Wirte marschieren vor das Parlament

In drei Monaten unterschrieben 300.000 Bürger gegen das generelle Rauchverbot in der Gastronomie. Branchen-Sprecher Helmut Hinterleitner will „alle rechtlichen Mittel einsetzen“, um das Gesetz zu verhindern.
300.000 Unterschriften gegen Rauchverbot. Aber Volksabstimmung ist derzeit unrealistisch.

Noch vor dem Sommer will das Parlament ein generelles Rauchverbot in Österreichs Gastronomie beschließen. Ab Mai 2018 soll das Gesetz in Kraft treten. So der Zeitplan von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser.

"Wir werden alle rechtlichen Mittel einsetzen, um diese Anlass-Gesetzgebung zu verhindern", kündigte Helmut Hinterleitner, Gastro-Chef in der Wirtschaftskammer (WKO) Donnerstag an. Der WKO-Funktionär weiter: "Seit dem Krebstod des Journalisten Kurt Kuch wurde das Thema Rauchen in der Gastronomie wieder aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Gäste wie Wirte mit den getrennten Räumlichkeiten zufrieden."

Wirte marschieren vor das Parlament
ARCHIV - Ein Rauchverbotsschild aufgenommen am 13.08.2013 im Rathaus in Neuss (Nordrhein-Westfalen). Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa (Zu dpa: "Der Rauch lichtet sich - Tabakindustrie sucht Alternativen" vom 30.07.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Schützenhilfe bekamen die Gastronomen von Promi-Anwalt Manfred Ainedter: "Ich bin nicht sicher, ob diese Gesetzgebung vor dem Verfassungsgerichtshof halten wird." Problem dabei ist die Rechtssicherheit. Denn Tausende Wirte bauten in den vergangenen vier Jahren ihre Lokale um. Eben um Rauchern und Nichtrauchern getrennte Bereiche zu bieten. "Die Gesamtinvestitionssumme beträgt mindestens 100 Millionen Euro. Kommt das generelle Rauchverbot hat eine gesamte Branche umsonst, aber auf Druck der Regierung, viel Geld investiert. Wo bleibt da die Rechtssicherheit", ärgert sich Hinterleitner. Hunderte Wirte drohen seit Monaten mit Klagen gegen die Republik.

Heinz Pollischansky, Wiener Szene-Gastronom und Besitzer mehrerer gut gehender Lokale rechnete vor: "Alleine in der Stiegl-Ambulanz kosteten mich die Umbauten 40.000 Euro. Geht es nach der Regierung, bekomme ich über Steuerabschreibungen maximal zehn Prozent retour. So geht das nicht. Die Politik kann nicht so einfach über uns drüber fahren."

"Bevormundung"

Sogar der als moderat geltende Schweizerhaus-Chef Karl Kolarik geht mit der Politik hart ins Gericht: "Gastronomie bedeutet Gastfreundschaft, nicht militante Ausgrenzung. Aber das praktiziert die Regierung. Man fühlt sich bevormundet."

Das sehen 300.000 Österreicher ähnlich. Denn über die Initiative "Rauchzeichen setzen" wurde im Jänner eine Unterschriftenaktion gegen das generelle Rauchverbot in Gaststätten gestartet. "Etwa ein gutes Drittel der 300.000 Unterstützer sind sogar Nichtraucher. So viel Feedback in nur drei Monaten – darüber sollte die Regierung einmal nachdenken", empfiehlt Pollischansky.

Österreichs Gastronomen gehen aber noch einen Schritt weiter. Am 28. April ist ein Protestmarsch vor das Parlament geplant. Die Organisatoren rechnen mit mehreren tausend, in der Gastronomie tätigen Arbeitnehmern: "Natürlich werden uns auch Raucher und Kollegen aus den Bundesländern verstärken." Neben der Demonstration in Wien sind zusätzliche Protestzüge in anderen Landeshauptstädten in Planung.

Um das von der Regierung bereits angekündigte Rauchverbot noch zu stoppen, streben die Wirte sogar eine Volksbefragung an (Details siehe links). Die müsste mit Mehrheit im Plenum initiiert werden.

Doch die Chancen dazu gelten als minimal. Denn die Regierungsparteien müssten ihre eigene Gesetzgebung boykottieren. Szenewirt Pollischansky ist trotzdem optimistisch: "Dieses Gesetz kommt nicht in die Gesetzbücher."

Jurist Ainedter argumentierte ähnlich: "Warum überlässt man diese Entscheidung nicht tatsächlich dem Volk. Immerhin greift ein gutes Drittel der Österreicher zur Zigarette. Im übrigen bin ich mir nicht sicher, ob ein legales Genussmittel von der Politik verboten werden kann. Und der Staat schätzt seine Raucher. Denn jährlich fließen rund 1,7 Milliarden Euro an Tabaksteuer ins Budget. So lange kassiert wird, muss auch rauchen erlaubt sein."

"Der Staat macht sich in Sachen Rauchergesetz zum dritten Mal innerhalb weniger Jahre lächerlich", ärgert sich Gastwirt Christian Straus aus Zwettl, "sogar die Italiener schaffen es auf Anhieb, ein ordentliches Rauchergesetz durchzusetzen."

Was Straus noch viel mehr erzürnt, ist dass er seit der Einführung des Nichtraucherschutzes am 1. Jänner 2009 sein 78 Quadratmeter großes Restaurant "El Struz" gleich auf Nichtraucherlokal umgestellt hat und jetzt, obwohl er mit bestem Beispiel vorangegangen ist, durch die Finger schaut. "Baulich wäre ein eigener Raucherbereich schwer umsetzbar gewesen. Damals habe ich aber beim Kaffeegeschäft am Vormittag sicher 50 Prozent meiner Gäste verloren. Dass es dafür jetzt keine Entschädigungen gibt, ist unfair", sagt Straus, der selber Raucher ist und vor seinem Lokal einen eigenen Rauchertisch hat. Noch immer kommen Gäste zu ihm ins Restaurant, die gleich wieder umdrehen, wenn sie sehen, dass sie drinnen nicht rauchen dürfen. "Wenn ich gewusst hätte, dass viele andere Gastwirte auf die Regelung pfeifen, hätte ich mich damals wohl auch anders entschieden", betont Straus.

Rebell

Auch Helmut Preiser, Gastwirt aus Großreinprechts, Bezirk Krems, "qualmt" vor Wut: "Schön langsam werde ich zum EU-Gegner. Ständig kommen irgendwelche neuen Verordnungen." Keine Minute vor dem 1. Mai 2018 will er das generelle Rauchverbot in seinem Restaurant umsetzen. Er versucht, das Gesetz zu umgehen. "Ich hab vor, ein Schild vor dem Lokal zu montieren, auf dem der Hinweis steht, dass drinnen nicht geraucht werden darf. Und die Aschenbecher werde ich gegen feuerfeste Behälter austauschen", erklärt Preiser.

Er sieht nicht ein, dass er ständig die Zeche für die Politiker zahlen muss. "Wenn der Tabak schon so schädlich ist, dann gehört er genauso wie Heroin und Kokain generell verboten. Dann bleibt das Ganze nicht auf mir alleine sitzen", fordert Nichtraucher Preiser.

Kommentare