ÖVP zum Streit um Ministerposten: "Ball liegt bei Kickl"

ÖVP zum Streit um Ministerposten: "Ball liegt bei Kickl"
Der FPÖ-Chef beharrt weiter für das Innen- und Finanzministerium. Die ÖVP kann das nicht akzeptieren. Beide Parteichefs beim Bundespräsidenten.

Nach der Zuspitzung der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP am Dienstagabend (4.2.) blieben auch am Mittwoch die Fronten rund um die Besetzung der Ministerien der möglichen künftigen Regierung verhärtet. 

Wie berichtet, hatte die ÖVP die Gespräche unterbrochen und binnen nur einer Stunde einen Online-Parteivorstand einberufen, nachdem die FPÖ Personalforderungen auf den Verhandlungstisch gelegt hatte, die für die Türkisen nur schwer zu verdauen sind.  Demnach wollen die Blauen das Finanzministerium und das Innenministerium. Weiters soll die FPÖ die Agenden für Medien, Verfassung und EU für sich beanspruchen. 

Rote Linien der ÖVP

Die ÖVP sieht vor allem mit einem von den blauen geführten Innenministerium drei Grundvoraussetzungen für die Koalition mit der FPÖ gefährdet: Die Souveränität Österreichs gegen Einflussnahe aus dem Ausland (hier geht es vor allem um die der FPÖ zugeschriebenen Russland-Kontakte), eine konstruktive Rolle Österreichs in der EU sowie die liberale Demokratie und der Rechtsstaat. "Wir wollen eine Koalition mit der FPÖ, aber nicht um jeden Preis", heißt es aus ÖVP-Kreisen.

Ein Abbruch der Verhandlungen wird von der ÖVP am Mittwoch abermals dementiert: "Die Volkspartei führt weiterhin Koalitionsverhandlungen auf Augenhöhe mit dem Ziel, rasch eine handlungsfähige Regierung für Österreich zu haben", betont Generalsekretär Alexander Pröll auf X.  

Kickl gibt nicht nach

In einem Facebook-Posting beharrt Kickl auf die blauen Postenforderungen. Den Anspruch der FPÖ auf das Finanzministerium begründet er so:  "Die letzten Finanzminister waren es ja, die dieses Budget mit Milliardenschulden zu verantworten haben. Da kann es kein ,Weiter wie bisher' geben. Dort muss wieder mit Hausverstand gespart werden, dort gilt „zuerst sanieren, dann investieren" als Grundsatz der Politik. Dann wird es eine gute Zukunft geben."

Und zum Thema Innenministerium: "Die FPÖ und ich, wir wollen einen Kurswechsel in der Sicherheitspolitik und beim Asylkurs. Damit endlich die Richtigen, also unsere eigene Bevölkerung, die ,Familie Österreich', geschützt werden und nicht die illegalen Eindringlinge. Und an diesen Ergebnissen wollen wir uns auch messen lassen."

Er, Kickl, wisse, dass auch der ÖVP die Themen Sicherheit und Migration wichtig seien: "Deshalb hat sie ja den EU-Kommissar für diese Angelegenheiten für sich verhandelt. Es ist ihr Mann, der jetzt in Brüssel die europäischen Regeln festlegt und umsetzt." Und weiter: "Klar ist aber auch, dass ganz viele Fehler in diesem Bereich seit 2015 in Österreich, Deutschland und Europa von Vertretern der konservativen Parteien, zu denen auch die ÖVP gehört, verursacht wurden. Denkt nur an Namen wie Merkel, Juncker oder von der Leyen."

ÖVP über Kickl "überrascht"

Gut zwei Stunden später antwortete die ÖVP auf das Kickl-Posting mit einem knappen schriftlichen Statement: Wir haben uns vor einigen Wochen dazu entschieden, ehrlich und konstruktiv mit der FPÖ über die Bildung einer Regierung zu verhandeln. Vieles konnte gelöst werden, wichtige Punkte sind noch offen. Das heutige Facebook-Posting von Herbert Kickl hat uns daher überrascht. Wenn man einen Partner für eine gemeinsame Regierung finden will, sollte man auf diesen zugehen und ein Angebot auf Augenhöhe unterbreiten. Herbert Kickl hat den Auftrag angenommen, eine Regierung zu bilden. Daher liegt der Ball bei ihm.“

Parteichefs bei Van der Bellen

Klarheit, ob die Verhandlungen weiter geführt oder abgebrochen werden, sollte es spätestens am Donnerstag geben. An diesem Tag ist laut APA-Informationen ein Treffen von FPÖ-Chef Kickl mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen anberaumt.  

Kickl soll dem Präsidenten Bericht erstatten. Es handle sich aber um einen bereits seit Längerem vereinbarten Termin, betont man seitens der FPÖ.  Dennoch dürfte der Druck groß sein, über Erfolge zu berichten. Möglich ist aber auch, dass der FPÖ-Chef dem Staatsoberhaupt vom Scheitern der Gespräche berichtet, was zu einer Neuwahl führen könnte.

Bereits am Mittwoch soll ÖVP-Chef Stocker dem Bundespräsidenten einen Besuch abstatten. Seitens der Präsidentschaftskanzlei wollte man sich zu keinem der Termine näher äußern. Auch bei der ÖVP gibt man sich zugeknöpft.

Wie die Parteichefs Christian Stocker und Herbert Kickl und ihr enges Umfeld die strittigen Personalfragen klären wollen, war Mittwochvormittag noch offen. "Wir warten noch darauf, dass sich die ÖVP bei uns meldet, nachdem ihre Vertreter am Dienstag vom Verhandlungstisch aufgestanden sind“, heißt es bei der FPÖ.

Bei der ÖVP wiederum kann man zu einem allfälligen Treffen der Parteichefs nichts Näheres sagen. Es sei noch unklar, wann dieses stattfinden werde.

Fix ist bis dato nur, dass am Mittwoch die geplanten noch ausständigen Verhandlungen in der Untergruppe „Soziales und Gesundheit“ über die Bühne gehen. 

Noch viele Knackpunkte

Die Postenvergabe ist nicht der einzige offene Punkt in den Verhandlungen. Vielmehr sind nach Informationen der APA wesentliche Punkte in den Untergruppen auf „rot“ gestellt, vor allem in jener zu Außenpolitik oder Medien, aber beispielsweise auch teilweise im Bereich Finanzen und Steuern. Um diese ungelösten Fragen sollen sich die Chefverhandler kümmern, dort dürfte man bisher aber nicht wirklich weitergekommen sein.

Noch immer keine Bewegung von beiden Seiten soll es bei der von den Freiheitlichen geforderten Bankenabgabe geben. Auch gegen einen finanziellen Beitrag der Kammern zur Budgetsanierung dürfte sich der türkise Wirtschaftsflügel quer stellen. Dazu kommen weitere Streitpunkte wie die von der FPÖ gewünschte Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe, das Raketenabwehrsystem Sky Shield und eine gemeinsame Linie bei der Europapolitik.

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