Kein Platz für todkranke Kinder aus Gaza - auch nicht in Österreich

Großflächige Verbrennungen, Amputationen, Krebs: Jeder einzelne dieser Fälle ist eine medizinische Herausforderung, so schwer, dass sie die Spitäler im Gaza-Streifen nicht lösen können. Rund 15.000 Menschen, darunter 5.000 Kinder, harren derzeit im Kriegsgebiet aus, ohne Aussicht auf die passende ärztliche Versorgung. Eine Evakuierung und danach medizinische Behandlung in einem Krankenhaus in Europa ist ihre einzige Hoffnung.
Doch diese Evakuierungen lassen auf sich warten. Vor allem EU-Staaten sind dabei säumig. Immerhin haben Frankreich oder Spanien zumindest ein paar Dutzend schwerkranke Palästinenser ausgeflogen . Vor zwei Wochen hat dann Italien eine der bisher größten europäischen Evakuierungs-Operationen durchgeführt. 31 Kinder und deren Begleitpersonen, zusammen rund 120 Personen, wurden in drei Frachtflugzeugen nach Italien ausgeflogen und dort in Krankenhäusern in mehreren Städten zur Behandlung untergebracht.
Eine logistische Großaufgabe. Die kranken Kinder mussten zuerst über die Grenze nach Israel transportiert werden, in den Badeort Eilat am Roten Meer. Dort warteten die Flieger auf sie und ihre Begleitpersonen.
Jedes Kind einzeln
Doch um die Kinder aus Gaza herauszubringen, müssen auch riesige bürokratische Hürden überwunden werden, wie die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die Mitarbeiter vor Ort hat, bestätigt. Jeder einzelne Patient und - im Falle eines Kindes - dessen Begleitperson müsse ein Genehmigungs-Verfahren durch die israelischen Sicherheitsbehörden durchlaufen. Erst wenn die Behörden in Jerusalem die Freigabe erteilt haben, können sie die Reise antreten. Da die palästinensischen Gesundheitsbehörden im Gaza-Streifen in der Hand der Hamas sind, befürchten die Israelis, dass vor allem die Begleitpersonen eine Gefahr darstellen könnten.
Diese Befürchtung gibt es nicht nur in Israel, sondern auch in vielen EU-Staaten, etwa in Deutschland. Dort hatten zuletzt mehrere Bürgermeister größerer Städte wie Düsseldorf oder Hannover angeboten, Schwerkranke aus dem Gaza-Streifen aufzunehmen. Vertreter der Bundesbehörden und der Polizei dagegen sprachen offen von einem „Sicherheitsproblem“, dass man sich mit solchen Evakuierungen möglicherweise einhandeln würde. Dazu kommt, wenn auch inoffiziell die Sorge, dass Kinder und Begleitpersonen um Asyl ansuchen und dieses auch bekommen könnten. Mit dem Familiennachzug könnten dann weitere Verwandte nach Deutschland kommen.
Kein Kind in Österreich
Das Ergebnis, bisher sind laut Statistiken der EU gerade einmal zwei schwerkranke Kinder aus Gaza in Deutschland zur Behandlung. Österreich wiederum taucht in den Statistiken noch gar nicht auf. Also hat es noch kein Schwerkranker in ein heimisches Spital geschafft. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig erklärte auf Anfrage des KURIER kürzlich, die Stadt und ihre Krankenhäuser seien grundsätzlich zur Aufnahme bereit. Die Entscheidung darüber liege allerdings bei den Bundesbehörden.
Im Innenministerium, das die Einreise nach Österreich möglich machen könnte, sieht man dafür aber ohnehin keine Chance. Es gebe so gut wie keine Möglichkeit, es auch als Schwerkranker aus Gaza heraus zu schaffen - und das liege nicht am Innenministerium in Wien. Ärzte ohne Grenzen will das aber so nicht hinnehmen. Österreich habe hervorragende Spitäler und daher auch die Möglichkeiten, Leiden zu bekämpfen, an denen die Kinder sonst sterben würden: „Mit dem entsprechenden politischen Willen können wir auf jeden Fall Leben retten.“
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