FPÖ startet letzten Versuch, Ehe für alle zu verhindern
„Wir akzeptieren das Urteil des Verfassungsgerichtshofes“, beteuert FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz. Aber so ganz können die Blauen mit der Entscheidung der obersten Verfassungshüter offenbar doch nicht leben. Nach der zweitägigen Klubklausur in der St. Martins-Therme im Burgenland kündigt die FPÖ an, doch noch einen Vorstoß zu machen, um die Ehe zwischen Mann und Frau, wie es Rosenkranz nennt, „zu privilegieren.“
Zur Erinnerung: Der Verfassungsgerichtshof hatte am 4. Dezember 2017 entschieden, dass es gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, nur heterosexuellen Paaren die Ehe und im Gegensatz nur gleichgeschlechtlichen Paaren die eingetragene Partnerschaft zu erlauben. Erst am Montag hatte Sebastian Kurz im ORF-Sommergespräch erklärt, dass er die Entscheidung des Höchstgerichts respektieren wolle. Spätestens am 1. Jänner 2019 soll nun die „Ehe für alle“ in Österreich Realität werden. Im Umkehrschluss wird mit dieser Entscheidung aber auch die eingetragenen Partnerschaft für alle Paare möglich.
Ehe privilegieren
Bis Anfang 2019 will die FPÖ einen verfassungskonformen neuen Vorschlag ausarbeiten. Die sachliche Grundlage für die „Privilegierung der Ehe zwischen Mann und Frau“ liest sich aus Sicht der FPÖ so: „So viel ich weiß, können nur Mann und Frau auf biologischem Weg Kinder zeugen“, argumentiert Rosenkranz. Der Hintergedanke: Durch diesen Schachzug wollen die Blauen die Ehe für Homosexuelle in einer „Last-minute-Aktion“ doch noch kippen. Im Idealfall soll Koalitionspartner ÖVP überzeugt werden, um eine derartige Regelung noch vor dem 1. Jänner 2019 in Kraft zu setzen.
Sobald die verfassungskonforme Lösung auf dem Tisch liegt, wollen die Blauen mit dem Koalitionspartner ÖVP in Verhandlungen treten. Allerdings räumt Rosenkranz ein, „es ist keine Glaubensfrage für uns, sondern unser Ansatz“. Soll heißen: Die FPÖ will einen Versuch starten, aber zum Konfliktthema könne die „Ehe für alle“ für die türkis-blaue Koalition nicht werden. Das gute Arbeitsklima, das auf der Klubklausur ausdrücklich gelobt wurde, will man nicht aufs Spiel setzen.
Die Opposition ist erwartungsgemäß nicht erfreut über den blauen Vorschlag. SPÖ-Mandatar Mario Lindner bezeichnete das „schwarz-blaue Gerangel“ als Farce und forderte ein Ende des „Theaters“. „Verständnislos“ reagierte Neos-Abgeordneter Niki Scherak auf die Ankündigung der FPÖ.
„Wenig Spielraum“
„Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs war klar: Die Unterscheidung zwischen Ehe und Eingetragener Partnerschaft verletzt das Diskriminierungsverbot“, so Scherak. Wenn die FPÖ jetzt versuche, gegen die Entscheidung des Höchstgerichts Gesetze zu beschließen, „wäre das eine Verhöhnung des Rechtsstaates“. Nicht kommentieren wollte der türkise Parlamentsklub den neuen Vorstoß des blauen Koalitionspartners,
Mehr als skeptisch geben sich die Verfassungsexperten, ob das Ansinnen der FPÖ eine Chance auf Realisierung hat. „Die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist klar. Ich wüsste nicht, wie man das Rad zurückdrehen könnte“, so der Doyen für Verfassungsrecht, Bernd-Christian Funk. Um das Vorhaben genau zu beurteilen, sind für Funk noch zu wenige sachliche Fakten von der FPÖ auf den Tisch gelegt worden.
Zum gleichen Schluss kommt auch Theo Öhlinger. „Der Spielraum ist sehr klein in dieser Frage.“ Denn, so der Verfassungsexperte, die Richter habe die Ehe für alle geöffnet, weil sie „von einer allgemeinen Diskriminierung ausgingen.“ Daher stellt sich für Öhlinger die Frage: „Wie kann man eine Diskriminierung vermeiden, wenn durch die Privilegierung gleich wieder eine Diskriminierung ausgesprochen wird?“
Ida Metzger
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