Notwendig wurden die Richtlinien, weil Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mutmaßlich über Jahre der FPÖ private Spesen in Rechnung stellte (die Justiz ermittelt).
"Regelkonform, professionell und von externen Experten" seien die Richtlinien erstellt. Weil der "Verhaltenskodex und die Handlungsanweisungen" von der Bundespartei- bis hin zur kleinsten Landesorganisationsebene gelten sollen, dauere die Fertigstellung des Handbuchs jedenfalls bis Ende 2020.
In der Praxis soll es dann in jedem Bundesland einen "Compliance-Officer" und "auf allen Ebenen auch für den Rechnungshof nachvollziehbare Prozesse geben", sagt Haimbuchner im KURIER-Gespräch.
Keine "blaue Blasenbildung“
"Wir waren bei FPÖ-TV und Social Media Vorreiter und wir werden auch in diesem Bereich Vorreiter sein", gibt er sich - trotz interner Widerstände dem Projekt gegenüber - zuversichtlich. Sein Landsmann, der Welser Bürgermeister Andreas Rabl, hatte seit Straches Suspendierung im Oktober 2019 die Aufgabe, die Partei neu zu positionieren.
Mit Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek und Vorarlbergs FPÖ-Chef Christof Bitschi ließ er online 700 Funktionäre und 6500 Parteimitglieder befragen, was sie sich von der Partei wünschen und an ihr kritisieren. Das Ergebnis?
Es gebe eine große Deckungsgleichheit zwischen Funktionären und Mitgliedern. Damit sei "keine Blasenbildung erkennbar".Zu 90 Prozent würden sich beide befragte Gruppen freiheitliche Kernthemen erwarten. Dazu gehören: Sicherheit und Asylpolitik, der Schutz der Heimat, das Prinzip, dass sich Arbeit lohnen muss und der Kampf gegen den politischen Islam.
"Der Schutz der Heimat" betreffe nicht nur die Grenzsicherung und "ein sicheres Österreich", sondern auch eine "sichere Infrastruktur im ländlichen Raum", erklärt Rabl und meint damit den Ausbau des Straßen- und Breitbandnetzes, explizit die Waldviertel-Autobahn. Und er benennt damit zudem die einstigen Agenden von Norbert Hofer als Infrastrukturminister unter Türkis-Blau.
Wie wichtig den Freiheitlichen trotz aller Modernisierungsvorhaben der Begriff "Heimat" ist, das zeigt sich auch am Plakat vor dem Rabl, Haimbuchner und Hofer Platz genommen haben.
"FPÖ. Die soziale Heimatpartei. Österreich verpflichtet. Den Menschen im Wort." steht da geschrieben. (Die türkis-grüne Regierung präsentiert sich seit vergangener Woche übrigens mit dem Slogan "Aus Verantwortung für Österreich".)
"Klassische" Familie ade
Zwei andere Begriffe sollen künftig, das hat die Umfrage ergeben, mehr realpolitisches Gewicht erhalten: "Familie" und "Freiheit".
Da es die "klassische Familie mit Vater, Mutter, Kind" nicht mehr gebe, solle insbesondere Frauen mehr Freiheit im Berufsleben ermöglicht werden, so Rabl. Konkret will sich die FPÖ für "flexible Arbeitszeiten, mehr Home-Office-Möglichkeiten" einsetzen und Einkommenssteuersplitting diskutieren. Ein zweites, verpflichtendes Kindergartenjahr für Kinder mit geringen Deutschkenntnissen sei ebenso notwendig wie der Ausbau von Ganztagesschulen.
Gegen Kammerpflichtmitgliedschaft
Ausbauen will die FPÖ zudem den Begriff der "Freiheit" und damit einhergehend der "direkten Demokratie". Gemeint sind die blauen Steckenpferde wie die Abschaffung der ORF-Gebühren und die Kammerpflichtmitgliedschaft. Besonders wichtig sei den befragten Mitgliedern die Meinungsfreiheit.
Besonders unwichtig scheint Hofer, Haimbuchner und Rabl die Neubesetzung der Generalsekretäre. Mit keinem Wort erwähnen die drei FPÖ-Politiker, dass Harald Vilimsky und Christian Hafenecker tags zuvor von ihren Posten als Generalsekretäre zurückgetreten sind.
Und mit keiner Silbe wird der neue Generalsekretär Michael Schnedlitz erwähnt. Erst auf Journalisten-Nachfrage nimmt die FPÖ-Spitze zur Bestellung des 35-Jährigen Stellung. Er sei ein "ruhiger und besonnener Mensch".
Dass er 2016 Identitäre bei einer FPÖ-Veranstaltung eigens willkommen geheißen hat, das sei heute kein Thema mehr.
"Nicht von Rechts abgrenzen"
FPÖ-Chef Hofer verweist in diesem Zusammenhang auf einen Parteitagsbeschluss, wonach eine Mitgliedschaft bei den Identitären eine FPÖ-Mitgliedschaft ausschließe. Andreas Rabl, dessen Arbeitsgruppe die Parameter für eine Parteimitgliedschaft erarbeitet, betont: "Voraussetzung ist ein Bekenntnis zu Rechtsstaat und Gewaltfreiheit." Es gehe immer um die Abgrenzung von Radikalem. "Rechtsradikalem. Wir wollen uns aber nicht von rechts abgrenzen, wir sind eine Rechtspartei."
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