Familienbeihilfe ins Ausland kürzen: Karmasin macht Druck auf die EU

Wenn Elternin Österreicharbeiten, Kinder aber im Ausland leben, wird die Beihilfe überwiesen. Karmasin will, dass sie an die Kostenin der Heimat angepasst wird
VP-Familienministerin glaubt, Einwände zu entkräften: "Die EU hat veraltete und teils falsche Zahlen."

Auf Seite 8 im neuen Arbeitsprogramm ist zu lesen, die Regierung werde sich auf EU-Ebene "für legistische Änderungen" einsetzen, "damit die exportierte Familienbeihilfe indexiert werden kann".

Was die ÖVP, allen voran Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz, schon lange gefordert hat, trägt nun also die SPÖ auch offiziell mit. Das freut Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), schließlich haben sich die Roten bei dem Thema lange quergelegt. In ihrem Ressort wurde in den vergangenen Wochen das Gutachten der EU-Kommission zu dem Verlangen aus Wien unter die Lupe genommen. Vor wenigen Tagen wurde die Stellungnahme Österreichs in Brüssel eingebracht, berichtet Karmasin dem KURIER: "Wir haben den Bericht der EU-Kommission entkräftet."

Die Kommission ist ja der Ansicht, dass eine Anpassung der Familienbeihilfe an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Heimatland EU-rechtswidrig sei und außerdem nur geringfügige Einsparungen (0,25 Prozent) bringen würde, weil der Verwaltungsaufwand steigen würde.

Anstieg nicht beachtet

Karmasin, die mit einer Ersparnis von 100 Millionen Euro rechnet, entgegnet: "Die Zahlen der EU-Kommission sind in vielen Bereichen veraltet, zum Teil falsch und beziehen sich nur auf 19 Länder oder weniger." So geht die Kommission etwa davon aus, dass Österreich 147 Millionen Euro (2013/’14) an Familienbeihilfe in andere Länder überwiesen habe. Laut Familienministerium sind es 2014 rund 227 Millionen Euro gewesen, 2015 fast 250 Millionen Euro (siehe Grafik). Karmasin: "Die EU-Kommission hat auch nicht berücksichtigt, wie groß die Steigerung bei uns war."

Familienbeihilfe ins Ausland kürzen: Karmasin macht Druck auf die EU

Im Positionspapier Österreichs wird zudem angeprangert, dass die Verwaltungskosten, die die EU veranschlagt, nur auf Schätzungen von wenigen Personen in sechs Mitgliedsländern beruhten.

"Die Indexierung funktioniert. Die EU-Kommission wendet dieses Prinzip ja bei den eigenen Mitarbeitern an", sagt Karmasin. Familienzulagen für Kinder von EU-Beamten im EU-Ausland würden auch per "Berichtigungskoeffizient" angepasst.

Wie geht es nun weiter? Während in Brüssel also über der österreichischen Stellungnahme gebrütet wird, versucht die Ministerin, noch im Februar einen "Gipfel der Willigen" in Wien zu organisieren. Neben Dänemark signalisieren auch Luxemberg und Deutschland Interesse an einer Indexierung. "Das Ziel ist, eine akkordierte Linie zu formen", erläutert Karmasin.

Anfang März soll schließlich Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) der Forderung bei einem EU-Sozialrat Nachdruck verleihen. Karmasin meint, je mehr (gewichtige) Unterstützer es gebe, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass es eine EU-weite Lösung geben könnte.

Darauf allein will Österreich nicht setzen. Die Regierung hat auch ein Gutachten in Auftrag gegeben. Festgestellt werden soll, ob und wie Österreich selbst eine Regelung schaffen könnte. Die Expertise liegt aber noch nicht vor.

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