EVP-Chef Weber legt Orbán die Daumenschrauben an

Das Europäische Parlament droht Ungarn mit einem strengen EU-Rechtsstaatsverfahren.

Manfred Weber drückt aufs Tempo: Am Mittwoch gab er bekannt, dass er als Spitzenkandidat für die Europäische Volkspartei (EVP) bei der EU-Wahl ins Rennen gehen wird. Am Donnerstag präsentierte er bei der Fraktionssitzung der EVP die Eckpunkte seines Wahlprogrammes.

„Fairness am Kontinent“ lautet die Devise, und sie richtet sich an die breite Mitte. „Menschen, die sich in der digitalen Welt verlassen fühlen, wollen wir mitnehmen.“ Weber verlangt, das „europäische Sozialmodell abzusichern und die Arbeitnehmerrechte sowie die Gewerkschaften zu stärken“. Dafür holte sich Weber auch die Unterstützung von Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Eine andere Stoßrichtung der EVP ist der Kampf gegen „Extremismus und Populismus“. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas warnt davor, Populisten „in die die Falle zu gehen“.

Aber wie hält es die EVP mit Rechtspopulisten in ihren eigenen Reihen, etwa mit Ungarns Ministerpräsident und Viktor Orbán und seiner Fidesz-Partei? Diese Frage überschattete das EVP-Treffen in Wien.

Bruch von EU-Werten

Orbán verhält sich seit Jahren nicht EU-konform. Er lehnt die Verteilung von Flüchtlingen strikt ab, schränkt die Wissenschafts- und Pressefreiheit ein und bekennt sich zur illiberalen Demokratie (autoritäre Art repräsentativer Demokratie). Das alles widerspricht EU-Werten.

Die Waffe, die die EU gegen permanente Rechtsverletzungen eines Landes hat, ist das Artikel-7-Verfahren, das bis zum Entzug der Stimmrechte führen kann.

Am Mittwoch stimmen die EU-Abgeordneten darüber ab, ob das Verfahren gegen Ungarn wegen politischer Einflussnahme auf die Justiz, Korruption, Repression gegen NGOs und Verstöße gegen die Unabhängigkeit der Medien eingeleitet wird.

Weber und Karas sprachen sich für die Aufnahme des Verfahrens aus. Ob die Zweidrittelmehrheit dafür zustande kommt, ist offen.

Zuvor, am Dienstagnachmittag tritt Orbán im Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg auf und wird befragt werden. Die angesehene EVP-Abgeordnete und Ex-Vizepräsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding, hat sich kürzlich im KURIER-Interview für einen Ausschluss Orbáns ausgesprochen. Die Antwort von Weber ist nicht eindeutig: „Bei Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit kann es keinen Rabatt geben.“

Vom Auftritt Orbáns im Parlament wird abhängen, wie die EVP weiter verfahren wird. Die Haltung der EVP gegenüber dem Fidesz-Chef ist ambivalent. Immer wenn es bisher Drohungen gab, ruderte er zurück und machte Zugeständnisse. EVP-intern geht man auch diesmal wieder davon aus, Orbán nicht auszuschließen. „Vor der EU-Wahl wäre das taktisch nicht klug“, sagte ein EVP-Insider.

Margaretha Kopeinig

EU-Politiker Karas für Sanktionen gegen Ungarn

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