Ex-Minister Bartenstein: "Die EU hat am falschen Platz gespart"

Ex-Minister Bartenstein: "Die EU hat am falschen Platz gespart"
Der Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister und erfolgreiche Pharmaunternehmer übt scharfe Kritik an der Angst der EU vor Impfstoff-Notfallzulassungen. Auch Versäumnisse der Regierung beklagt er.

Er kennt die Politik backstage ebenso gut wie die Pharmaindustrie: Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (67) ist seit vielen Jahrzehnten erfolgreicher Pharmaunternehmer. Im KURIER-Interview analysiert er die Fehler, die zum Impfchaos in der EU führten.

KURIER: Herr Bartenstein, sämtliche Impfstoffproduzenten reduzieren die Liefermengen an die EU. Wer trägt an dieser Misere Schuld ? Die EU oder die Impfstoffproduzenten?

Martin Bartenstein: Ich halte wenig vom Astra-Zeneca-Bashing der letzten Tage. Da versucht man in Brüssel mit Nebelgranaten offensichtlich, von eigenen Versäumnissen und dem Missmanagement der EU abzulenken. In Israel sind 50 von 100 Bürgern geimpft. Großbritannien liegt bei 12 von 100 Bürgern, die USA liegen bei sieben und Deutschland und Österreich bei zwei von 100. Das sind Tatsachen, die von der Europäischen Kommission nicht widerlegt werden können. Da sollte die Kommission vor der eigenen Tür kehren.

Wo wurden Fehler gemacht?

Man hat interessanterweise eine Direktorin aus dem Haus der Generaldirektion für Wettbewerb mit der Aufgabe betraut. Die können vieles, Impfstoffbeschaffung ist nicht ihre Kernkompetenz. Auch das ist nicht widerlegbar. Der Beschaffungsvorgang hinkt zwei bis drei Monate hinter dem der Engländer und Amerikaner nach. Wieso eigentlich? Während die Europäische Kommission in ein Corona-Hilfsprogramm 750 Milliarden Euro hineinsteckt, geht es bei der Impfstoffbeschaffung um rund einen Zehntel-Prozentpunkt davon, um eine, vielleicht um zwei Milliarden Euro, je nachdem, welchen Impfstoff man heranzieht. Hier hat die EU am falschen Platz gespart. Dieser Fehler der EU rächt sich jetzt.

Kommentare