Fünf Kandidaten kämpfen um einen Studienplatz

Streitgespräch mit Heinz Engel (Uni Wien) und Bernhard Lahner (ÖH).
Der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, verteidigt das Aussieben für die Massenfächer.

Die Aufnahmeverfahren an den österreichischen Unis beginnen diese Woche (siehe unten). Der KURIER bat den Rektor der größten Universität des Landes, Heinz Engl von der Uni Wien, und Bernhard Lahner vom neuen Vorsitzteam der Hochschülerschaft zum Streitgespräch.

KURIER: Herr Rektor, weiß das Rektorat eigentlich, dass einige Studierende weiterhin auf Plätze in Pflichtveranstaltung warten müssen?

Heinz Engl: Natürlich ist bekannt, dass einige Fächer überbucht sind. Aber nehmen wir als Beispiel die Pharmazie: Wir haben 700 Anfängerplätze in der Pharmazie, das ist eine Vorgabe vom Bund. De facto haben wir aber nur 200 Laborplätze.

Bernhard Lahner: Warum stehen nur 200 Plätze zur Verfügung? Da muss man doch die Strukturen der Hochschulen anschauen und versuchen zu schauen, dass man das verbessert. Ergebnis kann doch nicht immer sein, dass das auf dem Rücken der Studierenden passiert, indem alle rausgeprüft werden.

Heinz Engl: Die werden nicht rausgeprüft, das ist eine ganz normale Prüfung, wo klar festgelegt wurde, wie viele weiterkommen. In der Psychologie sind das 500 bei 4000 Anmeldungen. Wenn man nach internationalen Standards geht, wir analysieren das genau, und vergleichen uns mit der Uni München oder Zürich, dann könnte man etwa in der Psychologie nicht einmal 500 intensiv genug betreuen.

Bernhard Lahner: Wir würden uns aber wünschen, dass alle aufgenommen werden.

Heinz Engl: Um die 4000 Studieninteressenten aufnehmen zu können, würde ich sagen, bräuchte man 25 neue Professuren, die man zusätzlich bezahlen müsste. Könnte man machen, aber woher das Geld, woher der Raum? Es gibt einfach Kapazitätsgrenzen an der Uni.

Bernhard Lahner: Man könnte sich doch anschauen, wie die Lehrveranstaltungen im Moment organisiert sind.

Heinz Engl: Schauen Sie, das Problem zwischen 500 Plätzen und 4000 Anmeldungen bekommen Sie sicher nicht dadurch in den Griff, dass Sie versuchen, die Lehrveranstaltungen neu zu ordnen.

KURIER: Herr Lahner, halten Sie es denn für vernünftig, dass man 4000 neue Psychologiestudenten jedes Jahr aufnimmt?

Bernhard Lahner: Ich finde, dass alle Studierende mit der Studienberechtigungsprüfung oder der Matura die Berechtigung bekommen haben zu studieren, aber dann willkürlich nach irgendwelchen Kriterien einer Prüfung unterzogen werden.

Heinz Engl: Wieso willkürlich? Was ist da willkürlich?

Bernhard Lahner: Diese Prüfungen sind willkürlich.

Heinz Engl: Das heißt mit anderen Worten, die amerikanischen Universitäten Berkeley, Harvard, Stanford üben alle Willkür, indem sie Eignungsverfahren haben?

Bernhard Lahner: Ja, sicher.

Heinz Engl: Aber Willkür ist doch etwas, wo man sozusagen entscheidet, der soll kommen, der soll nicht kommen, ohne sachliche Kriterien. Dieses Wort finde ich doch sehr unangemessen.

KURIER: Was schlägt die ÖH vor, um das zu verbessern?

Bernhard Lahner: Erstens braucht es bessere Information für die Studenten, wo es Probleme geben könnte.

Heinz Engl: Ich denke, das weiß jeder, der studieren will.Bernhard Lahner:Und es geht darum, dass die Hochschulen ordentlich mit dem Ministerium über ein Budget verhandeln.

