FPÖ will Wahlkampf-Moratorium

FPÖ will Wahlkampf-Moratorium
FPÖ-Spitze schlägt vor, den Bundespräsidenten-Wahlkampf bis kurz vor der Wahl auszusetzen.

Die FPÖ möchte den Wahlkampf für die verschobene Bundespräsidenten-Stichwahl zurückfahren. In einer Pressekonferenz am Freitagvormittag mit Parteichef Heinz-Christian Strache und Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer hat FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ein Wahlkampf-Moratorium vorgeschlagen. Weil sowohl die Bevölkerung als auch beide Kandidaten sich mittlerweile im Dauerwahlkampf befänden, der schon Ausmaße des US-Wahlkampfs angenommen habe. Mit der Verschiebung der Stichwahl auf Anfang Dezember würden zweieinhalb Monate "Materialschlacht" drohen - und auch die Kostenbelastung für die Kandidaten sei erheblich.

FPÖ will Wahlkampf-Moratorium

Keine "Hardcore-Aktionen"

Daher habe Kickl - nach Rücksprache mit Norbert Hofer - dem Kampagnenleiter von Alexander van der Bellen, Lothar Lockl, dieses Angebot unterbreitet. Lockl hat sich bereits in einer Aussendung "erfreut" über den Vorschlag gezeigt (siehe unten).

Betroffen seien "Hardcore-Aktionen" wie Plakatwellen oder Kundgebungen, "softe" Bürgerkontakte, wie etwa im Rahmen von Radtouren, wie sie Hofer derzeit unternimmt, sollten von dem Moratorium aber ausgenommen sein, erklärte Kickl. Und natürlich "können wir auch nicht aufhören, Politik zu machen", stellte Kickl klar.

Wie viele Wochen vor dem geplanten Wahltermin am 4. Dezember der Wahlkampf dann wieder einsetzen soll, sei noch zu klären. Lockl schlug in seiner Aussendung einen Intensivwahlkampf von "üblichen" fünf Wochen vor.

Wenig Neues zu Wahl-Manipulationen

Zum Thema Wahl-Manipulationen legte Dieter Böhmdorfer, der hier wie schon bei der Anfechtung der Stichwahl als Anwalt der FPÖ agiert, erneut keine konkreten Zahlen oder Belege vor. Die Fälle, von denen man Kenntnis bekommen habe, würden über die "Whistleblower-Hotline" des Justizministeriums gemeldet.

Warum man nicht - wie von Kandidat Hofer angekündigt - den Weg über Anzeigen an die Staatsanwaltschaft beschreite? "Wir wollen diese Leute nicht vor den Vorhang zerren", sagte Böhmdorfer. Schließlich handle es sich nur um Verdächtige, wo sich auch herausstellen könnte, dass die strafrechtlichen Vorwürfe - wie zum Beispiel Amtsmissbrauch - nicht zutreffen. Mit der Meldung an die Whistleblower-Hotline liege es dann "in der Verantwortung der Staatsanwaltschaft, ob Personen aktenkundig werden" - und ihre Namen damit in die Medien gelangen könnten.

FPÖ will Wahlkampf-Moratorium

Inhaltlich gehe es um Wahlkartenbestellungen in Alten- und Pflegeheimen. Und nach mehrmaligem Nachfragen der anwesenden Journalisten nannte Strache dann ein Beispiel: Einer der Vorwürfe betreffe einen Ausländer, der in der Wählerevidenz geführt worden sei.

Wahlrecht für Besachwaltete

In Sachen Wahlrecht besachwalteter Personen hat Böhmdorfer mit einem Schreiben an Alten- und Pflegeheime für große Aufregung bei Pflege- und Hilfseinrichtungen gesorgt. Darin stellt er "auftrags" der FPÖ fest: "Personen, die aufgrund körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht in der Lage sind, eine Wahlkarte zu beantragen und auszufüllen, sind nach der eindeutigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bedauerlicherweise von der Briefwahl ausgeschlossen."

