Finanzminister Eduard Müller, ein Staatsdiener der guten alten Schule
Nicht vorhersehbar war allenfalls der letzte Schritt ganz an die Spitze des Finanzministeriums. Denn dass Eduard Müller dereinst eine steile Karriere beschieden sein würde, wussten schon seine Kollegen im Finanzamt Oberwart, wo das jüngste von drei Kindern einer südburgenländischen Familie gleich nach der HAK-Matura 1981 in der Lohnsteuerstelle als Prüfer seine Laufbahn begonnen hat. „Der Edi kommt sicher ins Ministerium“, erinnert sich ein Ex-Kollege an ein geflügeltes Wort im Amt.
Dort galt der aus dem nahe gelegenen gemischtsprachigen 100-Seelen-Dorf Rumpersdorf (burgenlandkroatisch Rupišće, Anm.), einem Ortsteil der 1.100 Einwohner-Gemeinde Weiden bei Rechnitz, stammende Müller als akkurater Beamter und amikaler Kollege. „Ein fantastischer Mensch, der einem immer weitergeholfen hat“, schwärmen Ex-Kollegen. Beruflich weitergeholfen hat Müller selbst vielleicht, was ihn Anfang der 1980-er Jahre geschmerzt hat. Eine Verletzung zwang ihn, seine Fußballschuhe an den Nagel zu hängen und eröffnete ihm so die Möglichkeit, sich auf seine Finanz-Karriere zu konzentrieren. Ob‘s sonst anders gelaufen wäre? Möglich ist alles. Christian Keglevits, der bisher bekannteste Sohn Weidens, und knapp zwei Jahre älter als Müller, war damals schon mit Rapid Meister...
1998 war es so weit mit Müllers „Transfer in die Bundesliga“: Über die Finanzlandesdirektion Wien, NÖ und Burgenland kam Müller, der mittlerweile ein Studium der Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen hatte (später kam ein MBA hinzu), ins Ministerium. Zuletzt war er Chef der Präsidialsektion, die für Finanzverwaltung und Management zuständig ist und als Schaltzentrale im wichtigsten Ressort gilt.
Der seit 3. Juni amtierende Finanzminister Eduard Müller, der am Samstag den 57. Geburtstag feiert, wuchs in einer kleinen gemischtsprachigen Gemeinde im Südburgenland auf und begann gleich nach der HAK-Matura im Finanzamt Oberwart zu arbeiten. 1998 kam der Steuerprüfer, der berufsbegleitend studierte, ins Finanzressort, wo er als exzellenter Fachmann gilt und zuletzt die Präsidialsektion leitete.
Müller ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Niederösterreich.
Kein Blender
Seit 3. Juni ist der bald 57-jährige parteifreie Müller, der mit seiner Frau und zwei Töchtern (17 und 22 Jahre) in Perchtoldsdorf in NÖ lebt, im Ministerium am allerwichtigsten – freilich ohne sich selbst dafür zu halten.
Ungewohnt in einem Haus, in dem schon Ich-AGs wie Viktor Klima (SPÖ), Karl-Heinz Grasser (FPÖ) oder Hans Jörg Schelling (ÖVP) residierten. Schelling war es auch, der Müller nach zwei Jahren im „Exil“ 2015 in die Himmelpfortgasse zurückgeholt hat. Der fachlich als exzellent geltende Spitzenbeamte soll sich 2013 mit Ministerin Maria Fekter überworfen haben, wird erzählt. (Beamten)-Ethos bewertet Müller offenbar höher als Euros, denn er ließ den deutlich besser dotierten Job im Verlag wieder sausen, als sich die Möglichkeit zur Heimkehr ins Ministerium eröffnete.
Als Beamten im modernen Gewand beschreibt er sich selbst: „Ich sehe mich als Verwaltungsmanager und habe das Ministeramt auf Ersuchen des Bundespräsidenten angenommen“, lässt der Interims-Ressortchef, der auch mit der Leitung des Bundesministeriums für Öffentlichen Dienst und Sport betraut ist, wissen. Sein Ansinnen: „In der Zeit der Übergangsregierung meine Expertise einbringen.“
Seine Erfahrung als Steuerprüfer sei dabei „von größtem Wert“, betont Müller, selbst Autor mehrerer einschlägiger Publikationen. So könne er sehr gut abschätzen, wie sich einzelne Maßnahmen auf die Steuerzahler auswirken. „Außerdem habe ich noch heute Kontakt mit Kollegen von damals, auf deren Einschätzung ich bei wichtigen Themen gerne zurückgreife“.
Mit diesem Arsenal bestückt stemmt sich „Budgetwächter“ Müller gegen überschießende Ausgaben. Das Problem: Die Regierung ist an Beschlüsse des Parlaments gebunden. Und dort wird in den letzten Wochen bis zur Neuwahl am 29. September mehr geklotzt als Sparefroh Müller lieb ist. Wiewohl der Minister von der Regierungsbank aus mehrmals an die Abgeordneten appelliert hat, „bei Beschlüssen stets auch das Budget mitzudenken, um zu vermeiden, dass Österreich erneut in die Schuldenfalle tappt“.
Laut einer im Juli angestellten Kostenschätzung der Parlamentsbeschlüsse belief sich der ungedeckte Scheck bis 2023 auf 1,1 Milliarden Euro. Denn nur 3,6 Milliarden der Gesamtkosten von 4,7 Milliarden Euro waren auch budgetiert. Müller: „Das bedeutet, dass sich für 2020 ungeplante Mehrkosten von über 240 Millionen Euro ergeben“. Es könnten noch mehr werden, im September findet noch ein Plenum statt. Es sei „nicht einschätzbar“, so der Minister, wie teuer es werde.
Politische Ambitionen
Ist das Ende der Legislaturperiode auch das Ende seiner „politischen“ Karriere? „Ich gehöre keiner Partei an und strebe auch keine politische Funktion an“, so Müller, dessen sieben Jahre älterer Bruder Wilhelm ÖVP-Bürgermeister in Weiden bei Rechnitz ist. Dorthin zieht es den Neo-Minister regelmäßig. „Ich genieße jede Minute, die ich im Burgenland bin“, sagt er. Die gemeinsame Wellenlänge ist rasch gefunden, auch wenn es mit dem Burgenlandkroatisch-Sprechen „nicht so weit her ist“, wie der Südburgenländer einräumt. Das reiche gerade „für ein paar Sätze zur Begrüßung meines kroatischen Amtskollegen beim Ecofin“.
Und in der alten Heimat werden erste Stimmen laut, die sich gut vorstellen können, dass er auch der nächsten, gewählten Regierung angehören könnte. Josef Csencsics, Ex-SPÖ-Bürgermeister der Nachbargemeinde Schandorf und viele Jahre Kollege Müllers im Finanzamt, meint, dass es „nicht schlecht wäre“, wenn er Minister bliebe. Müller habe „Ahnung von der Materie und sich diese von der Pike auf angeeignet“ – das sollte eigentlich für jeden Minister gelten.
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