Umweltschutz: Glyphosat-Verbot wird vorverlegt
Freies Spiel der Kräfte im Parlament. Die FPÖ will im Nationalrat einen SPÖ-Antrag für ein generelles Glyphosat-Verbot unterstützen. Damit gibt es eine Mehrheit für ein österreichweites Verbot. Der Beschluss könnte im Juli erfolgen.
Die ÖVP wird dem Antrag nicht zustimmen, weil er angeblich im Widerspruch zu EU-Recht stehen soll. Die Volkspartei bringt einen eigenen Antrag ein, der ein Teilverbot vorsieht. Die Anwendung von Glyphosat soll nur in der Nähe von Kindergärten und sensiblen Bereichen wie Schulen verboten werden.
Das ändert den Zeitpunkt für ein Glyphosat-Verbot, aber kaum das Faktum. Spätestens 2022 wäre es mit der Anwendung von Glyphosat auf den Feldern in der EU wohl vorbei gewesen. 2017 hat die EU die Zulassung von Glyphosat um fünf Jahre verlängert. Es war damals offensichtlich, dass es kaum eine weitere Verlängerung der Zulassung geben wird.
Knappe Mehrheit
Die Mehrheit in der EU war nur zustande gekommen, weil der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) gegen den Willen des Regierungspartners SPD in Brüssel für die Verlängerung gestimmt hat. Österreich war damals gegen die Verlängerung, weil der Wunsch nach strengeren Auflagen bei der Anwendung von Glyphosat nicht erfüllt wurde. Man könnte auch sagen, die aktuelle Situation ist ein Déjà-vu. Im Nationalratswahlkampf 2017 hatte der damalige SPÖ-Kanzler Christian Kern lautstark ein Totalverbot von Glyphosat verlangt. Nun startet die SPÖ einen neuen Versuch.
Die verwendeten Mengen an Glyphosat sind in Österreich zurückgegangen. 2017 waren es noch 329 Tonnen des Wirkstoffs. Im Vorjahr wurden 242 Tonnen aufgebracht (siehe Grafik). Einer der bekanntesten Unkrautvernichter mit Glyphosat ist Round-up (Bericht unten).
Der Wirkstoff im Glyphosat sorgt dafür, dass alle Pflanzen vor der Neusaat absterben. Man muss daher die Felder nicht mehrmals umpflügen, bevor neue Pflanzen angebaut werden. Das wird nach dem Beschluss des Verbotes nicht mehr möglich sein.
Öfters Pflügen
Es wird daher in Zukunft auf einen höheren Maschineneinsatz hinauslaufen. Einige Landwirte werden auf andere chemische Substanzen umsteigen. Der längere Einsatz von Glyphosat in anderen EU-Staaten wird von Bauernvertretern als finanzieller Wettbewerbsnachteil für die heimische Landwirtschaft gesehen. Weitere Anwendungen von Glyphosat sind die Entfernung von Pflanzen von Gleisanlagen, Industriegrundstücken sowie Wegen und Plätzen.
Der Streit über die gesundheitlichen Folgen von Glyphosat dauert schon mehrere Jahre. Der Wirkstoff blockiert die Produktion bestimmter Aminosäuren, die für das Wachstum von Pflanzen entscheidend sind. Da dieser spezifische Stoffwechsel nur in Pflanzen, Pilzen und Bakterien vorkommt, gilt Glyphosat für Menschen und Tiere laut einigen Fachleuten als kaum toxisch. So vertreten das deutsche Bundesinstitut für Risikoforschung, die EU-Chemikalienagentur ECMA und die EU-Lebensmittelbehörde ESA die Ansicht, dass Glyphosat bei Einhaltung der Vorschriften für die Anwendung nicht krebserregend ist.
Die bei der Weltgesundheitsorganisation WHO angesiedelte internationale Krebsagentur hingegen hält Glyphosat für „wahrscheinlich krebserregend“. Das ist nicht notwendigerweise ein Widerspruch. Entscheidend für die Wirkung ist vor allem die Dosis. Die Internationale Krebsagentur hat bei ihren Tests mit extrem hohen Dosierungen gearbeitet.
Tests der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) haben ergeben, dass in Österreich 94 Prozent der untersuchten Lebensmittelproben glyphosatfrei waren. Beim Rest betrug die gefundene Menge zwischen 0,01 und 0,05 Milligramm.
Greenpeace hat das Totalverbot begrüßt. Kritik kam von der IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP).
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