Final Fight um Eurofighter-Schmiergeld

Eurofighter-Deal soll erneut im Parlament durchleuchtet werden.
Heereschef will bis zu einer Milliarde Euro zurück. Warum jetzt und mit welchen Chancen?

Hans Peter Doskozil war der beste Freund des 2015 verstorbenen Aufdecker-Journalisten Kurt Kuch, der viele Schmiergeldaffären der schwarz-blauen Ära ans Licht brachte. Diese Mission seines Freundes setzt nun der SPÖ-Verteidigungsminister fort: "Wir akzeptieren nicht, dass die Steuerzahler über den Kaufpreis auch Schmiergelder mitfinanzieren. Der Deal war eine Trägerrakete für Korruption." Mit diesen Worten leitete der Heeres-Minister gestern seinen Coup ein.

Final Fight um Eurofighter-Schmiergeld
Konkret geht es um den Eurofighter-Deal, der 2003 unter dem ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel abgeschlossen wurde. 183,4 Millionen Euro sollen "irrlistig" in den Eurofighter Kaufpreis von 1,959 Milliarden Euro eingepreist worden sein. Vor allem über die Briefkasten-Firma Vector Aerospace wurde Schmiergeld verteilt – lautet der Vorwurf.

Empfänger unbekannt

Wer die Empfänger waren? In diesem brisanten Punkt hält sich das Ministerium bedeckt. "Wir haben eine Sachverhaltsdarstellung gegen Airbus mit 130 Seiten wegen Arglist und Betrugs mit 97 Beilagen der Staatsanwaltschaft übergeben", sagt der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn. Der Schaden für die Republik liege bei bis zu 1,1 Milliarden Euro. Österreich schließt sich dem Strafverfahren gegen Airbus – vormals EADS Deutschland – als Privatbeteiligter an.

Feiertag für Pilz

Worte, die für den grünen Aufdecker Peter Pilz eine Wohltat sind. "Für mich ist heute ein Feiertag." Seit 15 Jahren inklusive eines U-Ausschusses recherchierte Pilz in der Causa Eurofighter. Die forensische Arbeit der Task Force "Minerva", die im Verteidigungsministerium angesiedelt war, brachte nun die Grundlagen für die Klage wegen Betrugs gegen Airbus. Pilz stellte dafür alle seine Unterlagen der Task Force zur Verfügung. "Es geht um 60 Briefkastenfirmen und um fünf Schmiergelder-Netzwerke, die von Vector über Alfons Mensdorff-Pouilly reichen", so Pilz. Graf "Ali" hat bisher stets alle Vorwürfe zurückgewiesen.

Eingerichtet wurde die Taskforce 2012 von Norbert Darabos. In die Gänge kam sie erst, als Doskozil im Jänner 2016 Minister wurde. "Darabos war selber in den Eurofighter-Deal involviert. Der wollte nichts aufdecken. Und Gerald Klug konnte nicht, weil ihm die Kompetenz fehlte. Doskozil wollte und hatte auch das Know-how als ehemaliger Landespolizeidirektor", sagt Pilz. Es wurden externe Berater und Anwälte für das deutsche und das angelsächsische Recht an Bord geholt. Die Forensiker durchforsteten alle zur Verfügung stehenden Unterlagen von immerhin fünf Terrabyte.

Pilz überlegt nun die politisch Verantwortlichen neuerlich vor einen Eurofighter-U-Ausschuss zu holen. "Wir wissen heute so viel mehr als am Ende des U-Ausschusses im Juli 2007. Damals habe ich den Namen Vector Aerospace erstmals in einer kleinen Buchung entdeckt. Heute kennen wir den ganzen Geldfluss der Korruption."

"Nicht nachvollziehbar"

Für den Airbus-Konzern sind "die Unterstellungen bezüglich Arglist und Betrug nicht nachvollziehbar. Sie erscheinen konstruiert und wir weisen sie in aller Deutlichkeit zurück."

Hier die wichtigsten Fragen zur Klage im Überblick:

Wurden im Zusammenhang mit dem Schmiergeldverdacht schon konkrete Namen genannt?

Nein, bisher nicht. Es ist im Bericht der Taskforce, die Grundlage der Anzeige ist, lediglich allgemein von Personen die Rede, die zum Umfeld der "seinerzeitigen Machthaber der Republik Österreich" gehört haben. Diese Personen sollen "rechtlich verpönte Vermögensvorteile" erhalten haben. Solche "Vorteile" sollen auch die Organe von Gegengeschäftspartnern erhalten haben.

Wie gut sind die Chancen, dass die Strafanzeige zu einer Anklage führt, Airbus schuldig gesprochen wird und Österreich den Eurofighter-Vertrag rückabwickeln kann?

