Schule: Neuer Lehrplan soll Gebärdensprache stärken

Schule: Neuer Lehrplan soll Gebärdensprache stärken
Gebärdensprache kommt in Schulen derzeit kaum vor. Nun soll sie als verbindliche Übung eingeführt werden.

Seit 2005 ist die österreichische Gebärdensprache (ÖGS) verfassungsrechtlich anerkannt, in den Schulen kommt sie derzeit allerdings kaum vor. So gibt es weder ein eigenes Unterrichtsfach Gebärdensprache, noch wird diese regulär als Erstsprache oder Fremdsprache unterrichtet. Ein neuer Lehrplan, der gerade vom Bildungsministerium finalisiert wird, soll das nun zumindest teilweise ändern. Als Unterrichtssprache ist die Gebärdensprache aber vorerst weiter nicht vorgesehen.

Grundsätzlich können gehörlose oder stark gehörbeeinträchtigte Pflichtschüler eine Sonderschule oder eine Inklusionsklasse mit Hörenden in einer Regelschule besuchen, die Entscheidung liegt bei den Eltern. Unabhängig vom gewählten Standort können sie dort in einzelnen oder allen Fächern nach dem ergänzenden Lehrplan der Sonderschule für gehörlose Kinder unterrichtet werden, der auf ihre besonderen Lernvoraussetzungen eingeht.

Angebot im Lehrplan überschaubar

An den Pflichtschulen gibt es dabei laut Ministerium Förderung durch speziell ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen mit Gebärdensprache-Kenntnissen. An Bundesschulen, vor allem in der AHS-Oberstufe und BMHS, bekommen schwerhörige oder gehörlose Schüler im Rahmen der Persönlichen Assistenz Dolmetschleistungen, damit sie Fachinhalte (z.B. Geografie, Mathematik, Physik) besser verstehen können.

Im Lehrplan ist das Angebot an Gebärdensprache unterdessen überschaubar: Derzeit gibt es in der Pflichtschule laut Bildungsressort Gebärdensprache nur als Teil der verbindlichen Übung "therapeutisch-funktionelle Übungen" oder in Kombination mit anderen Manual- und Gebärdensystemen. Vereinzelt bieten Standorte im Rahmen der Schulautonomie Gebärdensprache als unverbindliche Übung an, die Schüler freiwillig belegen können. Für hörende Kinder gehörloser Eltern (CODA-Schüler) gibt es derzeit gar kein Angebot, obwohl sie mit Gebärdensprache aufwachsen.

Gebärdensprache wird verbindliche Übung

Ein Lehrplan für Gebärdensprache existiert derzeit ebenso wenig wie approbierte Schulbücher für Volks- und Sonderschule, kritisierte der Unabhängige Monitoringausschuss, der die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung in Österreich überwacht, in seinem jüngsten Bericht. Gebärdensprache kann auch nicht offiziell als Unterrichtssprache verwendet werden, wenngleich das laut Monitoringausschuss an einem Dutzend Standorten in Österreich trotzdem getan wird.

Mit den neuen Lehrplänen für Gebärdensprache soll es künftig einen "gesteuerten und professionellen Sprachunterricht" für alle Schüler geben, wird auf APA-Anfrage aus dem Ministerium betont. Konkret soll in der Pflichtschule Gebärdensprache als eigenständige verbindliche Übung eingeführt werden. Das Fach muss also verpflichtend besucht werden, es gibt aber keine Noten.

In den AHS-Oberstufen bzw. Berufsbildenden mittleren und höheren Schulen soll Gebärdensprache künftig für alle Schüler - gehörlose, hörende und CODA-Schüler - als Zweite lebende Fremdsprache, anstelle von Latein oder Griechisch und auch als Wahlpflichtgegenstand angeboten werden. Damit wird auch Maturieren in Gebärdensprache möglich. Ob der neue Lehrplan, wie von der Community erhofft, mit dem Schuljahr 2024/25 in Kraft treten kann, ist laut Ministerium noch nicht absehbar. Parallel wird jedenfalls das die Fort- und Weiterbildung des Lehrpersonal in diesen Bereich verstärkt.

Der Gehörlosenbund ist erfreut

Für den Österreichischen Gehörlosenbund sind die geplanten Änderungen dringend notwendig, wie Sprecherin Petra Navara gegenüber der APA betont. "Derzeit lernen die Kinder weder gescheit Deutsch, weil sie es nicht hören, noch gescheit die Österreichische Gebärdensprache, weil sie diese nicht als vollwertige Sprache vermittelt bekommen." Aktuell werde nämlich Deutsch mit unterstützenden Hilfsgebärden unterrichtet, die das Deutsch nur bruchstückhaft übersetzen, und die Lehrer würden die Standard-Gebärdensprache auch gar nicht ausreichend beherrschen. Die Folge: Das Sprachniveau von Jugendlichen, die seit ihrer Geburt gehörlos oder hochgradig schwerhörig sind und auf diese Art die Sprache lernen, sei deutlich schwächer als das ihrer hörenden Gleichaltrigen.

Die Lehrpläne für Gebärdensprache seien deshalb ein wichtiger Schritt. "Ganz alle Wünsche erfüllt er aber noch nicht", so Navara mit Blick auf den seit vielen Jahren geforderten Einsatz von Gebärdensprache als Unterrichtssprache für alle Fächer. Dafür bräuchte es aber freilich erst einmal eine gesetzliche Grundlage samt Anerkennung der gehörlosen Community als autochthone Sprachminderheit, betonte Navara.

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