EuGH kippt Mindestsicherung in Oberösterreich

EuGH kippt Mindestsicherung in Oberösterreich
Schuss vor den Bug der Bundesregierung: Benachteiligung von Asylberechtigten ist nicht mit EU-Recht vereinbar.

Eine Woche bevor die Bundesregierung ihre Reform der Mindestsicheurng präsentieren will, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die oberösterreichische Regelung mit Kürzungen für befristete Asylberechtigte gekippt. In dem Urteil vom Mittwoch heißt es, dass das EU-Recht einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, Flüchtlingen mit befristetem Aufenthaltsrecht geringere Sozialhilfeleistungen zu geben als österreichischen Staatsangehörigen.

Seit Juli 2016 erhalten in Oberösterreich subsidiär Schutzberechtigte und befristet Asylberechtigte einen deutlich niedrigeren Mindestsicherungs-Satz als dauerhaft Asylberechtigte, die hier österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Eine von dieser Regelung betroffene afghanische Familie hat dagegen Beschwerde eingereicht, ihr Anwalt argumentiert, dass die oberösterreichische Rechtslage europarechtswidrig sei.

Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) wandte sich diesbezüglich an den EuGH. Dieser sollte klären, ob laut EU-Richtlinie befristet Asylberechtigte so zu behandeln sind wie subsidiär Schutzberechtigte oder wie Personen mit dauerhaftem Asylstatus bzw. österreichische Staatsbürger.

Die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich sah in der Kürzung der Mindestsicherung für befristete Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte einen wesentlichen Beitrag, die Attraktivität ihres Bundeslandes als Zielgebiet für Flüchtlinge zu senken und das Sozialsystem vor Überforderung zu schützen. In einer gemeinsamen Aussendung teilten ÖVP und FPÖ nun mit, dass sie weiterhin auf eine Reform der Bestimmungen drängen würden und auf eine Bundeseite Regelung setzen. Die beiden Parteien wollen das Urteil des EuGH genau analysieren und verweisen darauf, dass sich auch die Verfassungsjuristen der Republik Österreich in ihrer Stellungnahme an den EuGH eindeutig für das oberösterreichische Modell ausgesprochen hätten.

SPÖ kritisiert Bundesregierung

Ganz anders sieht das der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer. Er kritisierte am Mittwoch die Asylpolitik von ÖVP und FPÖ als unmenschlich und europarechtswidrig. Das EuGH-Urteil bedeute, dass Oberösterreich beim Thema Mindestsicherung zurück an den Start geschickt worden sei. "Die rechtliche Situation ist jetzt glasklar, die schwarz-blaue Landesregierung muss das Urteil sofort umsetzen und darf nicht in populistisches EU-Bashing verfallen", sagte er.   Es müsse den Verantwortlichen von Beginn an klar gewesen sein, dass eine solche Regelung nicht standhalte. Aber statt tatsächlicher Lösungen setzten ÖVP und FPÖ auf Symbolpolitik und Schikane der Schwächsten, bemängelte der SPÖ-Mandatar.

Auch die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) hat sich nun einmal mehr an die Bundesregierung gewandt: "Oberösterreich ist genauso auf dem Holzweg, wie auch Niederösterreich es war. Ich appelliere daher an die Bundesregierung, die steirische Lösung für ganz Österreich umzusetzen." Und weiter: "Wir handeln mit Augenmaß. Das steirische Modell ist menschlich und rechtlich abgesichert." Mehr als 3.000 Menschen hätten in der Grünen Mark aus der Mindestsicherung heraus den Weg ins Arbeitsleben geschafft. Daher würden die Kosten für das Landesbudget auch deutlich sinken. Darüber hinaus wurden dort, wo es Missstände gab, Sanktionen verhängt.

