Trotz schlechter Umfragen: Wöginger erwartet ÖVP-Sieg bei EU- und Nationalratswahl
ÖVP-Klubobmann August Wöginger glaubt trotz schlechter Umfragewerte daran, dass die ÖVP bei den beiden wichtigsten Wahlen des Jahres die FPÖ noch überholen kann.
Obwohl man den Wahlkampfmodus bereits spürt, verspricht ÖVP-Klubobmann August Wöginger noch einige Beschlüsse im Parlament. So soll ein weiteres Paket für die Pflege verabschiedet werden. Im Interview mit dem KURIER stellt er auch fest, dass der Begriff "christlich-sozial" nur für die Volkspartei gelten kann.
KURIER: Herr Klubobmann, sind Sie bereits im Wahlkampfmodus?
August Wöginger: Wir stehen zwei Wochen vor der EU-Wahl und natürlich sind wir im Land unterwegs, um für die Volkspartei zu werben, damit wir die vernünftigen Kräfte nach Europa schicken.
Meine Frage hatte aber mehr auf die Nationalratswahl Ende September abgezielt?
Aber jetzt ist erst einmal die EU-Wahl.
Man hat dennoch das Gefühl, dass parteipolitisch schon alles auf den Herbst ausgerichtet ist. Man muss nur die jüngste Parlamentsdebatte hernehmen.
Natürlich ist 2024 ein Intensivwahljahr, keine Frage. Aber als Bundesregierung arbeiten wir sukzessive unsere Themenbereiche ab. Wir haben kürzlich ein Landwirtschaftspaket auf den Weg gebracht, das extrem wichtig für die Bäuerinnen und Bauern ist. Wir arbeiten auch noch in der Pflege an verschiedenen Gesetzesmaterien. Eines muss man immer wieder betonen: Diese Regierung hat fünf Jahre voll durchgearbeitet.
Es sind bis zum Sommer im Parlament also noch Entscheidungen zu erwarten?
Wir beweisen es bei allen Sitzungen, dass wir Gesetzesmaterien abarbeiten. Das werden wir auch bis zum Schluss tun.
Was sind die wichtigsten Themen, die man noch bis zum Sommer erledigt haben will?
Wir arbeiten noch am Paket für die Pflege. Das ist mittlerweile das dritte derartige Paket, weil den Menschen zu Recht Soziales und Pflege sehr wichtige Anliegen sind. Keine Regierung zuvor hat in einer Legislaturperiode so viele Maßnahmen im Bereich der Pflege gesetzt wie diese Bundesregierung. Es gibt auch noch weitere Vorhaben.
Aber ein Klimaschutzgesetz wird es nicht mehr geben? Wird es überhaupt noch diskutiert?
Es wird vieles diskutiert. Die Grundlage ist das Regierungsprogramm oder die aktuelle Lage. Österreich steht ja nach wie vor gut da. Auch wenn man immer sagen kann, das eine oder andere hätte besser gemacht werden können: Insgesamt haben wir das Land gut durch diese herausfordernde Zeit gebracht.
Dennoch trifft man derzeit auf sehr viel Unzufriedenheit. Sie sind viel in ganz Österreich unterwegs. Warum ist die Stimmung eher negativ?
Ich merke bei meinen Veranstaltungen, dass man den Menschen immer wieder sagen muss, was diese Regierung für die Bürgerinnen und Bürger gemacht hat. Viele wissen das gar nicht: Wir haben Steuern gesenkt, die Kalte Progression abgeschafft, Sozialleistungen erhöht, Familienleistungen valorisiert, den Klimabonus eingeführt, um nur einiges aufzuzählen. Das ist den Menschen als Gesamtes gar nicht so bewusst. Daher bin ich auch im ganzen Land unterwegs, um immer wieder darauf hinzuweisen. Selbst bei den eigenen Funktionären bringt diese Information dann oft einen gewissen Aha-Effekt.
Sie orten nicht, dass Wählerinnen und Wähler vielleicht undankbar sind?
Nein, natürlich nicht. Es geht immer darum, was bei den Menschen ankommt. Das ist für die Kommunikation eine große Herausforderung.
Ein Thema, das aktuell immer wieder diskutiert wird, ist die Frage, wie sehr die Menschen in Österreich von Armut betroffen sind. Darauf verweist SPÖ-Chef Babler, zuletzt at die Armutskonferenz Alarm geschlagen. Wie sehen Sie das?
Es gibt sicher Menschen in Österreich, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben können. Das hat es vor dieser Krisensituation gegeben, das gibt es auch jetzt. Wir haben als Bundesregierung wirklich alles getan, um jene, denen es weniger gut geht, noch mehr zu unterstützen als alle anderen. Wir haben beispielsweise die Familien- und Sozialleistungen stark angehoben. Aber eines verstehe ich nicht: Dass wir diskutieren, dass man sich das Essen für die Kinder nicht leisten kann. Da mag es natürlich auch tragische Einzelfälle geben, aber das ist Gott-sei-Dank kein großes Phänomen in Österreich.
