EU-Wahl: Ludwig stemmte sich erfolgreich gegen SPÖ-Trend
Aus roter Sicht war es immerhin ein kleiner Lichtblick an einem ansonsten deprimierenden Wahlabend: Mit 30,3 Prozent und einem leichten Plus von 2,7 Prozentpunkten konnte die SPÖ in Wien entgegen dem ernüchternden Bundestrend zumindest einen Achtungserfolg erzielen. „In Wien zeigt sich die volle Stärke der Sozialdemokratie“, fasste es SP-Bürgermeister Michael Ludwig am Wahlabend selbstbewusst zusammen.
Erste Analysen zeigen, dass die Roten vor allem Stimmen aus dem Nichtwähler-Lager gewinnen konnten: Immerhin 45 Prozent der SPÖ-Stimmen in Wien kamen von Wahlberechtigten, die vor fünf Jahren zu Hause geblieben waren.
„Das Wiener Ergebnis zeigt, was für die SPÖ auf Bundesebene bei dieser Wahl möglich gewesen wäre“, ist Politik-Berater Thomas Hofer überzeugt.
Stärkung für Ludwig
Für Michael Ludwig war es die erste Wahl seit seiner Kür zum Bürgermeister und Landesparteichef 2018. „Vor allem im Vergleich zu Hans Peter Doskozil (Ludwigs Amtskollege im Burgenland, Anm.) kann er parteiintern auf ein durchaus herzeigbares Ergebnis verweisen. Auch wenn es angesichts der jüngsten Vorgänge in der FPÖ viel zu wenig ist“, betont der Experte gegenüber dem KURIER. Vor der Wien-Wahl, die höchstwahrscheinlich wie geplant im Herbst 2020 stattfindet, brauche sich Ludwig – nach derzeitigem Stand – aber nicht zu fürchten. „Eine türkis-blaue Mehrheit in Wien ist nicht in Sicht“, sagt Hofer.
Außerdem werde Ludwig jetzt noch mehr an Einfluss in der krisengeschüttelten Bundespartei gewinnen, was ihm wiederum auf Wiener Ebene helfen werde.
Grüner Pyrrhussieg?
Nicht überbewerten will Hofer das Ergebnis der Grünen in Hinblick auf die Wien-Wahl (20,8%, -0,1%). „Die Grünen sind in Wien nicht gut aufgestellt. Die Spitzenkandidatin Birgit Hebein war zuletzt in der Öffentlichkeit überhaupt nicht präsent“, sagt der Experte.
Noch schlechter aufgestellt seien laut Hofer zurzeit wohl nur die Wiener Blauen (14,4%). Sie hat der Ibiza-Skandal besonders hart getroffen: Mit dem Abgang von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus verloren sie ihre beiden Frontmänner. Insofern ist das Minus von 3,8 Prozentpunkten fast als schmeichelhaft zu betrachten.
Die Wiener Freiheitlichen werden nun vom weithin unbekannten Vizebürgermeister Dominik Nepp geführt. „Die FPÖ wird die 30 Prozent von 2015 bei der Wien-Wahl nicht annähernd erreichen“, ist Thomas Hofer überzeugt.
Starke türkise Gewinne
Die FPÖ verliert in Wien vor allem an die ÖVP, wie auch deren Ergebnis am Sonntag gezeigt hat (21,4 %, +4,8%). Die Türkisen waren auch in Wien der klare Wahlsieger und konnten die Grünen und die FPÖ überholen.
Aber auch die Neos, die nur marginal zulegen konnten, sind laut Wählerstromanalysen in Wien sehr stark in Richtung ÖVP ausgeronnen. Ein Drittel ihrer Wähler von 2014 stimmten diesmal für Türkis.
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