Endrunde im Tauziehen um EU-Agenturen
Sie zählen zu den begehrten "Gusto-Stückerln" im Zuge des britischen EU-Austritts – die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und die EU-Agentur für Bankenaufsicht (EBA). Mit Stichtag 30. März 2019 müssen die beiden Agenturen London verlassen haben. Und jener EU-Staat, dem es gelingt, eines der beiden Erbstücke des Brexits ins Land zu holen, darf sich über einen erklecklichen Wachstumsschub und zusätzliche Arbeitsplätze freuen.
Auch Österreich macht sich Hoffnungen, seit Monaten wirbt die Bundesregierung mit erheblichen Aufwand und Eifer für Wien als potenziellen neuen Standort vor allem für die EU-Arzneimittellagentur. Gestern Nacht endete die Bewerbungsfrist, heute will die EU-Kommission alle Kandidaten für EMA und EBA offiziell vorstellen. Die endgültige Entscheidung wird erst im November fallen – in einem dreistufigen Abstimmungsverfahren, das an den "Eurovision Songcontest" erinnert: Jeder EU-Staat darf drei Punkte an seinen Favoriten vergeben, zwei Punkte an den zweitbesten und einen an den Ausweichkandidaten.
Ohne "Mauscheln"
So soll eine möglichst faire Kür der neuen Standorte gewährleistet und ein "Mauscheln" unter den mächtigeren EU-Staaten verhindert werden.
Als Favorit für die Bankenaufsicht (EBA) gilt dennoch das deutsche Frankfurt. Unter den Favoriten um die Arzneimittelagentur – 23 Staaten haben sich insgesamt beworben – spielt Wien in der vordersten Reihe mit. Sechs Qualitätskriterien der EU-Kommission gilt es zu erfüllen, nahezu alle kann Wien aufbieten: Dazu zählen beste Anbindung an internationale Flughäfen, generell gute Arbeitsbedingungen, auch für Jobsuchende Partner der Agenturmitarbeiter, Zugang zu internationalen Schulen und mehr. Acht mögliche Standorte bietet Wien an. Einer davon ist das von Otto Wagner geplante frühere Postsparkassengebäude.
Einige EU-Staaten haben sogar signalisiert, jahrelang auf Standortmiete für die EMA zu verzichten. Denn der Gewinn, die Agentur mitsamt ihren rund 900 Mitarbeitern ins Land zu holen, wäre hoch: Österreichs BIP etwa würde binnen fünf Jahren um eine Milliarde Euro wachsen, errechnete eine Studie des IHS. Weil die EMA auch zahlreiche Tagungen ausrichtet, wären zusätzliche Übernachtungen von rund 30.000 Konferenzbesuchern zu erwarten.
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