Fischer vs. Kanzler: Streit über Abdullah-Zentrum

Kanzler Werner Faymann, Bundespräsident Heinz Fischer: Staatsoberhaupt maßregelt Regierungschef.
Wegen der Folterung eines liberalen Bloggers streiten die Staatsspitzen über das Saudi-Zentrum.

Am Mittwoch passierte etwas Außergewöhnliches. Um 17.18 Uhr machte die Präsidentschaftskanzlei eine Aussendung, in der sich Bundespräsident Heinz Fischer gegen eine rasche Schließung des Abdullah-Zentrums ausspricht. „Brücken sind schneller abgebrochen als wieder aufgebaut“, mahnte das Staatsoberhaupt. Eine halbe Stunde später, um 17.46 Uhr, machte die Kathpress eine Aussendung, in der sich Kardinal Christoph Schönborn gegen die rasche Schließung des Abdullah-Zentrums ausspricht. „Einfach zusperren wäre gerade jetzt kontraproduktiv“, mahnte der Kardinal.

Adressaten der allerhöchsten Mahnungen: Kanzler Werner Faymann und sein Kulturminister Josef Ostermayer.Diese beiden hatten nur wenige Stunden zuvor für die sofortige Schließung des Zentrums plädiert. Trotz drei Jahren „Dialogs“ habe sich nichts geändert, der Wunsch, das Zentrum zu schließen, sei gerechtfertigt, befand Ostermayer. „Soll sich Österreich an einem Zentrum beteiligen, das sich nicht klar von Menschenrechtsverletzungen distanziert?“, fragte Faymann rhetorisch.

Dialogzentrum vom Vatikan unterstützt

Zur Sachlage: Das Abdullah-Dialogzentrum geht auf eine Initiative von Spanien und Saudi Arabien zurück, die vom Vatikan unterstützt wurde. Österreich hat sich als Standort für den Dialog unter den Religionsgemeinschaften angeboten. Das Zentrum geriet erstmals in Kritik, als dessen Vize-Generalsekretärin, Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, das saudische Scharia-System verharmloste, indem sie meinte, es würden eh nicht jeden Freitag Hinrichtungen stattfinden.

Zuletzt weigerte sich das Zentrum, die Folterung des Bloggers Raif Badawi mit 1000 Peitschenhieben zu kritisieren. Raif Badawi hatte Muslime, Juden, Christen und Agnostiker als „gleichwertig“ bezeichnet. Kritik am Rechtssystem Saudi Arabien würde nicht wirksamer, wenn Österreich die Mitwirkung am Dialogzentrum abbreche, argumentiert Fischer. Außerdem würde das Zentrum weiter in Wien bestehen bleiben, wenn Österreich aussteigt. So sei der Wortlaut der Vereinbarung.

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