Erdoğan hält Austro-Türken fest

Präsident Erdogan
Zumindest fünf Doppelstaatsbürger werden zurzeit daran gehindert, die Türkei zu verlassen. Sie sollen Präsident Erdoğan beleidigt haben oder Fethullah Gülen nahestehen. Das Außenamt vermittelt.

Am Anfang war es nur ein Zweizeiler: "Österreicher werden in der Türkei verhaftet – weil sie in Österreich Erdoğan kritisiert haben. ,Erfolg‘ der Erdoğan-Stasi", twitterte der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz am Montagabend – und wiederholte selbiges ein paar Stunden später auch im Rahmen einer TV-Diskussion.

https://twitter.com/Peter_Pilz/status/838778211945316356
Peter Pilz (@Peter_Pilz

Auf KURIER-Anfrage bestätigte das Außenamt daraufhin, dass zurzeit tatsächlich fünf Personen mit österreichischen Pässen – mit großer Wahrscheinlichkeit aber allesamt Doppelstaatsbürger – in der Türkei festsitzen. Und zwar wegen "politischer Hintergründe". Mit anderen Worten: weil sie Präsident Recep Tayyip Erdoğan beleidigt haben oder Fethullah Gülen (den Erdoğan für den Putschversuch im Juli verantwortlich macht) nahestehen sollen.

Laut Außenamtssprecher Thomas Schnöll befinden sich die fünf Personen zwar auf freiem Fuß. "Die Angezeigten sind aber mit einem Ausreiseverbot belegt." Vor etwa vier Wochen sei zudem ein vermutlich kurdischstämmiger Österreicher eine Nacht lang in Istanbul angehalten und einvernommen worden – der Mann durfte seine Reise jedoch fortsetzen.

"Erdoğan-Stasi"

Da es sich dem Vernehmen nach um Doppelstaatsbürger handelt (was laut Sprecher von Außenminister Sebastian Kurz dem Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft gleichkomme), sei die konsularische Einflussmöglichkeit begrenzt, so Schnöll. Was die jeweiligen Anschuldigungen betreffe, sei man zudem auf die Auskunftsbereitschaft der türkischen Behörden angewiesen – "und die hält sich in Grenzen". Mittlerweile interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft für die Causa.

Ursache der Anzeigen seien die nachrichtendienstliche Aktivitäten AKP-naher Vereine in Österreich, meint Pilz. Wie berichtet, spielen in dieser Hinsicht vor allem die türkische Botschaft in Wien sowie die türkisch-islamische Union ATIB eine wichtige Rolle. Im Auftrag des türkischen Religionsamtes Diyanet sollen hierzulande Gülen-Anhänger ausspioniert worden sein. Schlüsselfigur sei der ehemalige Religionsattaché der türkischen Botschaft, Fatih Mehmet Karadas – gleichzeitig Vorsitzender von ATIB – gewesen: Er soll Befehle aus Ankara entgegengenommen und Spitzelberichte dorthin zurückgeschickt haben. Als Indizien legte Pilz einen Bericht des türkischen Generalkonsulats in Salzburg an Karadas vor – aus dem hervorgeht, dass Gülen-Anhänger unter Beobachtung stehen. ATIB wies alle Vorwürfe zurück.

Zur Meldung von Erdoğan-Gegnern – in ihrer Diktion "Personen, die ihre Unterstützung für terroristische Aktionen kundtun"– rief via Facebook auch die Union Europäisch-türkischer Demokraten (UETD) auf.

In einer Pressekonferenz am Donnerstag will Pilz weitere Opfer der "Erdoğan-Stasi" vor den Vorhang holen. Zudem kündigt er einen Bericht "über das schwere Versagen des Innen- und des Außenministeriums" an.

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