Vor großer Strommarkt-Reform: "Der Strom wird am Ende günstiger sein"

Elisabeth Zehetner
Die Wirtschaftsstaatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP) will Batteriespeicher, nicht PV-Anlagen fördern, die Stromkonzerne zu niedrigeren Strompreisen zwingen und sich auch der Idee einer "Netz-Asfinag" widmen.

Vergangenen Freitag endete die Begutachtungsfrist zur Reform des ElWG, des Elektrizitätswirtschaftsgesetz. Es hagelte viel Kritik, auch wenn das nur wenige Paragrafen der Reform des Strommarktes in Österreichs betrifft. Nun muss die Regierung mit der Opposition in Verhandlung treten, denn für einen Beschluss braucht Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer die Stimmen der FPÖ oder der Grünen.

Hattmannsdorfers Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Elisabeth Zehetner, verrät im Gespräch mit dem KURIER, wie es weitergehen soll und welche Regeln bleiben sollten.

KURIER: Das Energieministerium hat enorm viele Stellungnahmen auch von Privatpersonen zum neuen Elektrizitäts-Wirtschaftsgesetz (ElWG) bekommen. Was sagen Sie zur Kritik?
Elisabeth Zehetner: Da ging es vor allem um vier Themen:  Erstens das Netznutzungsentgelt für private PV-Anlagen, dass auch Einspeiser ins Netz einen Beitrag zahlen sollen. Dann die Spitzenkappung für Neuanlagen, insbesondere der Windkraft. Drittens ging es  um die Smartmeter. Und viertens das Preisänderungsrecht, da kam Kritik von den Energieversorgern und von den Konsumentenschützern.

Die Windindustrie warnt, dass durch die neuen Regeln ihr Geschäftsmodell gefährdet ist. Die Finanzierung durch die Banken würde teurer, weil die Gewinne unsicherer werden. 
Das Argument kennen wir. Natürlich schauen die Banken darauf, ob Geschäftsmodelle verlässlich sind. Ich kann zusagen: Niemand – weder private noch gewerbliche Anlagen – wird in seiner Wirtschaftlichkeit gefährdet. Wir wollen Lösungen finden, die die Energiewende voranbringen, ohne Geschäftsmodelle kaputtzumachen.

Viel problematischer ist doch, dass sogar die Energieversorger sagen, dass die Strompreise mit diesem Gesetz nicht sinken werden.
Ich gehe schon davon aus, dass wir Reformen setzen, die dazu führen, dass der Strom am Ende günstiger wird. Das kann ich nur machen, wenn ich die Regelung der Netzentgelte nachhaltig  verändere. Wir wollen es  gerechter gestalten, weg von der Einbahnstraße, dass nur die Konsumenten zahlen, hin zu den Stromproduzenten. Ich verstehe die Kritik der Stromkonzerne, aber am Ende wird der Strom nicht teurer.

Am größten scheint der Widerstand beim Thema Netzentgelt für Dach-PV-Anlagenbesitzer. Was war da die Idee, was ist Ihr Plan? 
Es war ein Fehler des alten EAG (Erneuerbaren Ausbaugesetz), dass die Stromspeicher daheim nicht gefördert wurden, das müssen wir ändern. Wir wollen künftig nicht mehr die PV-Anlagen fördern, sondern die Stromspeicher. Denn am günstigsten ist die Energieversorgung in Zukunft dann, wenn wir es schaffen, dass erneuerbarer Strom dort, wo wir dieser erzeugt wird, auch direkt verbraucht wird – oder eben gespeichert wird oder im nahen Umfeld weitergeben wird. Das wäre die Idealform, weil wir dann die Netze nicht hochrüsten müssen.

Mehr Stromspeicher würden den Strom billiger machen?
Je mehr Speicher wir flächendeckend haben, desto besser für das Netz. Das andere sind die dynamischen Tarife, die dazu beitragen, dass Strom verbraucht wird, wenn er günstig verfügbar ist, also wenn die Waschmaschine und der Trockner erst zu Mittag angedreht wird oder das E-Auto zu dieser Zeit geladen wird. Diese Elemente sind im Gesetz drinnen und wurden durchgehend sehr positiv aufgenommen.

