Das Problem: Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat vor wenigen Tagen verkündet, dass der Sideletter hinfällig ist. Die Grünen führen nun im Hintergrund laut KURIER-Informationen wiederum Klimaschutzministerin Leonore Gewessler als Kommissarin ins Treffen. Aus Lesart der ÖVP ein Affront: Dort vermutet man, dass die Grünen bisher einfach keine Person für den EuGH aufstellen konnten, die eine ähnlich gute Qualifikation vorweisen kann wie Österreichs bisheriger Richter Andreas Kumin.
Unabhängig vom Sideletter ist es schwierig zu erklären, warum ausgerechnet die ÖVP mit einem Minus von zehn Prozentpunkten bei der EU-Wahl Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Kandidaten vorschlagen sollte.
SPÖ-Landeschef schickt Peschorn ins Rennen
Wer könnten die Alternativen zu Brunner sein? Oberösterreichs SPÖ-Vorsitzender Michael Lindner brachte am Dienstag einen völlig neuen Namen ins Spiel: Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur und vor rund fünf Jahren Innenminister in der Expertenregierung von Brigitte Bierlein. „Diese Bundesregierung ist seit Sonntag de facto abgewählt“, sagte Lindner. Türkis-Grün stehe es nicht mehr zu, einen Kommissar zu nominieren.
Ganz ähnlich argumentiert die FPÖ, die nach dem Sieg bei der EU-Wahl wiederum ihrerseits Anspruch auf den Posten erhebt. Generalsekretär Christian Hafenecker sprach sich dabei für die blaue Mandatarin Susanne Fürst als „Remigrationskommissarin“ aus. Ein Kommissar, der sich um die Rückführung von Migranten kümmert, ist auf EU-Ebene übrigens nicht vorgesehen.
Karas keine Alternative
Was die ÖVP jedenfalls vermeiden will, ist ein „Postengeschachere“ vor der Nationalratswahl. Und: Das Kanzleramt arbeitet dem Vernehmen nach weiterhin daran, Brunner durchzuboxen.
Ein anderer Name, für den sich Neos und Grünen-Delegationsleiter Thomas Waitz ausgesprochen haben, ist für das Kanzleramt wohl definitiv keine Alternative: Othmar Karas (ÖVP). Qualifiziert wäre Karas als Vizepräsident des Europäischen Parlaments allemal. Doch das Tischtuch mit der ÖVP ist zerschnitten. Karas hatte im Herbst angekündigt, nicht mehr bei der EU-Wahl kandidieren zu wollen – und mit der Partei abgerechnet.
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