Was passiert in den nächsten Tagen?
Heute, Dienstag, hat Pamela Rendi-Wagner für den Vormittag zur Pressekonferenz geladen. Es ist davon auszugehen, dass sie bei ihrer Ankündigung bleibt und sich aus der Politik zurückzieht. Am Vormittag tagen zudem SPÖ-Präsidium und -Vorstand. Sie müssen entscheiden, wie es bis zum und am Bundesparteitag am 3. Juni weitergeht – und das ist eine durchaus fordernde Übung. Denn bestärkt durch sein überraschend gutes Ergebnis bleibt Andreas Babler dabei: Er behält sich eine Kandidatur am Bundesparteitag vor und sagte Montagabend, dass nur eine Stichwahl mit Hans Peter Doskozil die nötige Klarheit schaffe.
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Er hätte sogar gerne erneut eine Mitgliederentscheidung und nicht bloß einen Parteitag. Für das Team Doskozil ist das ein No-Go. Der Burgenländer weiß einige gewichtige Landesparteien hinter sich. So rückten gestern die Landesparteiobleute der Steiermark, von Salzburg, Ober- und Niederösterreich aus, um zu fordern, das Votum der Mitgliederbefragung zu akzeptieren. Sinngemäß sagten Anton Lang, David Egger, Michael Lindner und Sven Hergovich, das Ergebnis sei zwar knapp, aber im Sinne der Einigkeit endlich anzuerkennen. Keine klare Empfehlung gegen eine Kampfabstimmung kam vorerst von Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer und dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser. Möglich wäre auch, dass es Doskozil gelingt, Babler in sein Team einzubinden.
Gibt es unmittelbare Konsequenzen für die Bundesparteizentrale?
Ja. Selbst für den Fall, dass Rendi-Wagner gewonnen hätte, hat sie angekündigt, die Bundespartei personell aufzustocken und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch eine zweite Kraft zur Seite zu stellen. Mit dem schwachen Ergebnis der Amtsinhaberin gilt das Schicksal von Deutsch als besiegelt. In beiden Herausforderer-Teams, also sowohl bei Doskozil als auch bei Babler, herrscht massive Unzufriedenheit mit der Bundespartei, deren Arbeit und Kampagnenfähigkeit. Es ist also in jedem Fall von einem personellen Umbau auszugehen.
Ist mit dem Ergebnis der Parteitag nicht obsolet?
Nein. Was die Statuten angeht, war immer klar, dass die Mitgliederbefragung einen Parteitag und dessen Beschlüsse keinesfalls ersetzen kann. In Paragraf 47 des Organisationsstatuts ist festgehalten, dass zentrale Organe wie Parteivorstand, -präsidium oder Parteivorsitz direkt vom Bundesparteitag gewählt werden müssen.
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➤ Porträt: Andreas Babler - gekommen, um zu bleiben
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Dementsprechend war die einzige offene Frage, ob es nach der Mitgliederbefragung einen Sonderparteitag geben muss – oder nicht. Pamela Rendi-Wagner hat diese Entscheidung längst getroffen und den Parteitag für 3. Juni terminisiert. Offen ist, ob die SPÖ auf diesem Parteitag bloß Doskozil als Parteichef wählt bzw. abnickt, oder ob es zu einer Kampfabstimmung kommt.
Was bedeutet das Ergebnis für die Wiener SPÖ?
Die stets als organisationsstärkste bzw. mächtigste Landesorganisation titulierte Wiener SPÖ hat mit dem Ergebnis der Mitgliederbefragung jedenfalls eine Schmach erlitten. Parteichef und Bürgermeister Michael Ludwig hat sich hinter die Amtsinhaberin gestellt es nicht geschafft, Rendi-Wagner an der Spitze zu halten. Die Haltung der Doskozil-kritischen Wiener Parteiführung wird entscheiden, ob heute im Parteivorstand bzw. -präsidium die von Babler angepeilte Stichwahl am Parteitag genehmigt oder abgelehnt wird (dies war bis zum Redaktionsschluss unklar, Anm.).
Was bleibt längerfristig von der Mitgliederbefragung der SPÖ?
In allen drei Lagern gibt es Vertreter, die sagen: Hinter den Zustand vom 22. Mai 2023 wird man als SPÖ nicht wieder zurückgehen können. Was ist da gemeint? Bisher haben allein der Bundesparteitag und die dafür Delegierten entschieden, wer SPÖ-Chefin oder -Chef wird; unmittelbaren Einfluss auf das Ergebnis hatten die einfachen Parteimitglieder nicht. Durch die nun durchgeführte Mitgliederbefragung wurde die Basis de facto in die Frage des Parteivorsitzes miteinbezogen. Und das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. In welcher Form, das ist noch offen.
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