Experten zerlegen neues Gesetz gegen Kindesmissbrauch
Am Freitag ist die Begutachtungsfrist für das Maßnahmenpaket gegen Kindesmissbrauch zu Ende gegangen. Hintergrund: Nach dem Skandal um Schauspieler Florian Teichtmeister hatte sich die Bundesregierung rasch auf einen umfassenden Kinderschutzplan geeinigt. Teichtmeister hatte unzählige Dateien gehortet, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen.
Aber offensichtlich ging es etwas zu rasch, denn Experten haben den Entwurf von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) seziert.
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Was soll sich überhaupt ändern? Ein paar Punkte: In Sachen Strafverfolgung sollen laut Gesetzesentwurf bei Besitz von dargestelltem Kindesmissbrauch statt einem Jahr bis zu zwei Jahre Haft drohen. Wenn es sich um Darstellungen mit unmündigen Minderjährigen handelt, bis zu drei Jahre Haft. Um eine Ausweitung der Tätigkeitsverbote für bereits verurteilte Täter sicherzustellen, soll das bisherige Erfordernis der Tätigkeit oder Tätigkeitsabsicht zum Tatzeitpunkt wegfallen.
Doch Expertinnen wie Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes attestieren dem Gesetzesentwurf "mangelnden Sachverstand". Die Strafverschärfungen würden nicht nur pädophile Sexualstraftäter, sondern auch Kinder und Jugendliche kriminalisieren, kritisiert etwa der Verein Neustart - und nennt zwei Beispiele:
- Wenn eine 13-jährige und eine 14-jährige Person miteinander einvernehmlichen Geschlechtsverkehr haben, ist das nicht strafbar. Wenn die 13-jährige der 14-jährigen Person ein explizites Bild von sich überlässt, dann macht sich die 14-jährige Person wegen des Besitzes strafbar. War das bisher mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht, wird die Strafdrohung im Gesetzesentwurf auf 18 Monate erhöht.
- Zweites Beispiel: Der einvernehmliche Geschlechtsverkehr zwischen einer 17-jährigen und einer 23-jährigen Person ist nicht strafbar. Besitzt die 23-jährige Person ein explizites Bild der jüngeren Person, so ist das derzeit nicht strafbar, soll aber nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf künftig strafbar werden.
Was Neustart deshalb vorschlägt: Wenn Sexualkontakt zwischen zwei Menschen gesetzlich erlaubt ist, sollte auch Bildmaterial erstellt werden dürfen. Das Justizministerium will nun Änderungen prüfen.
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"Weiter verkompliziert"
Harte Kritik äußert auch die Präsidentin des Landesgerichts für Strafsachen Graz Caroline List, Frau des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek. Die Neufassung des Gesetzes sehe acht unterschiedliche Strafdrohungen vor, was "für den Rechtsanwender äußerst unübersichtlich" sei, befindet List in ihrer Stellungnahme. Zudem weist sie auf sprachliche Mängel hin.
Ebenfalls überarbeitet hat die Regierung die Regeln für Tätigkeitsverbote bereits verurteilter Täter. Das heißt: Es kommt ein flächendeckendes Berufsverbot für Kinderschänder in der Kinder- und Jugendarbeit. Dieses galt bisher nur, wenn Täter zum Tatbegehungszeitpunkt bereits mit Kindern gearbeitet haben.
Auch hier sieht List Mängel im Gesetzestext. Die Regierung schlägt eine Ausdehnung - neben Erwerbsarbeit oder einer sonstigen Tätigkeit in einem Verein oder in einer anderen Einrichtung - auf "vergleichbare Tätigkeiten" vor. List ist nicht klar, was diese "vergleichbaren Tätigkeiten" noch sein könnten.
Fazit der Expertin: Den Erläuterungen sei "keine wirkliche Begründung für die vorgeschlagenen Strafsatzerhöhungen und keine Darlegung kriminalpolitischer Ursachen für die vorgeschlagenen Änderungen zu entnehmen". Deshalb meint List, mit Verweis auf den Fall Teichtmeister: "Als Begründung ist bloß eine politische Willenserklärung nachzuvollziehen, die selbst auf einen Einzelfall zurückzuführen ist. Die schon bislang schwer verständliche und judizierbare Bestimmung wird in der vorgeschlagenen Fassung weiter verkompliziert."
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