Faymann in der selbst verschuldeten Patsche
Die SPÖ-Führung ist hochgradig nervös. Sie schlägt um sich, interveniert, setzt den Koalitionspartner unter Druck und hinterlässt in der ORF-Berichterstattung wieder merkbar ihre Abdrücke. Was sich vorletzte Woche sichtbar im Nationalrat abspielte, als sie den U-Ausschuss abzudrehen versuchte, findet derzeit hinter den Kulissen munter eine Fortsetzung.
Ein Grund für das Nervenflattern in der SPÖ ist der bevorstehende Parteitag. Werner Faymann hat den 638 Delegierten, die ihn als Parteichef wiederwählen sollen, wenig Positives zu bieten: sinkende Umfragewerte, eine unappetitliche Affäre und die evidente Zerrissenheit der Partei in der Wehrpflicht-Frage. Während ÖVP-Chef Spindelegger in New York mit den Großen der Welt konferierte, saß Faymann zu Hause in der durch seine Kungelei mit dem Boulevard selbst verschuldeten Patsche. Sich mit Steuergeld wohlwollende Berichterstattung zu erkaufen, wirft ein mehr als schräges Licht auf das Demokratieverständnis des Kanzlers. Und Liebedienerei gegenüber der Krone ist auch der Ausgangspunkt dafür, dass sich die SPÖ in der Wehrpflicht-Frage dermaßen ins Eck manövrierte. Häupl und Faymann haben die Abkehr von der Wehrpflicht ohne sachliche Grundlage verkündet. Selbstverständlich hätten sie, wie Heinz Fischer und Franz Vranitzky monieren, abwarten müssen, ob sich eine europäische Verteidigung formiert, und erst davon ableiten sollen, ob ein Volksheer oder ein Berufsheer besser dazu passen.
In seiner Haltung zur EU hat sich Faymann vom Boulevard emanzipiert, die peinliche Leserbrief-Aktion zu Beginn seiner Kanzlerschaft hat er glaubhaft ausgebügelt. Vielleicht sollte sich der SPÖ-Chef an sich selbst ein Beispiel nehmen? Einen Versuch wär’s wert.
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