Fehlende Deutschkurse: Wien greift Bund frontal an

Früher an der Tagesordnung, gibt es seit dem Start der Dreierkoalition kaum noch gröbere Konflikte zwischen Wien und dem Bund. Nun brach einen solchen Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) vom Zaun.
Er wirft Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) vor, nicht genügend Deutschkurse anzubieten. Seit das Ministerium ein Monopol auf die Kurse habe, habe man ein Problem. In Wien würden aktuell 5.500 Kurse fehlen, so der Stadtrat gegenüber Krone und Heute. Plakolm könne sich nicht den Luxus leisten, „für etwas verantwortlich zu sein, und so eine schlechte Performance abzuliefern“, sagt Hacker.
Der Hintergrund: Seit 2017 wurden Deutschkurse bundesweit nur noch über den Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF; ein Fonds der Republik) angeboten. Davor habe es zusätzlich auch Angebote der Länder gegeben, die nunmehr fehlen würden, heißt es aus dem Büro des Stadtrats.
„Genug Plätze“
Plakolm kontert: Aktuell würden 600 Kurse mit 8.000 Teilnehmern laufen, bei Bedarf gebe es noch mehrere Hundert freie Plätze. Allerdings sei etwa im Juli 2025 jeder dritte Sessel bei einem Wiener Deutschkurs leer geblieben. Dabei gebe es bereits Möglichkeiten, Deutschkurs-Verweigerer zu sanktionieren, wurde betont. „Wien könnte dieses Instrument wie andere Bundesländer strenger nutzen und damit auch für mehr Verbindlichkeit unter den Kursteilnehmern sorgen.“
Als „absolut nicht nachvollziehbar“ bezeichnete auch der ÖIF Hackers Kritik. Trotz mehrmaliger Aufforderung sei vom Stadtrat noch kein einziger konkreter Fall genannt worden, in dem eine anspruchsberechtigte Person keinen Deutschkursplatz erhalten hat. Das Angebot sei so groß wie nie.
Schwanger: Kein Kurs mehr
Gegenüber dem KURIER kritisiert das Büro von Stadtrat Hacker primär die restriktive Ablehnungspraxis des ÖIF, welche kontraproduktiv für die Integration sei. Als Beispiel nennt man eine syrische Frau, die einen Kurs auf Niveau A1 wegen Krankheit abgebrochen habe. Wenig später brachte sie ein Kind zur Welt.
Beim ÖIF sei dann festgestellt worden, dass sie einen A1-Kurs benötige. Als Abbrecherin wurde ihr aber kein weiter Kurs auf diesem Niveau zur Verfügung gestellt. Aufgrund einer fehlenden Betreuung für ihr Kind könne sich die Frau auch nicht beim AMS vormerken lassen und erhalte auch dort keinen Deutschkurs.
Beim ÖIF betont man, den Fall nicht zu kennen. Generell gelte aber: Wenn eine Person einen Deutschkurs aufgrund einer Krankheit oder einer Arbeitsaufnahme abbrechen muss und dem ÖIF eine entsprechende Bestätigung übermittelt, so wird der Kursabbruch entschuldigt und die Person kann selbstverständlich den Kurs wiederholen. Wer einen Kurs unentschuldigt abbricht, bekommt hingegen keine Wiederholungsmöglichkeit auf demselben Sprachniveau.
So viele wurden abgelehnt
6.427 Personen, die im Juli 2025 in Wien Mindestsicherung bezogen haben, hätten in den letzten 13 Monaten eine Ablehnung des ÖIF für weitere Kursmaßnahmen erhalten, rechnet man im Hacker-Büro vor. „Von diesen 6.427 Personen haben 4.606 noch keine weitere Ausbildung begonnen oder ihr Sprachniveau anderweitig verbessert.“ Dazu kämen noch rund 700 Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit im erwerbsfähigen Alter in der Wiener Grundversorgung, für die der möglichst rasche Spracherwerb ebenfalls angebracht wäre.
Beim ÖIF sagt man dazu: "Auch hier fehlen leider konkrete Informationen, es ist aber davon auszugehen, dass es sich hierbei vielfach um Personen handelt, die Kurse in Anspruch genommen und diese unentschuldigt abgebrochen haben. Insbesondere vor dem Hintergrund des hohen Bedarfs ist es wichtig, mit Deutschkursplätzen jedenfalls effizient umzugehen. Die Kurse des ÖIF sind aus öffentlichen Mitteln finanziert, mit denen ein wirkungsvoller und sparsamer Umgang geboten ist."
Klar sei, dass unbegründete Kursabbrüche Folgen haben müssten, betont man im Hacker-Büro. „Die Magistratsabteilung 40 setzt hier konsequent Sanktionen und kürzt die Mindestsicherung – im Vorjahr 3.500 Mal wegen unentschuldigten Abbrüchen von Deutschkursen.“
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