Es ist Zeit für ein "Europa zuerst"
Die künftige EU-Chefin Ursula von der Leyen wird im Hauptgebäude der Kommission künftig nicht nur arbeiten, sondern ein paar Meter nebenan in einer bescheidenen Kemenate auch wohnen. Von der Leyen wird die EU also im Feldbett-Modus dirigieren.
Das entspricht der Lage. Denn die Union befindet sich in einer Krise. Aktuell verschärft wird diese Krise – wenig überraschend – durch Donald Trump und Boris Johnson. Der US-Präsident ruft Strafzölle gegen EU-Importe aus, und der für den 31. Oktober geplante No-Deal-Brexit rückt dank Johnson in realpolitische Nähe.
Will die EU eine ihrer schwersten Krisen bewältigen, müssen ihre Eliten jetzt Leadership zeigen. Ein erster Schritt wäre es, den Brexit – auch ohne Abkommen – endlich zu vollziehen. Eine weitere Verschiebung würde die Unsicherheit in der Wirtschaft und an den Börsen vor dem Hintergrund einer drohenden Rezession zusätzlich befeuern.
Und Trump? Seiner "America First"-Politik kann man nur mit einer industriepolitischen Langfrist-Strategie begegnen. Denn Europa hat in vielen Bereichen noch immer einen technologischen Vorsprung. Von zum Beispiel zukunftsträchtigen Bahn- oder Luftfahrtkonzepten (die andere dann kopieren) bis hin zu innovativer Energietechnik – die Basis dafür kommt aus Europa.
Und es könnte noch viel mehr sein, würde sich die EU-Politik endlich zu einem natürlich mit Augenmaß gelebten "Europa zuerst" durchringen. Stattdessen neigen wir dazu, andere und ihre Errungenschaften kritiklos zu bewundern – von Silicon Valley bis Singapur.
Als ehemalige Verteidigungsministerin weiß von der Leyen sicher, dass man einen Gegner mit Ehrfurcht allein nicht besiegen kann.
Kommentare