Geheime Stellungnahme: WWF zerrt Ministerium vor Gericht

Geheime Stellungnahme: WWF zerrt Ministerium vor Gericht
Umweltschützer kämpfen weiter darum, an geheim gehaltenes Gutachten zu kommen.

Geht es nach der Bundesregierung, muss die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei besonders wichtigen - "standortrelevanten" - Bauprojekten wie etwa der dritten Piste für den Flughafen Schwechat künftig innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen werden. Gelingt das nicht, gilt das Projekt dennoch als genehmigt.

So steht es im Entwurf zum Standortentwicklungsgesetz, den Türkis-Blau im Juli in Begutachtung geschickt und der zu massiver Kritik von Rechtsexperten und NGOs geführt hat. Führende Verfassungsrechtler wie Heinz Mayer oder Bernd-Christian Funk verurteilten den Entwurf gar als verfassungswidrig.

Für zusätzliche Kritik hatte im Sommer aber auch gesorgt, dass das von dem Gesetz hauptbetroffene Umweltministerium von Elisabeth Köstinger (ÖVP) keine öffentliche Stellungnahme abgegeben, sondern seine Anmerkungen dazu lediglich geheim übermittelt hatte. Ein äußerst unüblicher Vorgang, den sogar Verfassungsgerichtshof-Präsidentin Brigitte Bierlein als "etwas eigenartig" bezeichnet hatte.

Keine Antwort

Nach dem Ende der Begutachtungsfrist versuchte der WWF nun, über eine offizielle Anfrage gemäß Umweltinformationsgesetz (UIG) doch noch an die Stellungnahme zu kommen. Eine Anfrage, die laut Gesetz "ohne unnötigen Aufschub", "spätestens aber innerhalb eines Monats" zu beantworten wäre. Nur: Es kam keine Antwort.

Darum hat die Naturschutzorganisation nun eine Säumnisbeschwerde gegen das Ministerium eingebracht. Zwar kann die Frist durch die Behörde einseitig um bis zu einen Monat verlängert werden, falls sie "auf Grund des Umfanges oder der Komplexität der begehrten Information" nicht eingehalten werden kann.

Doch: "Weder handelt es sich bei der begehrten Information um besonders komplexe noch um besonders umfangreiche Informationen. Eine solche Verlängerung müsste der informationssuchenden Person, hier: dem WWF Österreich, jedoch mitgeteilt werden, was nicht erfolgte. Die Verlängerung der Frist ist daher nicht passiert", heißt es in der Beschwerde, die dem KURIER vorliegt.

"Werden fristgerecht antworten"

Im Köstinger-Ressort ist man sich freilich keiner Schuld bewusst. Erstens hätte man ohnehin keine offizielle Stellungnahme im Zuge des Begutachtungsverfahrens, sondern lediglich "Informationen" übermittelt. Zweitens wäre die ursprüngliche Anfrage des WWF "kein Thema" einer Anfrage nach dem UIG. Und drittens hätte der WWF zwei Anfragen gestellt: Eine gemäß Umweltinformationsgesetz und eine weitere gemäß Auskunftspflichtgesetz. Die Frist für zweitere laufe jedoch noch und selbstverständlich werde man diese auch fristgerecht beantworten, sagte ein Köstinger-Sprecher zum KURIER.

Eine Argumentation, die beim WWF nur Kopfschütteln auslöst. Der WWF habe "definitiv nur eine Anfrage", nämlich jene nach dem Umweltinformationsgesetz, gestellt.

Und auch die Behauptung, die Stellungnahme falle nicht in den Bereich des UIG, akzeptieren die Umweltschützer nicht. Sogar auf der Homepage des Ministeriums stehe schließlich, dass "Informationen über Maßnahmen (z.B. Gesetze, Pläne, Programme, Verwaltungsakte und Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirken)" unter das Gesetz fallen würden, sagt ein WWF-Sprecher zum KURIER..

"Mauer des Schweigens"

Unabhängig der Beschwerde des WWF wurde dem Umweltministerium aufgrund der unveröffentlichten Stellungnahme am Donnerstag die "Mauer des Schweigens" des Forum Informationsfreiheit verliehen. Die NGO zeichnet jährlich am internationalen "Right to Know-Day" "besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten" aus. Neben dem Ministerium wurden in diesem Jahr die Stadt Innsbruck und die niederösterreichischen Gemeinden ausgezeichnet.

FPÖ-Innenminister Herbert Kickl erhielt zusätzlich den "Goldenen Informationsfilter" für den "Versuch politischer Einschränkung öffentlicher Informationen", Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den "Mauer des Schweigens"-Sonderpreis für die "Nicht-Einhaltung seiner Zusagen zu einem Informationsfreiheitsgesetz".

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