Busek: "Zeichen, dass Häupl zu lange im Amt ist"

Die jüngste Affäre in der Wiener Stadtpolitik beschädigt für Ex-Vizebürgermeister Erhard Busek das Gesamtbild der Politik
Für Busek ist rot-grüne Machtpolitik in Wien ein Lehrbeispiel, wie man Bürger von Politik abschreckt.

Die Wiener Stadtpolitik wird derzeit von einer unappetitlichen Affäre erschüttert.

Die SPÖ hatte im Koalitionspakt mit den Grünen eine Reform des Wahlrechts unterschrieben, ließ die Reform aber platzen. Die Reform hätte die SPÖ bis zu vier Gemeinderatssitze gekostet, weil das Wiener Wahlrecht die Mehrheit fördert. Gleichzeitig kündigte die SPÖ an, sie werde alle Versuche der anderen Parteien (Grüne, FPÖ, ÖVP), das Wahlrecht gegen den SPÖ-Willen zu ändern, mithilfe der Geschäftsordnung im Gemeinderat blockieren.

Als die anderen Parteien dann die Geschäftsordnung ändern wollten, saß plötzlich ein grüner Mandatar in den Reihen der Roten im Gemeinderat, wodurch die SPÖ nicht mehr überstimmt werden konnte.

Der Abgeordnete war bei den Grünen auf keinen sicheren Listenplatz mehr gekommen, die SPÖ köderte ihn mit einem Fixplatz im nächsten Gemeinderat, und er schlug zu (mehr dazu hier).

Trotz dieses Affronts bleiben die Grünen in der Koalition mit der SPÖ und kündigen ihre Fortsetzung nach der Wahl an.

Der KURIER befragte dazu den früheren Wiener Vizebürgermeister Erhard Busek, der in der Bundeshauptstadt mit einem Programm erfolgreich war, in dem er spätere Grün-Themen vorweg genommen hatte. Busek ist derzeit Vorsitzender des Universitäts-Rats der MedUni Wien.

KURIER: Herr Dr. Busek, was sagen Sie als emeritierter Vizebürgermeister zu den Vorfällen von brutalem Machterhalt und Machtversessenheit in Wien?

Erhard Busek: Was hier passiert, ist ein Lehrstück: Wie schrecke ich die Bürger von der Politik ab. Eine Hilfe für die Demokratie ist das nicht.

Von wem finden Sie das Verhalten verwerflicher? Von der SPÖ, die den Abgeordneten einkaufte, oder von dem Abgeordneten, der sich kaufen ließ?

Das lässt sich schwer qualifizieren. Die SPÖ soll ehrlich sagen, sie will auf diese Weise ihre Mehrheit erhalten. Bei dem Grünen ist das einfach frei von Geschmack.

Wäre Ihnen als Koalitionspartner so etwas passiert – wären Sie dann in der Koalition geblieben?

Ich verstehe, dass die Grünen in der Koalition bleiben, weil sie sich diese Option erhalten wollen. Aber das ist ein taktisches Verhalten, kein grundsätzliches. Die Grünen müssen sich die Frage stellen, ob es das wert ist. Das Bild der Grünen wird über Wien hinaus ein anderes werden. Sie haben auch jede Menge Posten kassiert: es gibt Beauftragte für Fußgänger, Radfahrer, Universitäten etc. Alles mit Bezahlung oder zumindest mit Büros. Die Grünen haben ihre Keuschheit verloren.

Schaden diese Schachermethoden nicht auch dem Image Wiens als Weltstadt?

Ich glaube, es ist weniger schlecht für das Image der Weltstadt als für das Image der Politik.

Kann das die Beteiligung bei der kommenden Wahl senken?

Es hebt jedenfalls nicht die Wertschätzung für die politischen Parteien. Auch die Neos sollten sich nicht darauf verlassen, dass ihnen das nützt, denn es ist das Gesamtbild der Politik beschädigt.

Sie kennen Bürgermeister Michael Häupl ja lange persönlich. Hat er sich mit dieser Aktion einen guten Dienst erwiesen?

Überraschen tut es mich nicht. Er hatte immer ein sehr direktes Verhältnis zur Macht und mit zunehmendem Alter verbirgt er es immer weniger. Man denke nur an seine Aussagen in letzter Zeit. Dieser Vorfall ist vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass Häupl schon zu lange im Amt ist.

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