Ex-Außenministerin und Botschafterin Plassnik geht in Pension
"190 cm blonder Eigensinn" hat sie eine türkischen Zeitung 2005 genannt. Konsequenz und körperliche Größe kann man der glühenden Europäerin und früheren Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) nicht absprechen. So zeigte sie sich einst etwa angesichts der Kritik in einem österreichischen Medium an der "EU-Fanatikerin" mit einem T-Shirt mit Aufschrift "unbeeindruckt". Am 23. Mai wird sie 65. Sie gehe mit "Neugierde und Dankbarkeit" in Pension, sagte sie im Interview mit der APA.
Die ausgebildete Diplomatin war in ihrer Zeit als Außenministerin (2004 bis 2008) international durchaus angesehen, auch wenn die breite Öffentlichkeit in Österreich ihre Erfolge nicht immer so anerkannte. Dass sie die Sahara-Geiseln nach deren monatelangen Gefangenschaft persönlich heimholte, gilt als einer ihrer größten Prestige-Erfolge.
Viel Aufsehen erregte sie, als sie 2005 bei ihren EU-Amtskollegen durchsetzte, dass die Beitrittsgespräche mit der Türkei "ergebnisoffen" geführt werden. Ihr britischer Amtskollege Jack Straw wollte ihr dafür die "Tapferkeitsmedaille" verleihen. Ihre Standhaftigkeit hatte aber auch ein persönliches Nachspiel: 2011 legte sich die Türkei gegen Plassniks Kandidatur für das Amt des OSZE-Generalsekretärs quer.
Plassnik gilt als glühende Europäerin. Sie sparte nicht an Kosten, als es darum ging, das Außenministerium in Ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten umzubenennen. Durch Kennzeichnung von durch die Union ermöglichten Projekten wollte sie Bewusstsein schaffen, dass Europa auch für die Österreicher so einiges tut.
Im November 2008 trat sie aus Unzufriedenheit über den zwischen der SPÖ und ÖVP vereinbarten EU-Kompromiss zurück. Sie hatte sich in den Regierungsverhandlungen zum rotschwarzen Kabinett von Werner Faymann vergeblich bemüht, die SPÖ von der Forderung nach Volksabstimmungen über wichtige EU-Verträge abzubringen.
Plassnik wechselte als ÖVP-Abgeordnete in den Nationalrat. Ende 2011 wurde sie österreichische Botschafterin in Paris, 2016 übernahm sie die Botschaft in Bern. Die 1956 in Klagenfurt geborene Juristin war ab 1980 in verschiedenen Funktionen für das Außenministerium tätig. 1997 wurde sie Kabinettschefin des Vizekanzlers und späteren Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel (ÖVP). Das blieb sie auch bis Anfang 2004, obwohl sie der ÖVP-FPÖ-Koalition sehr skeptisch gegenüber gestanden sein soll. Nach einem kurzen Wechsel als österreichische Botschafterin in der Schweiz wurde sie am 20. Oktober 2004 als Außenministerin der Regierung Schüssel angelobt. Und sie erfüllte auch in der Regierung von Alfred Gusenbauer (SPÖ) diese Funktion. Ihr damaliger Pressesprecher ist ihr heutiger Nachfolger Alexander Schallenberg (ÖVP).
Bei politischen Mitbewerbern, Journalisten und auch ihren Untergebenen galt die gebürtige Kärntnerin als schwierig. Plassnik trat oft unterkühlt auf und hatte wie ihr Förderer Schüssel kein einfaches Verhältnis zu den Medien. Auch die Schweizer Medien hatten manchmal ihre Not mit ihren Formulierungen. Für viel Kritik sorgte etwa, als die Diplomatin sich angeblich genervt darüber zeigte, dass die Schweizer so viel Wert auf ihre Einzigartigkeit legen würden. Nur: Laut Plassnik wurden ihre Aussagen in den Medien falsch widergegeben.
Auch Klatschspalten sind nicht das ihre, ihr Privatleben hält Plassnik diskret. Gesehen wurde sich höchstens bei Kultur-Events. Als Leidenschaft gilt das Sammeln von Converse-Turnschuhen und ein manchmal mutiges Mode-Statement.
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