Dies sei nur eine "sachliche Information", um "eine Informationslücke zu füllen" - und keine politische Aktion oder der Versuch, Menschen unter Sachwalterschaft das Wahlrecht zu nehmen, erklärte der Ex-Minister in der Pressekonferenz.

Der VfGH habe klargestellt, dass auch der Antrag einer Wahlkarte und die eidesstattliche Erklärung bei der Briefwahl Teil des persönlichen Wahlrechtes sind - und somit vom Wahlberechtigten selbst und nicht von "Fremden" (Sachwaltern, Angehörigen oder Pflegern) erledigt werden könnten. Jeder Österreicher über 16 habe ein Wahlrecht - nur "wenn er es nicht ausüben kann aufgrund des Zustandes, in dem er sich befindet, dann geht's eben nicht".

Empörung bei Pflegeheimen

Der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime weist die von der FPÖ erhobenen Vorwürfe von Wahlmanipulationen in Pflegeeinrichtungen empört zurück. Das sei "Rufschädigung", sagte Präsident Markus Mattersberger, und stellte sich hinter Mitarbeiter und Bewohner der Heime. Die Caritas lehnte die Forderung ab, Richter über das Wahlrecht Besachwalteter entscheiden zu lassen.

"Schluss damit!", forderte Mattersberger in einer Aussendung am Freitag die FPÖ auf, die Generalverdächtigungen gegen Heime einzustellen. Er schloss "entschieden" aus, dass in Pflegeheimen ohne Wissen der betroffenen Personen Briefwahlkarten in großem Stil bestellt worden seien. Die FPÖ spreche seit Wochen - ohne Beweise vorzulegen - von solchen Manipulationen in Plegeheimen, in den letzten Tagen sei auch noch das "Informationsschreiben" der Kanzlei Dieter Böhmdorfer im Auftrag der FPÖ in die Heime geflattert mit der Aufforderung, sie an die Mitarbeiter zu verteilen bzw. am Schwarzen Brett auszuhängen.

Das ist für Mattersberger der Versuch, "ein demokratisches Grundrecht der Heimbewohner zu beschneiden und Mitarbeiter einzuschüchtern und daran zu hindern, Unterstützungsleistungen zu erbringen". Es sei unrichtig, dass jegliche Unterstützung bei der Wahl untersagt sei und bei vorsätzlicher Begehung den Straftatbestand der Wahlfälschung oder Wahlbehinderung erfülle - das sei wohl eine "bewusste Fehlinterpretation, um viele Heimbewohner des Wahlrechts zu berauben". Auch Heimbewohner müssten ihre Wahlkarte ausdrücklich selbst anfordern und die Unterschrift selbst leisten, Unterstützung dabei - wenn sie aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage sind - sei jedoch zulässig, wenn dies zweifelsfrei dem geäußerten Willen der Antragsteller entspricht.

Alexander Van der Bellen hatte zwar nicht vor, jetzt einen "Dauerwahlkampf" bis zur auf 4. Dezember verschobenen Wiederholung der Präsidenten-Stichwahl zu führen. Aber es sei "erfreulich, wenn die FPÖ nun erstmals Bereitschaft zeigt, über ein Fairnessabkommen und eine zeitliche Begrenzung des Wahlkampfes zu reden", erklärte Wahlkampfleiter Lothar Lockl zum "Moratoriums"-Vorschlag Herbert Kickls.

Das Team Van der Bellens wolle einen kurzen Wahlkampf - mit der üblichen Intensivphase von fünf Wochen vor dem Wahltag. Dass jetzt die FPÖ (die bisher kein Fairnessabkommen wollte) doch bereit sei, den Zeitraum zu beschränken, in dem Plakate aufgehängt und Inserate geschaltet werden, sei "zu begrüßen". Lockl schlägt als zeitlichen Rahmen rund fünf Wochen vor - und schon morgen oder am Montag könnte man darüber ein erstes Gespräch führen, bot er FPÖ-Generalsekretär Kickl in einer Aussendung an.

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