Parteitag: Kickl baut auf "Glaube, Liebe, Hoffnung", FPÖ sei "Partei des Friedens"

Während draußen knapp 100 Menschen gegen die FPÖ demonstrieren, am Messegebäude selbst zwei Aktivisten am Dach hängen mit Palästina-Fahne, tönt in der Halle fast ohrenbetördend "Let's get loud", sieht man auf der Bühne selbst von den hintersten Reihe Cheerleader-ähnlich anmutende Tänzerin. Auf der Leinwand das Motto des Parteitags "Freiheit, Fortschritt, Fairness, Frieden", der später erweitert wird um "Freiheit verteidigen, Fortschritt ermöglichen, Fairness leben, Frieden bewahren." Der aus dem Nationalratswahlkampf bekannte "5 gute Jahre" ist nun in abgewandelte Form "Gute Jahre. Nur mit ihm." zu lesen.
Die Landesparteiobleute werden einzeln willkommen geheißen und auf die Bühne gebeten. Als Salzburgs Landeshauptfrau-Stellvertreter die Bühne betritt gibt es kurz Standing Ovations. Als Herbert Kickl anmoderiert wird, wird die Musik lauter. Jeden einzelnen Funktionär auf der Bühne begrüßt der Parteichef eigens mit Handschlag oder High Five.

- Eröffnung durch Bundesparteiobmann Kickl
- Begrüßung durch Landesparteiobfrau Svazek
- Totengedenken
- Genehmigung der Tagesordnung und Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Bundesparteitages
- Einsetzen einer Mandatsprüfungs- und Stimmzählungskommission und zweier Protokollbeglaubiger
- Bericht Bundesparteiobmann Kickl
- Weitere Berichte und Aussprache über die Berichte
- Wahl der/des Bundesparteiobfrau/-mannes
- Weitere Wahlen
- Rede der/des neugewählten Bundesparteiobfrau/-mannes
- Leitantrag/Änderung der Bundessatzungen/ Anträge
- Schlussworte/Bundeshymne
Svazek beginnt launig, sagt, dass der letzte Bundesparteitag in Salzburg stattfand als sie 12 Jahre alt war. 2005.
Den Aktivisten am Dach, hält Svazek fest, hätte man besser Putzmittel mitgegeben. Dann sei es von Nutzen gewesen. Insbesondere bedankt sich Salzburgs FPÖ-Chefin deshalb bei der Exekutive ehe sie Ehrengäste wie Hilmar Kabas und Herbert Haupt begrüßt.

Nicht live aber via Grußbotschaft anwesend Ungarns Ministerpräsident Victor Orban, der sich für den Kampf gegen die illegale Migration bedankt. Hernach lobt Marine Le Pen (Rassemblement National) die "mutige politische Persönlichkeit" von Kickl. Italiens Verkehrsminister der Lega, Matteo Salvini, hofft, dass Österreich bald wieder von Österreich regiert wird, wie er ebenfalls via Video wissen lässt. Alice Weidel, Parteichefin der AfD, betont das "Band beider Parteien", das beide verbinde. Man stehe Seite an Seite "im Europa der Vaterländer. Die Freundschaft zur FPÖ ist für uns eine ganz besondere. In den 10 Jahren habt ihr immer zu uns gehalten. Die FPÖ war immer unser stärkster Partei." Weidel bedankt sich explizit bei Kickl. "Er habe Mut bewiesen" als er die Regierungsverhandlungen abgebrochen. Es zeuge von Respekt, sich so verhalten zu haben. Weidel beobachte die Umfragen ganz genau. "Der Sieg ist euch nicht zu nehmen", so Weidel, die sich freut, Kickl auf dem Weg zur richtigen Volkspartei begleiten zu dürfen.

Marlene Svazek betont hernach erneut, dass man als Partei erwachsen geworden sei. Die FPÖ sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen, der Lehrling werde angesprochen wie der Landwirt. "Wir sitzen alle in einem Boot, wir sitzen alle an einem Tisch. Wir greifen die Fragen der Zeit auf."
Kickl habe diesen Kurs möglich gemacht. "Er beweist den Mut, den Kurs zu halten wo andere längst wanken. Er ist der Architekt unseres Erfolges und der Kompass."
Nichts und niemand könne die Freiheitlichen aufhalten, so die Salzburger Parteichefin, die ein Schlagwort an das andere reiht. Von Stolz, Mut, Geschlossenheit ist die Rede und viel von "dürfen". Das Totengedenken wird mit Andreas Gabaliers "Amoi seg ma uns wieder" abgehalten.

