Ja – wenn auch nicht ganz exakt: 2010, dem Jahr vor dem Start der rot-grünen Koalitionsregierung im Wiener Rathaus, lag Wien zwar nicht auf Platz 1 bei den "verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner", aber mit 21.100 Euro nur knapp hinter Niederösterreich auf Platz 2.
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2016, sechs Jahre später, war Wien erstmals in dieser Statistik auf den neunten und letzten Platz abgerutscht. Die neuesten verfügbaren Daten von 2018 zeigen da keine Veränderung: Wien liegt mit 23.000 Euro weiter auf dem letzten Platz, Vorarlberg auf dem ersten (25.600 Euro).
Warum das so ist, erklären die Experten der Statistik Austria so: "Faktoren wie eine überdurchschnittliche Zunahme der Wiener Bevölkerung, in Wien +1,4 % gegenüber 0,7 % in ganz Österreich", seien eine Erklärung dafür. "Dieser Zuwachs ging tendenziell einher mit einem Anstieg in Niedriglohnbranchen wie Beherbergung und Gastronomie. Gleichzeitig führte diese Umwandlung in den Dienstleistungssektor zu einem Wegfall von vergleichsweise gut bezahlten Arbeitsplätzen in der Industrie", erklären das die Experten. Zudem komme der "Pendlereffekt", also viele gut verdienende Pendler wohnen im Speckgürtel und arbeiten in Wien. Die Bundeshauptstadt habe aber auch die höchste Arbeitslosenquote und die niedrigste Erwerbstätigenquote; auch die Teilzeitquote sei in Wien am höchsten.
Ein Vergleich einer Metropole mit Flächenbundesländern sei zudem grundsätzlich problematisch – das sei ein Äpfel-mit-Birnen-Vergleich. Einen – statistisch relevanteren – Vergleich der größten Städte in Österreich gibt es jedoch nicht, Stadteffekte der Armut würden über die Sozialstatistik daher nur für Wien explizit abgebildet bzw. ausgewiesen.
Also was nun? Ist Wien jetzt das Armenhaus Österreichs? Ein Blick auf eine von GfK ermittelte Studie zur Kaufkraft 2019 zeigt ein anderes Bild: unter den Top-10 bei der "Kaufkraft pro Einwohner" finden sich gleich sechs Wiener Bezirke. Ergänzt werden diese durch Gemeinden im Wiener Speckgürtel: Mödling, Korneuburg und dem Bezirk Tulln (mit Klosterneuburg).
Dass, wie ÖVP-Wien-Chef Blümel außerdem erklärte, Wiener "fürs Nichtstun bald mehr bekommen als Menschen in anderen Bundesländern fürs Arbeiten" lässt sich so nicht belegen: Die "monatliche Leistungshöhe pro Bedarfsgemeinschaft für Lebensunterhalt und Wohnen" war in Vorarlberg und Tirol deutlich höher als in Wien – neben der Mindestsicherung werden da Zuschüsse zum Beispiel fürs Wohnen und Heizen eingerechnet.
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