Strache erstmals über 20%

Strache erstmals über 20%
Freiheitliche legen deutlich zu und denken an eine Koalition rechts der Mitte.

Sie schrien „Haze, Haze“, sie schwenkten ihre Schals („Sei dabei – aus Liebe zur Heimat“) und draußen, im Foyer, wurde seit dem frühen Nachmittag eifrig Bier gezapft: In der Parteizentrale der FPÖ ging es gestern hoch her. 21,9 Prozent verhießen die ersten Hochrechnungen im Bundesgebiet; in der Steiermark errang man laut Arge Wahlen sogar den ersten Platz –was, wenn nicht jubeln war angesagt?

„Wir sind der klare Wahlsieger“, kommentierte FP-Generalsekretär Harald Vilimsky das kolportierte Resultat und sparte nicht mit Häme in Richtung Volkspartei. „Das ist eine klare Absage an die EU-Hörigkeit der ÖVP.“ Die Große Koalition sei für „Stillstand, Zwist und Hader“ bestraft worden.

Rund 22 Prozent, das ist selbst im Vergleich mit Jörg Haiders blauen Spitzenergebnissen rein rechnerisch beachtlich. Denn vor dem gestrigen Wahltag hat die FPÖ die 20er-Grenze nur drei Mal überschritten: 1994 bzw. 1995 schaffte Haider als Zugpferd 22,5 und 22 Prozent; ’99 gab es dann das Fabel-Ergebnis von 26,9 Prozent – und die schwarz-blaue Regierungsbeteiligung.

Womit wir beim Thema Regierung wären. Denn angesichts des starken Zuwachses ventilierten honorige Funktionäre wie Volksanwalt Peter Fichtenbauer schon gestern einen Wunsch: „Eine Koalition rechts der Mitte sollte zumindest in Erwägung gezogen werden.“

Generalsekretär Herbert Kickl bremste vorsorglich die Ambitionen: „Der Ball liegt nun bei der SPÖ, sie muss zu Regierungsverhandlungen einladen.“ Kritischer Nachsatz: „Es ist hoch an der Zeit, die Ausgrenzungspolitik gegenüber der FPÖ jetzt zu beenden.“

Liebe im Wahlkampf

Für die Partei, Strache und Wahlkampfleiter Kickl ist das gestrige Ergebnis gleichermaßen Genugtuung und Bestätigung für eine intern nicht unumstrittene Kampagne: Erwartungsgemäß hat die FPÖ zwar auch in diesem Wahlkampf provoziert – allerdings auf ungewöhnliche Art und Weise. Denn anstatt das Kern-Thema Zuwanderung mit bekannten Reimen zu polarisieren („Pummerin statt Muezzin“) setzten die Freiheitlichen auf die – Liebe. „Liebe deine Nächsten“, affichierte Strache – freilich mit dem Zusatz „Für mich sind das unsere Österreicher“.

Ein biblisch besetzter Begriff, verkehrt ins Gegenteil? Das war selbst der katholischen Kirche zu perfid, Würdenträger wie Kardinal Schönborn kritisierten die FPÖ überraschend offen, die „Gruppenegoismus als Nächstenliebe“ verkaufe.

Die Wähler hat das gestern offenkundig nur begrenzt irritiert.

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In Kärnten galt das Interesse in erster Linie den Freiheitlichen: Werden sie sich vom historischen Debakel bei der Landtagswahl wieder erholen oder noch tiefer fallen (wie es parteiinterne Kritiker prophezeiten)? Vorweg: Nach den ersten Hochrechnungen stand fest, der freie Fall ist vorerst gestoppt.

„Wir sind nahe den 20 Prozent“, sagte FPÖ-Chef Christian Ragger zum KURIER. „In Klagenfurt sind wir sogar wieder die Nummer zwei. Am 3. März war es hinter Rot, Grün, Schwarz und Team Stronach nur der fünfte Platz gewesen. Ragger wusste auch, auf wen die Trendwende zurückzuführen ist: „Mein Dank gilt HC Strache, ohne den wir in Kärnten dieses Ergebnis sicherlich nie eingefahren hätten.“

Traditionell stark waren die Freiheitlichen im Bezirk Feldkirchen, wo sie in einzelnen Gemeinden sogar die 30-Prozent-Grenze „kratzten“, in St. Urban (29 Prozent) oder Albeck (28,1) sogar stimmenstärkste Partei waren.

Für Ragger ist das Wahlergebnis aber erst ein „erster Schritt. Unser Ziel ist es, 2018 SPÖ und Grüne ins Gemüsebeet zu schicken.“ Ihm schwebt eine bürgerliche Zusammenarbeit mit ÖVP und BZÖ vor, die „große wirtschaftliche Kompetenz“ hätte. Spitzenkandidat Gernot Darmann sprach von einem „Freudentag“.

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