Die Mindestsicherung in den anderen Bundesländern

Wien

In Wien wurden trotz der neuen Regelung der Mindestsicherung keine weitreichende Eingriffe vorgenommen: Eine generelle Kürzung gab es  nicht, auch keine Unterscheidung zwischen Zuwanderern und Staatsbürgern. Die maximale Höhe für einen alleinstehenden Bezieher liegt bei 844 Euro monatlich. Verschärft wurden allerdings die Bedingungen, um diese Summe auch in dieser Höhe überwiesen zu bekommen: Wer AMS-Kurse nicht besucht oder Beschäftigungsangebote ablehnt, muss im rot-grünen Wien nun mit Kürzungen rechnen. In Kraft trat die neue Regelung im Februar 2018.

Burgenland

Obwohl im Burgenland mit  Hans Niessl ebenfalls ein Sozialdemokrat an der Spitze des Landes steht, geht man mit Mindestsicherungsbeziehern deutlich härter um als in Wien. Die rot-blaue Koalition einigte sich darauf, einen "Deckel" für Familien bei 1.500 Euro pro Monat einzuführen und die Mindestsicherung für Zuwanderer zu kürzen. Für diese gilt eine fünfjährige Wartefrist. In dieser Zeitspanne bekommen Nicht-Österreicher nur 584 Euro pro Monat - statt der grundsätzlich vorgesehenen 838 Euro.

Niederösterich

Niederösterreich war das erste Bundesland, das die Bezüge kürzte. Zwei entscheidende Punkte verloren allerdings nur 14 Monaten später wieder ihre Gültigkeit:  Die Deckelung von 1500 Euro pro Haushalts- und Wohngemeinschaft sowie eine an Auflagen geknüpfte Wartefrist für Menschen, die sich innerhalb der vergangenen sechs Jahre weniger als fünf Jahre in Österreich aufgehalten hatten, wurde vom Verfassungsgerichtshof im März 2018 gekippt.

Oberösterreich

Die Mindestsicherung für befristet Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte wurde in Oberösterreich 2016 gekürzt. Inklusive Integrationsbonus bekommen Flüchtlinge hier 520 Euro monatlich. Wer den Integrationsbonus haben will, muss eine Vereinbarung unterzeichnen, die Deutsch-Kurse und Werteschulungen beinhaltet. Ein Jahr später wurde sie zudem generell auf 1.512 Euro pro Haushalt gedeckelt. Die Kürzung für befristet Asylberechtigte wurde vom Europäischen Gerichtshof nun aufgehoben, den "Deckel" für Familien prüft aktuell der Verfassungsgerichtshof.

Kärnten

Im SPÖ-regierten Bundesland wurde bisher nicht gekürzt, die Obergrenze von 844 Euro pro Monat gilt für alle Bezieher der Mindestsicherung.

Steiermark

Bei den steirischen Nachbarn wurde zwar nicht massiv eingegriffen, dennoch bekommen Zuwanderer hier weniger Geld als einheimische Bezieher der Mindestsicherung. Statt der üblichen 837 Euro pro Monat beziehen Zuwanderer in der Steiermark eine sogenannte "Integrationshilfe" über 628 Euro pro Monat. Einen Deckel für Familienbezüge gibt es nicht, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sprach sich in der Vergangenheit mehrmals dagegen aus.

Tirol und Vorarlberg

Die beiden westlichsten Bundesländer teilen sich ein Mindestsicherungs-Modell: Ein Deckel kommt darin nicht vor, allerdings wurde eine Kürzung für Bezieher in Wohngemeinschaften vorgenommen. Dies soll auch und vor allem Flüchtlinge treffen. Wer in einer Wohngemeinschaft lebt, bekommt in Tirol und Vorarlberg nur 473 statt der üblichen 633 Euro pro Monat.

Salzburg

Im von der ÖVP und den Grünen regierten Salzburg scheiterten bisher die Kürzungsversuche. Inklusive Wohnkosten-Zuschuss können Alleinstehende in Salzburg rund 1000 Euro an Mindestsicherung erhalten.

 

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