Worum geht es dann, wenn gegenwärtig nicht ums Geld?
Es geht um den Ukraine-Krieg, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Klassische Ökonomen wurden sagen: „Das Energiethema lässt sich über den Preis regeln und lösen“. Das Preissignal symbolisiert aber auch Luxus. Mit einem großen Auto und hoher Geschwindigkeit unterwegs zu sein oder in einem Haus mit 23 Grad zu leben, das bedeutet auch: „Ich kann es mir leisten. Ich gönne mir die heiße Badewanne.“ Von diesem Verhalten müssen wir uns verabschieden, denn es ist nicht mehr zeitgemäß und zu bewerkstelligen
Kampagnenstart war im September, geheizt wird erst jetzt. Ein guter Zeitpunkt?
Verhaltensökonomische Erinnerungen sind besonders kurz bevor die eigentliche Verhaltensweise beginnt wirksam. Der Augenblick, in dem wir die Heizung zum ersten Mal aufdrehen und die Gradanzeige anschauen, ist wesentlich. Genauso wichtig ist die fortlaufende Bewusstwerdung. Weil wir zu schnell vergessen, unachtsam oder es gewohnt sind? Studien haben gezeigt, dass intelligente Thermostate nichts bringen, denn: Sobald den Menschen kalt ist, schalten sie die Heizung höher. Menschen fahren mit dem Auto, obwohl die Spritpreise so hoch sind.
Hilft es, den CO₂-Fußabdruck oder Preis auf Rechnungen zu schreiben?
Der Preis allein führt, wie wir sehen, nicht zu einem nachhaltigen Umdenken. Die Angabe der CO₂-Emission würde vielleicht zusätzlich einen Beitrag leisten.
Brauchen wir in der Energiekrise das, was in der Pandemie der Babyelefant war?
Das Problem ist viel komplexer, als es bei Corona der Fall war. Jeder hat ein anderes Wärme- oder Kälteempfinden und zudem verfügen weder Haushalte noch Betriebe über einen Thermostat in jedem Raum. Wenn es ums Heizen und Sparen geht, dann brauchen wir, so plump das klingt, auch eine neue Mode. Wir müssen lernen, uns anders anzuziehen.
Sie meinen, mit Shirt im Winter im Büro zu sitzen, das wird es nicht mehr geben dürfen?
Ja, wir haben noch nicht die modischen Antworten auf den neuen Bedarf, dass wir kühlere Innenräume haben werden.
Es gibt Apps, die zeigen, wie viel Kalorien verbrannt werden, wenn man 10.000 Schritte gegangen ist. Brauchen wir derlei, um Energie zu sparen?
Wir wissen, dass Feedback am wirksamsten ist, um sein Verhalten zu ändern. Ständig rückzumelden, wie sich der Verbrauch in den letzten 24 Stunden oder der letzten Woche verändert hat, wäre das optimale Tool. Doch das haben wir weder für private Haushalte, Industrie noch Gewerbe. Am besten wäre, wir hätten überall Smartmeter, um zu sehen: So schaut mein Verbrauch heute aus.
Der propagierte einmal installierte Duschsparkopf ändert das Verhalten nicht.
Er funktioniert. Zusätzlich gibt es aber auch Duschen mit Gamification-Elementen. Ein Display zeigt einen kleinen Eisbären auf einer Scholle. Wenn man zu lange und zu heiß duscht, dann schmilzt die Eisscholle und der Eisbär plumpst ins Wasser. Das will man natürlich verhindern und deshalb wird kürzer und kühler geduscht. Das hat bei „Langduschern“ zu einer Energiereduktion von 20 bis 30 Prozent geführt.
Wir funktionieren also durch schlechtes Gewissen?
Das ist ganz unterschiedlich. Das Verhalten lässt sich jedenfalls nicht zwangsläufig über Preise ändern. Im schlimmsten Fall passiert das Gegenteil, weil sich jeder Luxus leisten will. Gleichzeitig funktioniert der Flaschen- und Plastikpfand in Deutschland, weil es nachhaltig ist, zu sammeln und Geld bringt.
Die Regierung veröffentlicht täglich den Gasspeicherstand, gewährt Klimabonus und Energiekostenzuschuss. Ist das nicht kontraproduktiv, um das Verhalten zu ändern?
Es ist suboptimal, dass wir nicht zielgruppenspezifisch arbeiten können. Den Gasspeicherstand zu kommunizieren, das halte ich für gut. Ziel muss es sein, diese Zahlen auch für den Strom- und Gasverbrauch zu veröffentlichen – je nach Sektoren bis hin zu Haushalten – damit man sieht, wo Österreich steht. Es ist – bis auf ärmere Haushalte – derzeit noch eine freiwillige Leistung, Energie und damit Kosten einzusparen.
Jetzt wird notgedrungen, schneller auf Erneuerbare Energien umgestellt…
… unser bisheriger Konsum ist auch durch Erneuerbare Energien nicht nachhaltig aufrecht zu erhalten. Es war und ist immer notwendig, Energie zu sparen – ganz unabhängig des Ukraine-Krieges. Gerade reiche Haushalte müssen sparen und das ist, meiner Meinung nach, auch bewerkstelligbar ohne Wohlstandsverlust.
Wo kann jeder sparen?
Bei den Studien, die ich kenne, waren die meisten Einsparungen am Arbeitsplatz außerhalb der Arbeitszeit zu erreichen. Es geht darum, dass die Heizung in der Nacht weniger läuft, dass Bildschirm und Licht ausgeschaltet werden. Wenn wir das schaffen, dann haben wir viel erreicht, ohne dass sich deshalb unser Leben verschlechtert. Erinnerungen helfen immer. Ein Post-it an der Tür wie „Licht aus“ hilft schon.
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