"Findet permanent Ausreden": Wiener Stadtrat attackiert ÖVP-Ministerin

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Es geht um die Finanzierung und Durchführung von Deutschkursen für Zuwanderer. Bei dem Thema wird Peter Hacker deutlich in seiner Kritik.

Zusammenfassung

  • Wiens Sozialstadtrat Hacker kritisiert das Integrationsministerium für fehlende Deutschkurse und mangelnde Verantwortung.
  • Das Ministerium verweist auf ein großes Kursangebot in Wien, kritisiert aber die hohe Zahl an Kursverweigerern und fordert strengere Sanktionen.
  • AMS-Chef Kopf sieht Verbesserungsbedarf bei Kursqualität und Organisation, insbesondere bei Wartezeiten und Trainerverfügbarkeit.

Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wirft Ministerin Claudia Plakolm (ÖVP) vor, nicht genug Deutschkurse anzubieten. Seit das Integrationsministerium ein Monopol auf die Kurse habe, "haben wir ein Problem mit dem Deutschlernen". In Wien würden aktuell 5.500 Deutschkurse fehlen, kritisierte Hacker am Donnerstag in Krone und Heute. Im Ministerium wies man die Kritik zurück. Das Angebot sei groß, Wien müsse mehr gegen die Verweigerung von Deutschkursen tun.

Er zahle nach wie vor mit Wiener Steuergeld für die Kurse, für das Angebot sei nun aber Plakolm verantwortlich, kritisierte Hacker. Diese finde aber permanent Ausreden, warum das alles nicht funktioniere. "Den Luxus kann sie sich nicht leisten, für etwas verantwortlich zu sein und so eine schlechte Performance abzuliefern."

Seit 2017 werden Deutschkurse bundesweit nur noch über den Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), einen Fonds der Republik Österreich, angeboten. Davor gab es zusätzlich auch Angebote der Länder, die nunmehr fehlen, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Büro des Stadtrats.

Ministerium: In Wien schwänzen zuviele den Kurs

Derzeit würden 57 Prozent aller Kursplätze auf Wien entfallen, allein in diesem Jahr seien in Wien bereits 20.000 Kursplätze in Anspruch genommen worden, hieß es aus dem Ministerium. Aktuell würden 600 Kurse mit 8.000 Teilnehmern laufen, bei Bedarf gebe es in den kommenden Wochen noch mehrere Hundert freie Plätze.

Allerdings sei etwa im Juli 2025 jeder dritte Sessel bei einem Wiener Deutschkurs leer geblieben. Es gebe bereits Möglichkeiten, Deutschkurs-Verweigerer zu sanktionieren, wurde betont. "Wien könnte dieses Instrument wie andere Bundesländer strenger nutzen und damit auch für mehr Verbindlichkeit unter den Kursteilnehmern sorgen."

Der Integrationsfonds kann Hackers Attacke nicht nachvollziehen

Als "absolut nicht nachvollziehbar" bezeichnete auch der ÖIF Hackers Kritik. Trotz mehrmaliger Aufforderung sei dem Integrationsfonds vom Stadtrat noch kein einziger konkreter Fall genannt worden, in dem eine anspruchsberechtigte Person keinen Deutschkursplatz erhalten hat. Fakt sei, dass jede anspruchsberechtigte Person vom ÖIF innerhalb kurzer Zeit in ganz Österreich einen passenden Deutschkursplatz angeboten bekomme, wurde in einer Stellungnahme gegenüber der APA betont. Das Angebot an Deutschkursen für Flüchtlinge sei so groß wie noch nie, das Angebot in der Region orientiere sich dabei am konkreten Bedarf. Wer einen Kurs ohne triftigen Grund abbricht, verliert den Anspruch auf einen weiteren Kursplatz auf diesem Niveau. Allein in Wien hätten seit 2023 über 11.000 Personen im Auftrag des AMS einen Deutschkurs beim ÖIF unentschuldigt abgebrochen.

ÖVP-Generalsekretär Marchetti sieht das Versagen bei Hacker

Hacker wolle der Integrationsministerin "den schwarzen Peter für sein eigenes Versagen zuschieben", ereiferte sich unterdessen ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti. Das Angebot an Plätzen für Deutschkurse übersteige die Nachfrage bei weitem, betonte auch er per Aussendung. Es müsse das Ziel jedes Zuwanderers sein, so rasch wie möglich unabhängig von staatlichen Leistungen zu werden und sich und seine Familie durch Arbeit selbst zu erhalten. "Als Volkspartei werden wir unseren strikten Kurs fortsetzen und konsequent darauf drängen, dass Zuwanderer ihrer Pflicht zur Integration in unsere Gesellschaft nachkommen."

AMS-Chef Kopf sieht Nachholbedarf

Verbesserungsbedarf bei den Kursen selbst ortet AMS-Chef Johannes Kopf, können doch laut einer Erhebung des Arbeitsmarktservice drei von zehn arbeitslos gemeldeten Geflüchteten auch nach eineinhalb Jahren kaum Deutsch. "Im Prozess" könne man hier sicher noch nachbessern, sagte Kopf im Ö1-"Mittagsjournal". Er berichtete von Kritik, wonach Trainer nicht auftauchen würden oder von langen Wartezeiten, hier sei man auch im Gespräch mit dem ÖIF. Am Land sei es teilweise auch gar nicht so leicht, Kurse vor Ort anzubieten. Sehr gute Erfahrung gebe es mit Angeboten, bei denen Deutschkurs und fachliche Qualifizierung verbunden werden, sodass das Erlernte gleich angewendet werden kann. "Man kann nicht den ganzen Tag nur Deutsch lernen."

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