Wie funktioniert derzeit die Zusammenarbeit mit den Grünen?
Sie funktioniert nach wie vor gut. Wir haben noch immer eine gute Gesprächsbasis.
Und wie sehen Sie als Koalitionspartner die derzeitigen Turbulenzen bei den Grünen rund um die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling?
Das ist Angelegenheit der Grünen, da mischen wir uns nicht ein.
Bleiben wir beim Superwahljahr. Mit welcher Zuversicht sind Sie in dieses Jahr 2024 gegangen?
Wichtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass die extremen Ränder keine gute Zukunft für das Land und die Menschen bedeuten. Wir haben auf einmal eine KPÖ, die Zuwächse hat. Wir haben eine rechtsextreme FPÖ, die sich nicht einmal von der deutschen AfD distanziert. Dabei hat sich sogar Marine Le Pen, die bekanntlich ja keine Linke ist, von dieser Partei distanziert, weil es dort unfassbare und schwer verurteilenswerte SS-Aussagen gibt. Diese Distanz gibt es unverständlicherweise bei Herbert Kickl ganz einfach nicht. Angesichts dieser extremen Ränder bin ich davon überzeugt, dass die Wählerinnen und Wähler erkennen, dass es die vernünftige Mitte braucht, die auch ausgleichen kann. Und das ist einzig und allein die Volkspartei mit Karl Nehammer an der Spitze.
Sie haben bewusst das Wort „rechtsextrem“ für Herbert Kickl und die FPÖ verwendet?
Aus meiner Sicht ist das rechtsextrem.
In dieser Skala der Ränder und der Mitte, wo verorten Sie da die SPÖ?
Eindeutig auf der linken Seite. Wenn sich der Herr Andreas Babler selber als Marxist bezeichnet und mit seinen Forderungen die kommunistische Mottenkiste auspackt, dann ist das eine linke Politik, die dem Land und den Menschen nicht helfen wird.
Er hat sich aber auch als christlich-sozial bezeichnet?
Da ist er weit entfernt davon. Christlich-sozial sind wir und sonst niemand.
Im Hinblick auf die Nationalratswahl: Wie gut ist das Gesprächsklima unter den Parteien im Parlament – abseits vom Wahlkampf? Vor allem mit der FPÖ?
Unter den Abgeordneten gibt es das schon. Ich habe zum Beispiel mit meinem FPÖ-Bezirksparteiobmann in Oberösterreich ein gutes Verhältnis, der auch Nationalratsabgeordneter ist. Wir haben eine funktionierende Gesprächsbasis zur SPÖ, vor allem zu Philip Kucher. Bei der SPÖ fragt man allerdings immer, wer dort das Sagen hat. Auch mit den Neos funktioniert es. Mit Herbert Kickl ist das allerdings nicht gegeben.
Obwohl er als Klubobmann der FPÖ eigentlich der direkte Ansprechpartner für Sie ist.
Es gibt aber wenig Möglichkeiten, mit ihm zu reden, außer im Plenarsaal, wo er auch nur selten ist. Man trifft ihn ja nirgendwo. Er hält sich ja nur unter Gleichgesinnten auf und ist bei keinen anderen Veranstaltungen zu finden. Und zu seinen Veranstaltungen darf man bekanntlich ja nicht hinein, sonst wird man in den Schwitzkasten genommen.
Am 9. Juni ist die Europawahl. Angesichts des sehr guten Ergebnisses vor fünf Jahren kann die ÖVP nur ein Minus einfangen. Was wäre für Sie am Wahltag ein Erfolg?
Den ersten Platz zu verteidigen ist unser Ziel. Das ist auch machbar. Das streben wir an.
"Nehammer ist unumstritten"
Es tauchen immer wieder Diskussionen auf, dass die Situation für Kanzler und Parteiobmann Karl Nehammer als Spitzenkandidat für die Nationalratswahl schwierig werden könnte, wenn die Wahl am 9. Juni daneben geht.
Karl Nehammer ist ein Parteiobmann, der von allen neun Landesparteiobleuten und allen bündischen Obleuten unterstützt wird. Er ist völlig unumstritten in der Partei.
Wenn es um die Sonntagsfragen im Vorfeld der Nationalratswahl geht: Wie genau schauen Sie auf Meinungsumfragen? Da liegt die ÖVP ja weit hinter der FPÖ.
Für mich sind Umfragen wie Parfum. Man soll daran schnuppern, man soll es aber nicht trinken. Wir werden derzeit von zahlreichen Instituten mit Umfragen fast zugeschüttet. Das ist alles ok. Es kommt aber darauf an, was die Menschen am Wahltag tatsächlich tun. Und da bin ich der Meinung, dass die vernünftige Mitte wirklich eine Chance hat, den Platz eins zu erringen. Und diese vernünftige Mitte sind wir.
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