Für Bayer-Aktionäre war Monsanto reines Gift
Dieses Jubiläum wurde in Leverkusen wohl nicht rauschend gefeiert. Am 7. Juni vor einem Jahr hatte der deutsche Agrarchemieriese Bayer die Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto offiziell abgeschlossen.
Es war die bis dato größte Auslands-Übernahme eines deutschen Unternehmens. Der Kaufpreis belief sich auf umgerechnet fast 54 Milliarden Euro. Ein stolzer Preis. Doch es sollten beileibe nicht die einzigen Kosten bleiben.
„Heute ist ein guter Tag“, ließ Bayer-Chef Werner Baumann damals die Öffentlichkeit wissen. Für die Landwirte, denen er höhere Ernteerträge versprach. Und „für unsere Aktionäre, weil diese Übernahme ein sehr hohes Wertschaffungspotenzial hat“.
Hätte er sich die Bemerkung doch besser verkniffen. Ein Jahr später ist nicht nur von Wertsteigerung keine Rede. Im Gegenteil: Der Kurs der Bayer-Aktie hat sich nahezu halbiert. Das gesamte Unternehmen ist heute weniger wert, als der Zukauf von Monsanto gekostet hat.
Zehntausend Klagen
Der Grund: Der Bayer-Vorstand hatte die Prozessrisiken rund um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup völlig unterschätzt. Monsanto war mit einer Reihe von Klagen Krebskranker konfrontiert, die ihr bitteres Schicksal mit der Verwendung von Roundup in Verbindung brachten.
Bayers Chefetage hatte allerdings darauf vertraut, dass die Gerichte jenen wissenschaftlichen Studien Glauben schenken würden, die Glyphosat Unbedenklichkeit bescheinigen. Was, wie man heute weiß, blauäugig war.
Klage in Australien
Denn mit Stand Mitte April waren bereits 13.400 Klagen gegen Bayer als neuen Monsanto-Eigentümer anhängig. Drei in Kalifornien verhandelte Fälle gingen in erster Instanz schon zuungunsten der Deutschen aus. Die Gerichte sprachen den erkrankten US-Bürgern Schadenersatz in schwindelerregender Höhe zu – 80 Millionen, 289 Millionen Dollar und für ein älteres Ehepaar sogar 2,06 Milliarden (!) Dollar.
Jüngst gesellte sich ein Fall in Australien dazu: Ein 54-jähriger Gärtner, der Roundup 20 Jahre lang verwendet hatte, machte das Herbizid für seine Krebserkrankung, eine Form von Leukämie, verantwortlich. Bayer kündigte jeweils an, gegen die Urteile zu berufen.
Weitere Altlasten
Doch damit nicht genug, hat Bayer seit Ende Mai in den USA eine weitere Klage am Hals – wegen Umweltschäden, die vor Jahrzehnten entstanden sein sollen. Der Landkreis Los Angeles will den Konzern an den Kosten für die Säuberung Dutzender verunreinigter Gewässer beteiligen.
Die Kläger behaupten, Monsanto sei von 1935 bis 1977 der einzige Hersteller von Polychlorierten Biphenylen (PCB) in den USA gewesen und habe die verheerenden Folgen für die Natur und Lebewesen jahrzehntelang verschwiegen. Erst 1979 wurde die Chemikalie in den USA verboten. Bayer prüft die Klage, hält die Vorwürfe aber für haltlos.
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