Faktencheck: Kommt Hartz IV doch durch die Hintertür?

Faktencheck: Kommt Hartz IV doch durch die Hintertür?
Neue Sozialministerin verspricht, Hartz IV werde es mit ihr nicht geben. Die Opposition bezweifelt das, denn viele Fragen sind noch offen.

Sanktionen für Arbeitslose, Zugriff auf Vermögen, geringe Geldleistungen: Das deutsche Grundsicherungsmodell Hartz IV hat in Österreich keinen guten Ruf. Da scheint es nur logisch, dass sich jetzt, da die neue Regierung Umbauten beim Arbeitslosengeld plant, wieder Empörung regt: Dass Arbeitslosengeld und Notstandshilfe künftig zusammengelegt werden und auch die Mindestsicherung künftig ins System integriert werden soll, lässt die Hartz-IV-Alarmglocken schrillen.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein versichert zwar, dass es "Hartz IV" mit ihr nicht geben werde (mehr dazu hier), also dass mit ihrem "Arbeitslosengeld neu" nicht auf Vermögen zugegriffen werde und niemand sein Auto verkaufen müsse. Allein: Die Sache hat einen Haken. Wird die Arbeitslosenhilfe nämlich künftig zeitlich begrenzt, fällt man früher als bisher in die Mindestsicherung – und in dieser greift der Staat erst recht auf Vermögen zu. Das sei dann doch wieder "wie Hartz IV", moniert etwa Peter Kolba von der Liste Pilz.

Viele Fragen

Wie eine zeitliche Begrenzung aussehen könnte, dazu gibt sich Hartinger-Klein noch unkonkret. Derzeit ist es so, dass die Notstandshilfe praktisch unbefristet zur Pension bezogen werden kann. Künftig sollen "Arbeitslose unter bestimmten Bedingungen unbefristet Arbeitslosengeld beziehen können", sagt die FPÖ-Politikerin – welche Bedingungen das jedoch sind, wird offen gelassen. Im Regierungsprogramm hieß es, dass die Dauer des Arbeitslosenbezugs auch von der Einzahlungsdauer abhängen werde - was hieße, dass Menschen, die nur kurze Zeit arbeitslosenversichert waren, auch nur kurz Anspruch auf Geldleistungen haben sollen.

In Deutschland ist das ähnlich geregelt. Dort hängt der Bezug zusätzlich vom Alter ab: Wer nur zwölf Monate einbezahlt hat, bekommt die Hilfe nur für ein halbes Jahr; wer 64 Monate eingezahlt hat und älter als 58 ist, bekommt die Zahlungen maximal für zwei Jahre; längere Bezugsdauern gibt es ohnehin nicht. Danach fällt man in den Hartz-IV-Bezug, der den Leistungen der Mindestsicherung ähnelt.

Degressiver Verlauf

Ebenso unklar ist die Höhe der Hilfe. Fix ist nur, dass die Zahlungen im Lauf der Zeit sinken, "degressiven Verlauf" nennt man dies laut türkis-blauem Programm. Derzeit bekommt man 55 Prozent des Durchschnittseinkommens des letzten oder vorletzten Jahres; dieser Betrag soll also im Lauf der Zeit in der Arbeitslosigkeit absinken. Ein Mindestniveau ist noch nicht festgelegt.

Auch bei Sanktionen will man die "Wirksamkeit verbessern", heißt es. In Deutschland ist das Hartz-IV-Modell ja vor allem für eben diese Strafmaßnahmen berüchtigt: Wer Jobs ablehnt, hat mit Kürzungen oder Sperrungen zu rechnen. Laut Regierungsprogramm will man nun bei genau diesen den Sperrfristen nachschärfen. Hartinger-Klein versichert in diesem Punkt zwar, dass Menschen, die unverschuldet lange arbeitslos sind, dauerhaft Anspruch auf Arbeitslosengeld haben sollen. Wie das bei solchen aussieht, die Jobs ablehnen, wird allerdings offen gelassen.

Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) im ZIB-2-Interview

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