Kommission und EU-Wahl: Frauen segeln auf Europa-Kurs
Die Amtszeit der EU-Kommission von Jean-Claude Juncker endet im November 2019. Doch schon jetzt bewegt die Gemüter in Brüssel und in anderen EU-Hauptstädten die Frage: Wer sind die neuen Kommissare, pardon, Kommissarinnen?
Insider, hohe Beamte, selbst Kommissare aus anderen Ländern nennen immer öfter einen Namen, wenn es um Österreich geht: Elisabeth Köstinger. Die ÖVP-Landwirtschafts- und Umweltministerin war EU-Abgeordnete, wird als Europa-affin beschrieben und gehört zum inneren Zirkel von Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Auch Kommissar Johannes Hahn hat Interesse an einer dritten Funktionsperiode, entschieden ist noch nichts.
Eines zeichnet sich aber immer deutlicher ab: Laut Prognosen dürfte die Europäische Volkspartei (EVP) die Europa-Wahl Ende Mai 2019 gewinnen – und damit wäre ihr Spitzenkandidat Manfred Weber wohl der nächste Kommissionspräsident.
Hoffnung der Liberalen
Seine Chancen haben sich zuletzt auch durch die aktuelle innenpolitische Krise in Frankreich und den tiefen Fall von Staatspräsident Emmanuel Macron verbessert. Macrons Partei „La République en marche“ hat kürzlich eine Allianz mit Europas Liberalen (ALDE) bekannt gegeben. Ein Zugpferd für die Liberalen ist Macron nach den gewalttätigen Protesten gegen seine Reformpolitik aber nicht mehr. Die Hoffnung der Liberalen, wonach sie mit Hilfe des Franzosen bei der EU-Wahl zulegen und das Amt des Kommissionspräsidenten verlangen könnten, schwinden.
Damit wird Manfred Weber in seiner Favoritenrolle bestärkt. Für die ÖVP ist Weber ein Glücksfall. Er ist ein enger Freund des Kanzlers, Kurz unterstützt ihn, wo er kann. Und so wird Kurz Einfluss auf das Dossier haben, das der neue bzw. die die neue österreichische Kommissarin bekommt. „Es könnte wieder ein politisch hochkarätiges Dossier werden“, hört man in EVP-Kreisen.
Bisher wurden Österreich – im Vergleich zu anderen kleineren Ländern – stets sehr herausfordernde Politikbereiche in der EU-Kommission übertragen. Franz Fischler hat Maßstäbe als Agrarkommissar gesetzt. Benita Ferrero-Waldner war für die Außenbeziehungen zuständig; Hahn hatte zuerst die Regionalpolitik zu verantworten, jetzt ist er für die Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik zuständig.
Köstinger, keine Fremde
Für Elisabeth Köstinger spricht, dass sie für Weber keine Fremde ist. Beide kennen einander sehr gut aus der Arbeit im Europäischen Parlament und in der EVP-Fraktion, sie vertrauen einander, sie ist eine Frau, und sie bekleidet ein Ministeramt.
Für Pamela Rendi-Wagner ist die EU-Wahl der erste große Test als Parteivorsitzende. Aus der Opposition heraus will sie die SPÖ wieder zur Nummer 1 machen. „Heraus aus der Starre“, sagt sie und verlangt von der Partei Mobilisierung. „Wir wollen Junge ansprechen. Für die junge Generation, für NGOs, für die Zivilgesellschaft ist ganz entscheidend, wer an den Schalthebeln der EU-Institutionen sitzt, wer über die Zukunft der EU entscheidet“, sagt Rendi-Wagner am Rande des SPE-Parteikongresses in Lissabon zum KURIER. „Soziale Gerechtigkeit, Klima, Umwelt, Jobchancen und Frieden sind die Werte, für die wir kämpfen, und die auch jungen Leuten sehr wichtig sind“, betont sie in ihrer im perfekten Englisch gehaltenen Rede vor Hunderten Delegierten.
Scheinwerfer lenken
Im Wahlkampf will sich die SPÖ aber auch die Widersprüche in den Europa-Positionen von ÖVP und FPÖ zu Nutze machen. „Es wird nicht gelingen, die bisher inszenierte Harmonie aufrechtzuerhalten, wenn es um EU-Themen geht. Die ÖVP gibt sich europa-freundlich, die FPÖ sitzt in einer Fraktion, die Europa zerstören will.“ Die Formel, in der EU habe die ÖVP keine Koalition mit der FPÖ, „ist nicht länger aufrechtzuerhalten“, erklärt die rote Frontfrau. Auf diesen Gegensatz will die SPÖ „den Scheinwerfer lenken“.
Und noch eine dritte Frau segelt auf Europakurs: Claudia Gamon will Neos-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl werden. Das gab die 29-jährige Vorarlbergerin am Sonntag bekannt. Seit Oktober 2015 werkt die studierte Betriebswirtin unter anderem als Europasprecherin der Pinken im Nationalrat, künftig will sie in Brüssel für ein „starkes Europa“ kämpfen. Bevor die Neos ihre Spitzenkandidatin küren, müssen sich die Bewerber einem Hearing und einem Online-Voting stellen. Finalisiert wird die Liste dann von der Mitgliederversammlung am 26. Jänner.
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