Wer kommt, wenn Blau regiert

Wer kommt, wenn Blau regiert
Geprägt durch einen zweifachen Verrat vertraut HC Strache heute nur einem ganz kleinen Kreis.

Geboren am 12. 6. 1969 in Wien, geschieden, zwei Kinder: Einer wie Tina Puchinger reicht das, um zu wissen, was auf Heinz-Christian Strache im Leben wartet. Die Numerologin hat den FPÖ-Boss zuletzt mehr beschäftigt, als ihm lieb sein konnte; sie ist Freundin, Beraterin – oder beides (der KURIER berichtete).

Abgesehen von einer selbst ernannten "Hellseherin" gibt es in Straches Universum freilich auch politisch ernst zu nehmende Berater. Es handelt sich um einen kleinen Kreis an Erwählten, denen der FPÖ-Chef vertraut, und die im Falle von weiteren Regierungsbeteiligungen nicht nur in der Partei, sondern auch im Land eine Rolle spielen würden.

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Militärdekan Mag. Siegfried Lochner
Zuvorderst ist da wohl Herbert Kickl zu nennen. Der Generalsekretär wird von politischen Gegnern abschätzig "Straches Hirn" (© Haider-Sprecher Stefan Petzner) genannt und gilt als ideologischer Mastermind hinter allen Kampagnen. Neben Strache war der gebürtige Kärntner einer der wenigen, die das am Freitag finalisierte rot-blaue Regierungsprogramm im Burgenland vorab sahen. Straches Vertrauen in Kickl ist mit einem Wort zu erklären: Loyalität. Triathlet Kickl hat seine Karriere zwar weiland bei Jörg Haider begonnen und gilt als Schöpfer vieler untergriffiger Attacken, mit denen der Landeshauptmann einst provozierte ("Ariel-Sager", etc.).

Als Haider 2005 mit dem BZÖ die Partei entzweite, blieb Kickl aber im Strache-Lager – ein Treue-Beweis, der ihm bis heute hoch angerechnet wird.

Gemeinsam mit dem eher unbekannten Bundesgeschäftsführer Hans Weixelbaum bildet Kickl das blaue Kampagnen-Duo, das das Land in Wahlkampfzeiten mit Slogans wie "Daham statt Islam" überzog.

Untadelig loyal, das gilt auch für Johann Gudenus. Straches Wiener Statthalter gilt als Russland-affin und international beschlagen – er ist so etwas wie der blaue Außenminister. Wie Vater John, der die Existenz der Gaskammern schlicht leugnete, provoziert Gudenus mit Vorsatz – zuletzt, als er in Moskau über die Macht einer vermeintlichen "Homo-Lobby" schwadronierte.

Um zu verstehen, warum Strache derart großen Wert auf Loyalität legt, muss man ins Jahr 2005 zurückgehen: Damals übernahm der erst 36-Jährige nicht nur eine waidwunde Rest-Partei ohne Perspektive und Personal. Er musste zudem erkennen, dass ihm aus den eigenen Reihen ans Zeug geflickt wurde. "Der damalige Chef der Partei-Akademie, Ewald Stadler, scharte alt-eingesessene Freiheitliche wie Horst Jakob Rosenkranz um sich, um unter den Funktionären belastendes Material gegen Strache zu sammeln. Heinz-Christian hat diesen Verrat lange nicht verwunden", erzählt ein Strache-Vertrauter.

Dieser zweite Vertrauensbruch, der in der Veröffentlichung der Wehrsport-Fotos gipfelte, habe Strache zu einem übervorsichtigen Frontmann gemacht, der in seinen engsten Kreis niemanden mehr aufnimmt.

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Interview mit Lothar Höbelt, österreichischer Historiker und Professor für Neuere Geschichte an der Universität Wien am 08.04.2013.
Wider die landläufige Meinung gehören deutschnationale Einflüsterer nicht unbedingt zum Beraterstab. "Die Burschenschaften werden überbewertet", sagtManfred Haimbuchner, selbst Waffenstudent und oberösterreichischer FPÖ-Boss. Wahr ist: Bis aufHarald Stefan, einen Notar und Alten Herren der rechtsextremen Olympia, ist kein Burschenschafter am Ohr des Parteichefs. Das liegt – auch – an der Revolte von einst: Manch Deutschnationaler sympathisierte mit Stadler, einem Bruder im Geiste, und verwehrte dem nicht satisfaktionsfähigen Strache und Nicht-Akademiker die bedingungslose Gefolgschaft.