Nach Ex-Volksanwältin Elisabeth Schwetz und ihrem Nachfolger Christoph Luisser, bedankt sich Walter Rosenkranz für das Vertrauen bei der Partei, insbesondere bei Herbert Kickl, dass er Nationalratspräsident sein darf. Auch er, Rosenkranz, war Volksanwalt - man sehe, was man aus dieser Position heraus schaffen könne.

Kickl sei der "Führer der Seilschaft" der Partei. So komme man in lichte Höhen und auf erste Plätze. "Und die Steiermark hat sich nahtlos angeschmiegt." Wie Rosenkranz tritt auch der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek in Tracht auf. Mit harter Arbeit habe man sich zurückgekämpft, so Kunasek. Er spielt wie seine Vorredner mit Worten. Er betreibe natürlich Symbolpolitik, weil es um freiheitliche Symbole gehe. Dazu gehöre auch, das Gendern der Behörensprache abzuschaffen wie den Lufthunderter. "Man kann sich keinen besseren Parteiobmann wünschen", so Kunasek.
Wieder via Video zeichnet die FPÖ den 850 anwesenden Delegierten das Selbstbild der Partei. Politische Gegner in schwarz-weiß, freiheitliche Funkionäre in Farbe. Der Beitrag gleicht einem "Best of" der vergangenen Parteitagsreden, untermalt mit martialisch anmutender Musik. Es geht wieder um "Führung und Mut", um "treu" sein und bei den geplatzen Regierungsverhandlungen "um Machtverzicht, weil er Wort gehalten hat". Nach Ende des Videos und einer knappen Stunden: anhaltende stehende Ovationen Kickl.
"Ozean positiver Energie"
Am Rednerpult bedankt er sich willkommen geheißen worden zu sein. Es gleiche einem "Ozean positiver Energie" während draußen "linke Abseiler" unterwegs seien. Kurz nimmt Kickl Bezug darauf, dass der Parteitag in Kitzbühel hätte stattfinden sollen im Juni, doch wegen des Schulattentats in Graz abgesagt wurde.
In Salzburg sei man unter der "Patronanz der charmanten Hausherrin" Marlene Svazek und im Schatten der Festung Hohensalzburg. Kaum ist der Dank ausgesprochen - beginnt Kickl mit der ihm eigenen Rhetorik. Spricht von den Ex-Kanzlern Alexander Schallenberg, Karl Nehammer und Christian Stocker als "Triumvirat", das nicht demokratisch legitimiert sei.
Ohne Karoline Edtstadler, Salzburgs ÖVP-Landeshauptfrau, die das Amt im Sommer angetreten hat und in der ÖVP-FPÖ-Koalition mit Kickl gearbeitet hat, umschreibt er als "Vöglein", das bald wieder weg sei, weil sie Höheres anstrebe.
Dann, setzt Kickl fort, mögen die "Linken im Livestream" keine Schnappatmung bekommen, wenn er über Amerika sprechen will. Er wolle aber nicht über Donald Trump sprechen, sondern über Thomas Jefferson und ein ihm vermeintlich zugeschriebenes Zitat über zwei Arten von Menschen.
"Die FPÖ ist größer, stärker, entschlossener als je zuvor", ist sich Kickl sicher. Das "Ampelchaos" werde alsbald aufhören. Dann zitiert der FPÖ-Chef den Kommandeur Hannibal Gisco und zieht Vergleiche mit der FPÖ, die überall auch in Brüssel in Form einer Garnisson vertreten sei. Die Generalsekretäre Michael Schnedlitz und Christian Hafenecker setzt er mit einem Film gleich "Vier Fäuste für ein freiheitliches Halleluja". Die Bundes- und Nationalräte seien das "pulsierende Herz", die Parteiakademie der "Think Tank". Rosenkranz sei ein "Fels in der Brandung der Systemparteien".
Dann kommt Kickl auf sich selbst zu sprechen. Er begreife sich als gläubigen Christen, zitiert den "Brief des Paulus an die Korinther" und das Credo "Glaube, Liebe, Hoffnung", das Teil seinesPolitikverständnisses sei.

