Der dritte Unmutsfaktor ist das Basisvotum über den Verbleib Rendi-Wagners an der Parteispitze. Sie hat das Votum gegen den Willen ihrer Spitzenfunktionäre durchgedrückt, wollte dann aber mit Verweis auf die Corona-Krise das Ergebnis nicht bekannt geben. Seit 2. April ist die Abstimmung beendet, aber niemand weiß, wie sie ausging. Sie wurde von einer externen Firma durchgeführt und ist derzeit „eingefroren“ – weder wurden die postalischen Stimmzettel ausgezählt noch das Online-Votum heruntergeladen, sagt SPÖ-Sprecher Stefan Hirsch. Die Auszählung erfolge erst, wenn ein Sitzungstermin für den 70-köpfigen SPÖ-Vorstand feststeht. Das werde „im Mai“ sein.
Es schlummert also bei einer externen Firma ein Abstimmungsergebnis, das eventuell zum Rücktritt der Parteichefin führt, aber niemand kennt es. Eine schlagkräftige Führung schaut anders aus.
Folgende Szenarien kursieren, wie es weitergehen könne:
Szenario I
Das Votum geht so aus, dass Rendi-Wagner von sich aus zurücktritt. Ihr Nahestehende glauben, dass für sie die Schmerzgrenze bei 70 Prozent Zustimmung liege.
Szenario II
Das Votum ist lauwarm – gut genug für sie, um zu sagen, sie bleibe, aber in Wirklichkeit kein Signal des Durchstartens.
In diesem Fall blickt alles auf Michael Ludwig. Er muss letztendlich entscheiden, ob er mit Rendi-Wagner an der Bundesparteispitze in die Wien-Wahl geht oder nicht. Findet er es zu riskant, muss der Wechsel rasch erfolgen. Denn im Herbst, am Höhepunkt des Wahlkampfes, kann die SPÖ nichts weniger gebrauchen als eine Führungsdebatte.
Derzeit gibt es im wesentlichen zwei Nachfolge-Modelle: Ein klassisch-neuer Parteivorsitzender, wobei hier EU-Delegationsleiter Andreas Schieder die besten Karten hat.
Oder eine Interimslösung mit einem Landeshauptmann. Dafür werden dem Kärntner Peter Kaiser Chancen eingeräumt, weil Hans Peter Doskozil zu sehr polarisiere.
Szenario III
Das Votum für Rendi-Wagner ist zu deutlich, um sie – noch dazu als erste Frau an der Parteispitze – zu demontieren. Dann ist der Personalwechsel abgesagt. Zumindest bis nach der Wien-Wahl.
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