"Früher war Asyl in Österreich noch heilig"

Christian Konrad wurde von der Regierung zum Flüchtlingskoordinator bestellt
Bei einem „Vernetzungstreffen“ versuchten Ortschefs, Kollegen die Angst zu nehmen.

Im Turnsaal der Hauptschule Alpbach ist Dauermurmeln zu hören. In Arbeitskreisen sitzen Freitagnachmittag 83 Bürgermeister aus ganz Österreich beisammen. Es ist ein Erfahrungsaustausch, der helfen soll, die Krise bei der Suche nach Asylquartieren zu entschärfen. In einer der Gesprächsrunden unterhält sich der neue Flüchtlingskoordinator Christian Konrad mit Politikern. „Er kann helfen, Bedenken auszuräumen“, ist Tirols Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) überzeugt, die mit in der Runde sitzt.

Er sei gekommen, um die Ortschefs zu überzeugen, dass es notwendig ist, in schwierigen Situationen „menschlich solidarisch“ zu sein, sagte Konrad selbst bei seinem Eintreffen vor Journalisten. „Ich erwarte mir, dass sie aufrechte Österreicher sind und Verständnis für die Lage der Flüchtlinge haben“, erklärte der Ex-Raiffeisen-Generalanwalt.
Das Interesse der Gemeindechefs war enorm. Sie sind der Einladung des Europäischen Forum Alpbach zu einem „Vernetzungstreffen“ gefolgt. „Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Bürgermeister ihre Rolle als Baumeister der Solidarität wahrnehmen können“, sagte Forums-Präsident Franz Fischler (ÖVP) während einer Pressekonferenz.

„Quote genügt nicht“

Angesprochen auf ein mögliches Scheitern der EU bei der Bewältigung der Asylproblematik kritisierte der ehemalige EU-Kommissar die „nicht vorhandene europäische Flüchtlingspolitik“. Und Fischler stellte klar, dass eine Quote für die Aufteilung der Asylsuchenden unter den Mitgliedsländern allein nicht genug sein könne. Die internationale Gemeinschaft habe die „Food-Aid-Programme um die Hälfte gekürzt“. In Flüchtlingslagern in Jordanien müsse zumindest sichergestellt werden, „dass die Menschen jeden Tag ein Brot zum Essen haben“, sagte Fischler. Das würde helfen, die Flüchtlingsströme zu verdünnen.

Gefragter Gesprächspartner an diesem Tag war Andreas Babler (SPÖ), der unter dem Titel „Lernen aus Traiskirchen“ referierte. Lernen aus Traiskirchen wollte unter anderem Parteikollege Gerhard Zapfl, Bürgermeister der burgenländischen Grenzgemeinde Nickelsdorf: „Babler kennt die Situation in ausgeprägter Form. Er hat bis jetzt den Spagat geschafft, den sozialen Frieden in seiner Gemeinde zu bewahren und Stimmen zu gewinnen.“ Der Bürgermeister von Traiskirchen kritisierte indes erneut die Asylpolitik der Regierung. Während Quartiere in Gemeinden leer stünden, „liegen bei mir 800 Menschen im Dreck“.
Ändern sollten das unter anderem die Berichte von 15 Ortschefs, die Asylsuchende aufgenommen haben. „Es geht darum, dass solche, die keine Angst haben, andere, die Angst haben, an der Hand nehmen“, erklärte Ex-Innenminister Caspar Einem (SPÖ), der beklagte: „Früher war Asyl in Österreich noch heilig.“

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