Kerns Aufstieg zum EU-weiten SPE-Spitzenmann bleibt fraglich
Den Zustand der Europäischen Sozialdemokraten kann man mit den Worten von Rainer Maria Rilke beschreiben. In seinem Gedicht „Requiem“ (1908) heißt es: „Die großen Worte aus den Zeiten, da Geschehn noch sichtbar war, sind nicht für uns. Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles.“ – Der Sozialdemokratischen Partei Europas ( SPE) werden bei der EU-Wahl 2019 herbe Verluste prognostiziert.
Der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern kündigte an, als EU-weiter Spitzenkandidat der SPE antreten zu wollen. Von 1. bis 18. Oktober läuft die Bewerbungsfrist. In den vergangenen Tagen hat Kern aber sein Ansinnen relativiert: In der ZiB2 sagte er, dass es ihm nicht darum gehe, „unbedingt Spitzenkandidat zu sein“, sondern die richtigen Diskussionen zu führen.
Europa-Abgeordnete und sozialdemokratische Politiker in verschiedenen EU-Staaten gehen derzeit nicht davon aus, dass Kern SPE-Spitzenkandidat wird. Seine Sprunghaftigkeit fällt selbst in Brüssel auf, viele rote Parteiführer sind verwundert, dass er niemanden von seinen Plänen informiert hat.
In Brüssel häufen sich die Hinweise, dass der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, antreten wird. Auch der französische Währungskommissar Pierre Moscovici sowie Spaniens Ex-Premier José Luis Rodríguez Zapatero haben ebenfalls Interesse angekündigt. „Alle halten sich in Deckung, die Bewerbungen werden erst knapp vor dem 18. Oktober eingehen. Aber Timmermans ist eine wichtige Figur und spielt ein große Rolle“, sagt ein SPE-Insider.
Die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament organisiert am 11. Oktober die Konferenz „Rule-of-Law“ in Wien. Kern will teilnehmen, Timmermans hält sein Kommen noch offen. Am Wochenende kam es bereits zu einer kurzen Begegnung zwischen Kern und Timmermans bei einem internationalen Treffen in Kanada. Kerns Sprecher antworte nicht auf die KURIER-Anfrage, ob es dabei um eine Absprache bezüglich einer SPE-Kandidatur ging.
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