Im Stakkato handelt Herbert Kickl dann alle Wählergruppen und Themen ab. Spricht von den Pensionisten, die durch die Pensionserhöhungen nicht gerecht behandelt worden seien. Niemals werde jemand in Österreich an der Waffe dienen müssen, ruft Kickl und meint sein Neutralitätsverständnis. "Wir sind die Partei des Friedens und der Neutralität". Zudem begreife er die FPÖ als das größte Demokratisierungsprojekt des Landes".
Die FPÖ sei nicht die "dritte Kraft. Dritte Kraft? Weg damit". Das sei die Position der politischen Gegner. Ibiza sei vergangen, das Corona-Regime sei der Beginn des gemeinsamen Erfolges gewesen.
Schließlich beschwört Kickl die Anwesenden, stolz auf sich und die Partei zu sein. Man habe seine Werte bei den Regierungsverhandlungen nicht verkauft, sei deshalb ausgestiegen. "Die freiheitliche Seele darf nicht verkauft werden." Und der FPÖ-Chef zeichnet weiter ein Schwarz-Weiß-Bild. Diesmal nicht in Bildern, sondern in Worten. Es geht um die "Systemparteien", um die "Systemlinge" und darum, "dieses System zu zerbrechen. Wir gehen auf Tuchfühlung mit der Bevölkerung und dort einzutauchen, zuzuhören - das heißt das Volk verstehen."
"Kommando: Volle Kraft voraus"
Politik sei nicht allein im Parlament oder bei der UNO, das sei nur eine Komponente, sondern draußen. Kickl freut sich heute schon "auf die Aufarbeitung beim Corona-U-Ausschuss. Und ich verspreche euch: Alles kommt ans Licht. Wir machen unsere Verbindung zur Bevölkerung enger. Das Kommando lautet: Volle Kraft voraus. Wir rollen die Machtverhältnisse neu auf."
Wenn alles nach Plan gehe, adressiert der FPÖ-Chef Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvetreter Manfred Haimbuchner, werde Oberösterreich bei der Landtagswahl 2027 blau werden.

Mario Kunasek sei der Beweis dafür, dass der erste Platz möglich sei. Damit sei Kunasek in die historischen Fußstapfen von Jörg Haider (Kärntner Landeshauptmann 1989-1991/1999-2008) getreten. Das sei auch bei anderen Landeschefs möglich - auch im Burgenland, wo man Doskozil auf das "sozialistische Bassena-Niveau" bringen könne.
Auf Bundesebene plädiert Kickl dafür, eine Energiepreisbremse wiedereinzuführen, damit "niemand im Winter frieren muss". Zudem müsste in die Preise eingegriffen werden - in Form eines Mietpreisdeckels und einer Wohnbauoffensive.
"Außenpolitische Geisterfahrt"
Zudem gelte es die "außenpolitische Geisterfahrt" der Dreierkoalition zu stoppen. "Wenn etwas denkt wie die NATO, wenn etwas handelt wie die NATO, dann ist es der Sache nach NATO. Und das ist das Gegenteil von Neutralität."
Österreich werde "deindustrialisiert. Wir sind weg vom Fenster vom Industriestandort. Made in Austria ist kein Gütesiegel mehr, sondern ein Kostensiegel."
Salzburg statt Tirol, September statt Juni. Die Parteitagsverschiebung (geplant war ursprünglich den 35. Bundespartei in Kitzbühel stattfinden zu lassen, um an den historischen Wechsel an der Spitze von Norbert Steger auf Jörg Haider zu erinnern, dieser wurde jedoch ob des Schulattentats in Graz abgesagt) tut der Stimmung in Salzburg keinen Abbruch.
Bei seinem ersten Parteitag in Wiener Neustadt (19. Juni 2021) stimmen 88,24 Prozent der Funktionäre für ihn, ein Jahr später sind es in St. Pölten 91 Prozent - und drei Jahre und einen Wahlerfolg und eine Bundesregierungsniederlage später soll die Zustimmung noch höher ausfallen, so der Tenor der anwesenden Funktionäre.
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