Ex-Grüner Pilz überzeugte bei TV-Premiere mehr Zuschauer als Lunacek
Dort, wo vergangene Woche noch der 80er-Jahre-Hit "Never Gonna Give You Up" von Rick Astley zu hören war, versucht Peter Pilz seit gestern, Kandidaten anzuwerben und Spenden für seine Liste zu sammeln. Die Webdomain www.listepilz.at, die ein Scherzbold okkupiert hatte, hat der 63-jährige Steirer also schon zurückerobert.
Nächstes Ziel: Weiß- und Protestwähler, denn "niemand wird als Freiheitlicher geboren", so die Ansage des Ex-Grünen im Puls4-Sommergespräch – seinem ersten großen TV-Auftritt als Partei- bzw. Listenoberhaupt.
Schaden für Grüne und SPÖ?
Fünf Wochen ist es nun her, dass der Spitzenmandatar beim Grünen Bundeskongress abgewählt wurde. Seine Altpartei habe die Öffnung, die er gefordert hatte, nicht gewünscht. Die Sorgen der Menschen, etwa in der Flüchtlingskrise, hätte man nicht ernstgenommen, wiederholte Pilz seine Kritik.
Und zeigte gleich vor, wie das mit dem Zuhören funktioniert: „Ich nehme ihre Frage ernst“, sagte Pilz zu einem Mann aus dem Publikum, der wissen wollte, wie er denn Schwarz-Blau verhindern wolle. Mit seiner Kandidatur werde er ja den Grünen schaden, und auch der SPÖ, wenn er Arbeiter-Themen besetzt.
Ja, eine Neuauflage der „schwarz-blauen Korruptionsregierung“ dürfe es nicht geben. Er wolle Österreich in erster Linie mit seinem Programm verändern, erklärte Pilz.
Apropos Themen: Was kann Pilz eigentlich, mal abgesehen von seinem Steckenpferd Sicherheitspolitik? Profiliert hat sich der „Aufdecker der Nation“ in der Causa Eurofighter, zuletzt im Kampf gegen des Erdoğan-Netzwerk in Österreich. Themen, bei denen der linke Mitbegründer der Grün-Partei eher im rechten Polit-Spektrum agierte.
Also doch eine Partei
Erste Akzente will Pilz beim Thema Arbeit setzen: Er fordert eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden. Österreich liege im Schnitt weit darüber, und „für die Jungen bliebt keine Arbeit über“. In alter Tradition will er sich auch gegen Korruption und Steuerverschwendung einsetzen.
Steuergeld wird zwangsläufig auch für die Liste Pilz verwendet, denn die musste sich formal als Partei registrieren lassen. Also ist es doch wieder eine "Partei"?
Ein reiner "Formalakt", tat Pilz den Einwand von Puls4-Infochefin Corinna Milborn ab. Das Geld, das er an Parteienförderung bekommt, wolle er in eine Internetplattform für Bürger investieren. "Das kostet ja Geld", gab der Listen- bzw. Parteigründer zu bedenken und regte gleich eine Gesetzesänderung an: Die Parteienförderung solle nur noch für politische Aktionen und nicht mehr in den "Funktionärsapparat" der Parteien gesteckt werden.
Viel ist es nicht, dennoch hat Pilz die Grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek bei der OGM-Umfrage live im Studio abgehängt: 44 Prozent gaben an, Pilz habe sie inhaltlich überzeugt und 33 Prozent insgesamt. Bei Lunacek waren es insgesamt nur 27. Von den Grün-Wählern zeigten 42 Prozent ihre Zustimmung.
"Es wird schon besser werden"
„Ich arbeite so gut wie möglich, es wird schon besser werden“, sagte Pilz abschließend im Word-Rap. Ende der Woche soll die Liste für die Nationalratswahl stehen, bis dahin kann man sich noch über die Website bewerben.
Fest stehen aktuell erst wenige Namen. Darunter zwei alte Grün-Kollegen, Bruno Rossmann und Wolfgang Zinggl, die ihn mit ihren Unterschriften bei der Kandidatur unterstützt haben. Rossmann, 65, war bei der Öko-Partei Budget-Experte; Zinggl, 62, war Kultursprecher. Den Altersdurchschnitt senkt Daniela Holzinger-Vogtenhuber: Die 29-jährige Oberösterreicherin ist von der SPÖ zu Pilz übergelaufen. An prominenter Stelle soll noch der 57-jährige Rechtsanwalt und Medienrechtsexperte Alfred Noll kandidieren. Die Bereiche Gesundheit, Wissenschaft, Verkehr und Polizei sind noch offen.
Hinweis: Der Artikel wurde nach der TV-Diskussion aktualisiert
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