "Und kürzlich hat jemand beim Friseur zu mir gesagt, dass es dank den Asylwerbern sogar noch schöner ist", sagt Theres Friewald-Hofbauer vom "Netzwerk Michelhausen", das die gemeinnützige Arbeit im Ort organisiert.


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Für 55 Asylwerber gibt es in der knapp 3000-Einwohner-Gemeinde aber zu wenig zu tun – und Arbeit ist heiß begehrt. So begehrt, dass Deutschkurse als "Druckmittel" eingesetzt werden, erklärt Friewald-Hofbauer: "Nur, wer brav in die Kurse geht, darf arbeiten."

Manchmal ein "Danke"

Was das betrifft, ist Amin ein Musterschüler. Der 19-jährige Afghane ist nach zehn Monaten in Österreich bereits auf Fortgeschrittenen-Niveau und darf, weil er bei einem Aufnahmetest als bester abgeschnitten hat, im September an der Handelsschule anfangen.

Die Arbeit sei für ihn eine willkommene Abwechslung, sagt er: "Außer schlafen, essen und Deutsch lernen habe ich ja sonst keine Beschäftigung." Ab und zu, sagt er stolz, habe er von den Einwohnern Michelhausens schon ein "Danke" gehört, dafür, dass er Hecken stutzt, den Straßenrand von Unkraut befreit, Rasen mäht und Müll vom Gehsteig klaubt. Und Tunde erzählt, dass man ihn auf der Straße sogar meistens zurückgrüße.

Schöner Wohnen dank Asylwerbern
Nicht alle Anrainer sind den arbeitenden Asylwerbern wohlgesonnen – sie stünden wie in einer "Auslage", sagt die Gemeindebedienstete Corina Haslinger: "Sie sollen bei der Arbeit ihr Handy nicht in die Hand nehmen. Sonst bekommen wir gleich Beschwerden, wo es heißt: Der spielt ja nur mit dem Handy, der hackelt nichts."

Die Arbeit selbst neide ihnen aber niemand – bei 3,50 Euro Stundenlohn. Und sie nehmen niemandem etwas weg, im Gegenteil, betont die Außendienstlerin: "Sie nehmen uns Arbeit ab, die wir sonst aufschieben müssten."

Struktur in öden Alltag

Die Entlohnung ist je nach Gemeinde verschieden, die Deckelung bei 110 Euro pro Monat österreichweit gleich (siehe Bericht links). Das sei ein nettes Taschengeld, aber nicht mehr, betont Organisatorin Friewald-Hofbauer. "Sie freuen sich über jeden Euro, den sie selber verdient haben." Die Arbeit bringe Struktur in den öden Alltag des Wartens auf den Asylbescheid: "Sie lernen, dass man pünktlich sein muss und dass man für Geld etwas leisten muss."

Es gehe nicht um "billige Arbeitskräfte", betont Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer, der den Vorschlag von Außenminister Sebastian Kurz, Ein-Euro-Jobs für Asylberechtigte einzuführen, begrüßt: "Jede Maßnahme, die der Heranführung an die Arbeitswelt dient, ist willkommen."

Ihm sind die Regelungen zu eng gefasst, in vielen Gemeinden scheitere es an bürokratischen Hürden. Etwa die Arbeitszeit sollte flexibler gestaltet werden, fordert Mödlhammer: "Momentan gehen maximal 20 Stunden pro Monat. Das ist zu wenig, um sie auf einen normalen Arbeitsalltag einzustimmen."

Zwei Drittel der rund 2200 Gemeinden in Österreich haben Asylwerber, jede zweite davon beschäftigt sie gemeinnützig. Für viele, so Mödlhammer, scheitere es am bürokratischen Aufwand.

Was Asylwerber dürfen:
Asylwerber dürfen nur eingeschränkt arbeiten: Wer unter 25 Jahren ist, darf eine Lehre in einem Mangelberuf beginnen. Daneben dürfen Asylwerber nur als Saisonarbeiter in der Gastronomie oder in der Landwirtschaft beschäftigt sein. Eine Beschäftigungsbewilligung wird vom AMS aber nur erteilt, wenn für die Jobs keine Österreicher oder EU-Bürger zur Verfügung stehen. Es gibt nur eine begrenzte Zahl von Bewilligungen für Saisonniers.

Gemeinnützige Arbeiten:
Asylwerber dürfen gemeinnützig tätig sein. In Wien sind 200 Flüchtlinge in diesem Bereich aktiv. Wie viele es österreichweit sind, ist nicht erfasst. Laut Gemeindebund gibt es in zwei Drittel aller Gemeinden Asylwerber. Rund die Hälfte der Gemeinden beschäftigt sie auch gemeinnützig (Pflege von Grünflächen, Straßenreinigung etc.).

Wie viel sie verdienen dürfen
In der Steiermark und im Burgenland erhalten Asylwerber drei bis acht Euro pro Stunde, in Tirol ein bis drei Euro. Österreichweit einheitlich festgelegt ist, dass der Zuverdienst maximal 110 Euro im Monat betragen darf. Wer mehr verdient, verliert die Grundversorgung (Höhe variabel).

Was Asylberechtigte dürfen:
Zuwanderer, deren Asylverfahren mit einem positiven Bescheid erledigt wurde (anerkannte Flüchtlinge), dürfen jede Arbeit annehmen und haben auch Anspruch auf Mindestsicherung, wenn sie keinen Job haben. Derzeit sind 25.000 anerkannte Flüchtlinge beim AMS als arbeitslos gemeldet, Tendenz steigend. Die ÖVP will,
dass Asylberechtigte zu gemeinnützigen Tätigkeiten verpflichtet werden können („Ein-Euro-Jobs“), weil viele keine Arbeit bekommen.

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