EU-Wahl: Othmar Karas macht’s Sebastian Kurz nicht leicht
Leicht wird es nicht werden, dass Sebastian Kurz und Othmar Karas auf einen gemeinsamen Nenner kommen.
Bekanntlich soll Karas die ÖVP als Spitzenkandidat am 26. Mai in die EU-Wahl und zu einem rauschenden Sieg führen. Dem Vernehmen nach will ihm der Kanzler seine eigene türkise Wahlkampfmaschinerie zur Verfügung stellen, seine Berater, seine Strategen, sein gesamtes, perfekt eingespieltes Kampfteam.
Mehr noch: Auch Krach mit dem freiheitlichen Regierungspartner will der Kanzler für ein gutes EU-Wahlergebnis in Kauf nehmen; ein koalitionäres Harmonie-Moratorium, damit Karas seine pro-europäischen Positionen im Kontrast zu den euroskeptischen Vilimsky-Blauen darstellen kann.
Mäkeln am Kanzler
Die Entscheidung, ob Karas tatsächlich für die ÖVP kandidieren wird, soll über Weihnachten fallen. Aber Karas macht es seiner Partei nicht leicht. Egal bei welchem Thema, Karas reiht sich immer öfter unter die Kritiker der Bundesregierung. Und dabei geht’s nicht nur gegen die FPÖ, sondern gegen Türkis-Blau als Ganzes. Zuletzt mäkelte Karas sogar an der EU-Vorsitzführung des Bundeskanzlers herum. Sie sei zwar „technisch gut gelaufen“, aber „zu sehr als innenpolitisches Projekt“ angelegt gewesen. Österreich habe die Ratspräsidentschaft „überhöht“.
Jetzt muss Kritik am Kanzler selbstverständlich erlaubt sein – aber die Frage stellt sich: Wie soll sich das ausgehen? Die EU-Wahl ist eine reine Mobilisierungswahl, und Sebastian Kurz hat unter ÖVP-Wählern und ÖVP-Funktionären sehr viele Fans. Wie sollen diese mobilisiert werden, wenn der eigene EU-Spitzenkandidat die Stimmung zusammenhaut? Wie soll das türkise Kurz-Team Karas unterstützen, wenn Karas Kurz konterkariert?
Zweifel in Ländern
Solche Fragen stellen sich inzwischen auch einige Landesorganisationen der ÖVP. Dort heißt es: Karas habe zwar einen Fanclub, ein Segment glühender Europäer. Aber erfolgreich mobilisieren könne man nur in der gesamten Breite.
Inzwischen werden in der ÖVP auch Alternativen zu Karas gewälzt. Der Platz 1 bei der EU-Wahl ist aus Sicht der ÖVP nicht wirklich gefährdet. Den müsste sie mit einer anderen attraktiven Spitzenkandidatin – Elisabeth Köstinger? – ebenso erringen können. Und die Gefahr, dass Karas aus Groll, wenn er nicht aufgestellt wird, eine eigene Liste gründet, sieht man gebannt: Um Strukturen für eine neue Liste aufzubauen, sei die Zeit bis Mai bereits zu kurz.
Neos nehmen Gamon
Auch bei den Neos – Karas möglicher Ausweich-Partei – sind die Würfel inzwischen gefallen: Dort wird Claudia Gamon am 4. Jänner zur Spitzenkandidatin gewählt. Sollte Karas zu den Liberalen wechseln, müsste er sich mit der zweiten Reihe zufriedengeben.
Auf einem hinteren Platz könnte Karas in der ÖVP auch kandidieren. Er könnte einen Vorzugsstimmenwahlkampf machen und durch die Wähler seine Unabhängigkeit absichern. Auch ein solches Szenario kursiert in der ÖVP.
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