Diese Frage ist extrem schwierig zu beantworten. Allerdings sprechen die Experten der Taskforce – darunter renommierte Rechtsprofessoren und nationale wie internationale Großkanzleien – an verschiedenen Stellen von "eindeutigen Hinweisen" und "konkreten Anhaltspunkten für straf- und zivilrechtlich relevante Täschungshandlungen von Personen, die Eurofighter und Airbus zurechenbar sind".

Wie ergibt sich der Schaden? Einmal ist von 183,4 Millionen Euro die Rede, einmal von 1,1 Milliarden. Was stimmt?

Beides. Der maximale Gesamtschaden für die Republik von 1,1 Milliarden errechnet sich aus dem Kaufpreis für 15 Eurofighter plus die bisher angefallenen Betriebskosten für die Kampfflugzeuge abzüglich ihres heutigen Wertes. Dieser Betrag könnte also an Österreich zurückfließen, sollte der gesamte Kaufvorgang rückabgewickelt werden.

Die 183,4 Millionen Euro stehen in Zusammenhang mit den Gegengeschäften. Der Vorwurf lautet: Die Eurofighter wären Österreich um diesen Betrag mittels "listiger Irreführung" zu teuer verkauft worden, um damit die Kosten der Gegengeschäfte abzudecken. Wörtlich heißt es: "Tatsächlich wurden die arglistig eingepreisten 183,4 Millionen für legale, aber auch für kriminelle Gegengeschäftskosten verwendet." Die Staatsanwaltschaften in Wien und München gehen dem Korruptions- und Schmiergeldverdacht schon seit Längerem nach.

Die Eurofighter wurden 2003 beschafft. Bei Betrug gilt eine zehnjährige Verjährungsfrist. Ist das also nicht längst Schnee von gestern?

Höchstwahrscheinlich nicht. Der Grund: Die ersten Eurofighter wurden erst 2007 ausgeliefert. Daher meint man im Ministerium, dass die Republik ihre Schadenersatzansprüche wird geltend machen können.

Die Frage, ob Österreich aus dem Eurofighter aussteigt, wird vor allem beim schwedischen Flugzeughersteller Saab/Bae mit höchster Aufmerksamkeit beobachtet. Der Gripen wäre der Favorit für eine Nachfolge.
Schon bei der Beschaffung im Jahr 2003 hatten sich Österreichs Militärs für den JAS 39 Gripen entschieden. Und zwar wegen der deutlich niedrigeren Betriebskosten.
Dem standen aber damals die Interessen der Politik entgegen, und das noch kurzfristig geltende Einsatzkonzept. Denn das sah vor, von insgesamt 24 Maschinen sechs für den Auslandseinsatz abzustellen. Das erforderte aber die Fähigkeit zum Transport von großen Waffenlasten für die „Erdzielbekämpfung“, außerdem waren die zwei Triebwerke ein zusätzliches Sicherheitsargument für die Piloten. Dafür schien der Gripen zu klein dimensioniert.

Argument obsolet

Dieses Argument war aber zum Zeitpunkt der Eurofighter-Beschaffung im Jahr 2003 bereits obsolet. Denn ein Jahr zuvor hatte die Regierung unter dem Eindruck eines Hochwassers entschieden, die Stückzahl auf 18 zu reduzieren. Damit war die Idee vom Auslandseinsatz vom Tisch, und man hätte neu ausschreiben können – einen leichteren Flieger, rein zum Zweck der Luftraumüberwachung. Inzwischen bemühten sich die Schweden auch, ihren Flieger NATO-tauglich zu machen. Sie boten auch an, in Zeltweg eine zentraleuropäische Fliegerwerft für Österreich und die Nachbarluftwaffen einzurichten. Im Jahr 2005 leaste schließlich Tschechien 14 Gripen. Die Tschechen wollen noch mindestens bis 2027 mit diesen Maschinen fliegen. Ein Jahr später beschaffte auch Ungarn zwölf Einsitzer und zwei Doppelsitzer, die noch mindestens bis 2026 in Betrieb bleiben sollen.

Billiger und sparsamer

Im Jahr 2013 wurde im Generalstab abermals ein Umstieg auf den Gripen überlegt. Durch das dramatische Sparbudget des Ministers Gerald Klug war der Eurofighter-Flugbetrieb nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Generäle errechneten, dass sich der Gripen nach einer zehnjährigen Betriebszeit durch die geringeren Betriebskosten quasi amortisieren würde. Doch es wurde keine Chance gesehen, den ungeliebten Eurofighter loszuwerden. Eine Chance, die es jetzt wieder gibt. Denn im Bericht wird eine budgetschonende Sicherstellung der Luftraumüberwachung „mit und ohne Einsatz der Abfangjäger Eurofighter “ überlegt.
W. Theuretsbacher

Kommentare