Flüchtlinge - Initiative für "geordnete Rettung", Kritik an Regierung

Initiative Courage präsentiert Plan für "geordnete Rettung"
Initiative "Courage" legt Sechs-Punkte-Plan vor und kritisiert "Scheinbemühen" der Regierung: "Hilfe vor Ort funktioniert nicht".

Die Situation für Geflüchtete auf der griechischen Insel Lesbos ist nach Worten von Vertreten der heimischen Zivilgesellschaft "unerträglich". "Lassen Sie uns endlich Menschenleben retten", lautete deshalb der Appell der Initiative "Courage - Mut zur Menschlichkeit" am Freitag in einer Online-Pressekonferenz. Was die Bundesregierung auf Lesbos abliefere, sei "höchstens ein Scheinbemühen", kritisierte Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich.

"Ziemlich einbetoniert"

Zwar habe sich die Regierung im letzten halben Jahr in der Frage der Flüchtlingsaufnahme in Österreich in ihrem "Nein" "ziemlich einbetoniert", in der Zivilgesellschaft entstehe aber eine "völlig andere Bewegung, eine die immer lauter wird", betonte die Schauspielerin und Mit-Begründerin der Initiative, Katharina Stemberger. "Wir werden immer mehr, es gibt nur eine Sache: Lassen sie uns endlich Menschen retten und zwar jetzt", appellierte sie in Richtung ÖVP. Diese lehnt die Aufnahme von Schutzbedürftigen, anders als der kleinere Koalitionspartner, weiterhin ab.

Es gebe nicht nur etliche Zusagen aus Gemeinden und Pfarren zur Aufnahme bzw. Unterbringung von Familien aus Lesbos, berichteten Maria Hasibeder von der Katholischen Aktion Oberösterreich und Franz Wolfmayr von der Solidarregion Weiz. Die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger legte für die Initiative "Courage" ein fertiges Konzept für eine "geordnete Rettung" vor. Der sechs Schritte umfassende Plan geht von der Vorbereitung und Auswahl der Aufzunehmenden bis hin zur Unterbringung und Integrationsbegleitung via Buddy-System in Österreich und berücksichtigt auch entsprechende Covid-Maßnahmen.

Menschenunwürdige Zustände

Eine "geordnete, strukturierte" Aufnahme von Menschen mit bereits positivem Asylbescheid sei "gut möglich und würde auf allen Seiten für mehr Sicherheit sorgen", so Kohlenberger. Wegzuschauen verschlimmere nur das Problem. Der Politik warfen alle Teilnehmer vor, die menschenunwürdigen Zustände für Geflüchtete in Griechenland "bewusst" herbeizuführen und in Kauf zu nehmen.

Auch die von der österreichischen Regierung viel genannte Hilfe vor Ort funktioniere nicht. Die nach dem Brand des Flüchtlingscamps Moria von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) medienwirksam nach Griechenland gebrachten Hilfsgüter seien in großen Teilen nicht angekommen, erzählte Moser. Von 400 Zelten seien gerade einmal 25 in Kara Tepe 2, dem eilig errichteten Ausweichlager, aufgestellt worden. Mitgelieferte Heizstrahler könnten aufgrund des fehlenden Stroms in dem viel kritisierten Camp nicht verwendet werden.

Wolfmayr schilderte den Fall eines afghanischen Burschen, der dringend eine OP benötigen würde. Die OP würde ein österreichischer Arzt unentgeltlich durchführen, die Finanzierung für die Reise nach Österreich sei durch die Solidarregion Weiz sichergestellt - doch: "Es ist das erste Mal, seit wir denken können, dass uns helfen verboten wird", so Wolfmayr. Auch nach Gesprächen mit dem Außenministerium und der Botschaft in Athen, in denen die medizinische Betreuung des Burschen in Griechenland zugesagt wurde, sei nichts passiert. "Wir sehen das nicht mehr als Politik, sondern als bewusste Grausamkeit."

"Vom Wegschauen zum Hinschauen kommen"

"Wir müssen endlich vom Wegschauen zum Hinschauen kommen", forderte Stemberger. Hilfe vor Ort funktioniere nicht, aber "Hilfe im Ort würde sehr gut funktionieren", betonte sie. Die Humanität gebiete es, "endlich eine solidarische und menschenrechtskonforme Lösung zu finden. Bis es soweit ist, müssen Menschen in Kara Tepe dringend und sofort evakuiert werden", appellierte Diakonie-Direktorin Moser.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprang der Initiative "Courage" via Aussendung zur Seite und forderte ebenfalls die Aufnahme Geflüchteter aus Lesbos. Dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Hilfe "nicht zulässt und Kinder in Elendslagern sitzen lässt, ist schändlich und unmenschlich", so Deutsch.

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