Heinz Engl: Wie bitte? Und das tun wir nicht?Bernhard Lahner: Anscheinend nicht.Heinz Engl: Was glauben Sie, was wir den ganzen Tag tun, außer zu schauen, dass eine ordentliche Ausstattung vorhanden ist?

Bernhard Lahner: Das sollte keine Unterstellung sein. Es soll halt nicht am Ende des Tages herauskommen, dass neue Zugangsbeschränkungen und Aufnahmeprüfungen notwendig sind.

Heinz Engl: Fragen Sie mal bei der Politik nach. Noch dazu, wo jetzt anscheinend doch genug Geld da ist, um die Medizin in Salzburg zu finanzieren oder die Donau-Uni in Krems auszubauen.

Bernhard Lahner: Warum thematisieren Sie das nicht?

Heinz Engl: Sie könne sich sicher sein, dass wir die Uni-Finanzierung fast täglich zum Thema machen. Aber so ist das in einem politischen System, es gibt irgendwann Entscheidungen, und diese Entscheidungen fallen nicht immer so aus, wie wir uns das vorstellen.

Bernhard Lahner: Nachdem offenbar genügend Geld vorhanden ist, sollten wir vielleicht gemeinsam einfordern, dass das Geld vernünftig verwendet werden kann.

Heinz Engl: Ich bin eigentlich der Meinung, dass das schon längst geschieht.

KURIER: Warum sind die Hochschulen kein Wahlkampfthema ?Heinz Engl: Ich fürchte, weil es für die Allgemeinheit nicht interessant genug ist. Das sollte sich im Interesse des Landes ändern, denn die Qualität des Bildungssystems entscheidet die Zukunft.

Offiziell beginnt das neue Studienjahr für die rund 300.000 Studenten an den 21 heimischen Universitäten erst am 1. Oktober. Doch diese Woche wird vielen Uni-Neulingen bestimmt in Erinnerung bleiben: Die Aufnahmeverfahren für jene Fächer, die mehr Neuanmeldungen von Studenten haben, als im laufenden Betrieb versorgt werden können, beginnen. An einigen Unis wird das nicht nur für die Studenten eine Premiere sein.

Besonders krass ist das Verhältnis Anmeldungen zu verfügbaren Studienplätzen bei den Psychologen: Insgesamt haben sich für Dienstag, den 3. September, 6838 Studenten an den fünf Unis in Wien, Graz, Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt für nur 1245 angebotene Plätze beworben. Konkret gibt es alleine in Wien 4035 Anmeldungen bei 500 angebotenen Studienplätzen, in Graz 1058 Interessierte für 230 Plätze.

Der Aufnahmetest selbst ist schriftlich, die Studenten müssen zeigen, dass sie „einfache, fachbezogene Texte in englischer und deutscher Sprache“ verstehen, dass sie die Fähigkeiten zum „formal-analytischen Denken“ haben und sich Wissen aus der vorgegebenen Fachliteratur aneignen können.

In den Dekanaten und Rektoraten versucht man dennoch zu beruhigen: Da die Anmeldungen zwar verpflichtend, aber für die Studenten unverbindlich sind, wird mit weit weniger Ansturm gerechnet. Tatsächlich hat alleine die Ankündigung, dass es zu Aufnahmeprüfungen kommen wird, in einigen anderen Fächern dazu geführt, dass sich weit weniger Studienbeginner angemeldet haben, als Plätze zur Verfügung stehen. Beispiele dafür sind die Fächer Architektur und Wirtschaftswissenschaften. Und besonders bei den Psychologen kommt dazu, dass ein großer Teil der Anmeldungen von deutschen Studierwilligen kommt, die oft „doppelt“ angemeldet sind – in Österreich und in Deutschland.

Hart dürfte weiters am Mittwoch das Aussiebeverfahren am Publizistik-Institut werden, wo sich rund 1900 Studenten für einen der 1100 Plätze angemeldet haben.

Aufnahmeprüfungen gibt es zudem in den Fächern Biologie, Ernährungswissenschaften und Pharmazie.

Am Donnerstag, dem 5. September, endet die allgemeine Uni-Anmeldefrist.

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