Für EU-Parlamentarier Harald Vilimsky gilt das nicht, er ist Strache freundschaftlich verbunden. "Beide sind Schüler des verstorbenen Wiener Parteichefs Pawkovicz; der löste Probleme vornehmlich unter vier Augen", sagt Historiker und FPÖ-Kenner Lothar Höbelt. Vilimsky gilt als "Mann fürs Grobe" und im Falle einer Regierungsbeteiligung als Kandidat für die Klubobmannschaft. Keine Rolle spielt in der Strache-FPÖ die traditionell anti-klerikale Ausrichtung und das liegt ein wenig an Siegfried Lochner. 2009 firmte der Militärdekan den Parteichef. "Natürlich war es etwas Besonderes, wenn ein prominenter Politiker das Sakrament empfängt", sagt Lochner. Kalkül habe dahinter aber keines gesteckt, im Gegenteil. "Der Termin wurde eigens nach die EU-Wahl gelegt."

Der Internationale

Johann Gudenus (38), Wiener F-Klubobmann
Straches strammer Wiener Statthalter spricht Russisch und versucht eine Flanke abzudecken, die bei der FPÖ schwach besetzt ist: das Internationale. Von Freunden „Joschi“ genannt, übertritt er bisweilen die Geschmacksgrenze – etwa, wenn er im Ausland über die angebliche Macht der „Homosexuellen-Lobby“ schwadroniert.

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Interview mit dem Klubobmann der Wiener Freiheitlichen Johann Gudenus am 04.09.2013.


Der Jurist

Harald Stefan (49), stv. Bundesparteiobmannn
Der öffentliche Notar und dreifache Familienvater ist seit 1990 Mitglied der Freiheitlichen und sitzt seit 2008 für diese im Parlament. Ebendort begehren 2011 Pilz und Petzner u.a. wegen seines Zwischenrufs „Alle in den Gulag!“ seinen Rücktritt. Der gebürtige Wiener ist einer der wenigen pflichtschlagenden Burschenschafter, denen Strache vertraut. Er gilt als ministrabel und ist, wie der ehemaligen Dritte Nationalratspräsident Martin Graf, Alter Herr der als rechtsextrem geltenden Burschenschaft Olympia.

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APA4671390-2 - 20072011 - WIEN - ÖSTERREICH: Nationalratsabgeordneter Harald Stefan (FPÖ) am Mittwoch, 06. Juli 2011, im Rahmen eines Fototermins mit der Austria Presse Agentur (APA) im Parlament in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER


Der Haudegen

Harald Vilimsky (48), EU-Mandatar, Generalsekretär
Er zog anstelle von Andreas Mölzer in das EU-Parlament ein und ist
HC Strache seit den 1990er-Jahren freundschaftlich verbunden. Beide gelten als Schüler des verstorbenen Wiener FP-Landesparteiobmanns Rainer Pawkovicz. Der gelernte PR-Berater und passionierte Motorrad-Fahrer wird als „Mann fürs Grobe“ oder „Straches General“
bezeichnet.

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Der Torpedist

Herbert Kickl (46), Generalsekretär
Der gebürtige Kärntner gehörte zu Jörg Haiders Vertrauten, blieb bei der Abspaltung des BZÖ aber der FPÖ treu. Kickl polarisiert und steht dazu. Er ist kein Volkstribun, und fühlt sich in der zweiten Reihe wohl. Über sich selbst sagt er: „Wenn die FPÖ ein Schiff ist, bin ich lieber im Maschinenraum als beim Captains-Dinner.“ – Der Torpedoraum sei ja auch im Schiffsbauch.

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Herbert Kickl


Der Handwerker

Hans Weixelbaum (52), Bundesgeschäftsführer
Was Gernot Rumpold für Haider in Sachen Werbung tat, tut Weixelbaum für Straches FPÖ. Der in der Öffentlichkeit gänzlich unbekannte FP-Geschäftsführer machte 2013 auf sich aufmerksam: Bei einem Wahl-TV-Duell (Faymann/Strache) zeigt er eine Handbewegung, die seitens Parteien aller anderen Couleurs als Kühnengruß interpretiert wurde; für ihn war es das Victory-Zeichen.

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APAHEF16 - 30092008 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT II - FPOE-Vize-Bundesparteiobmann Norbert Hofer, FPOE-Chef Heinz-Christian Strache und FPOE-Bundesgeschaeftsfuehrer Hans Weixelbaum anl. einer Sitzung des FPOE-Parteivorstands am Dienstag, 30. September 2008, im Parlament in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER

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