Die E-Control, die ja die Netzgebühren bestimmt, hat in Aussicht gestellt, dass die kleinen PV-Anlagen kein Netzentgelt zahlen müssen?
Da geht es um kleine Anlagen mit Spitzenleistung von vier bis fünf Kilowatt. Das wird neben anderen Punkten auch Teil der Diskussion sein. Es geht um eine faire und gerechte Lösung.

Nach Schweden hat Österreich in der EU die zweithöchsten Netzkosten, wie kann das sein?
Ich glaube, dass wir in der Vergangenheit nicht entsprechend antizipiert haben, dass die Energiewende in diesem Tempo stattfinden wird. Man hat sich ein bisschen auf den Lorbeeren der letzten Generationen ausgeruht, die die Netze im Wesentlichen so aufgestellt haben, wie sie jetzt da sind. Da hätte man sicher vorausschauender und früher starten müssen, und genau jetzt geht es darum, das Tempo der Energiewende auch beim Netzausbau nachzuziehen.

Warum wurde das Thema einer „Netz-Asfinag“, also eines Infrastrukturfonds, nicht aufgegriffen, der den Netzausbau, der uns ja noch über viele Jahrzehnte zugute kommen wird, ganz anders finanziert und so die Stromrechnung massiv senken könnte? 
Wir haben sehr wohl vor, uns diesem Thema noch zu widmen. Damit könnte man tatsächlich die Netzkosten längerfristig senken. Es ist aber nicht Teil des jetzt diskutierten ElWG. Das wäre eine völlige Umstrukturierung, wie wir in Österreich Netze betreiben und finanzieren. Der nö. Energielandesrat Stephan Pernkopf hat etwas in diese Richtung präsentiert, ebenso die Energie Oberösterreich. Aber es gibt nicht die einzelne Maßnahme, die die Energiekosten leistbar macht und unser System für die Zukunft ausrichtet. Das ElWG ist nur der erste Schritt.

Kürzlich hat die Bundeswettbewerbsbehörde kritisiert, dass es im Strombereich zu wenig Wettbewerb gibt und der Markt schlecht funktioniert. Das muss Sie als Wirtschaftsstaatssekretärin doch immens stören?
Natürlich ist für uns der Wettbewerb enorm wichtig. Der unterschätzte Faktor sind die Energiegemeinschaften. Die sind ein riesiger Wettbewerb für die angestammten Energieversorger, weil sie wirklich günstige Energie anbieten. Es gibt inzwischen schon weit über 3.000 Energiegemeinschaften, und ich schätze, bis Ende des Jahres werden wir auf 5.000 kommen. Das ist ein echtes Erfolgsmodell und bringt mehr Wettbewerb in den Markt.

Dennoch die Frage: Was können Sie im Ministerium tun, damit die Stromkosten auch beim Endkunden sinken?
Das ist ja im ElWG mit der Strompreis-Runter-Garantie geregelt – also mit dem sogenannten Symmetriegebot. Energieversorger werden verpflichtet, sinkende Börsenpreise an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben.

Aber das sind ja alles Aktiengesellschaften, wenn auch die meisten in öffentlicher Hand. Die sollen nicht mehr so sehr auf den Unternehmensprofit, also den Shareholder Value, schauen?
Genau. Wir haben ins Gesetz geschrieben, dass in den Unternehmenszielen verankert sein muss, dass ein leistbarer Preis ebenso wesentlich ist wie Versorgungssicherheit.

Aber das heißt doch, dass uns die Energieversorger mangels ausreichend Wettbewerb zu hohe Energiepreise verrechnet haben – zum Schaden unseres Wirtschaftsstandortes. Hätten da die Eigentümer, also die Landesregierungen, nicht eingreifen müssen?
Das haben einige schon versucht. Wir sagen jetzt aber: Nein, es gibt Gemeinwohlziele, die zu verfolgen sind. Und deshalb schreiben wir das ins Gesetz, damit klar ist, dass das der politische Wille ist. Die Tiroler TiWAG hat das bereits in ihrer Satzung.

Damit bleibt die Frage: Haben wir ein Oligopol der Landesenergieversorger, oder ist der Strommarkt wirklich wettbewerblich organisiert? Offenbar nicht.
In der Liberalisierung vor Jahrzehnten haben sich diese Konstellationen und Beteiligungen ergeben. Aber ich glaube nicht, dass die Beteiligungen der Hauptgrund für den hohen Energiepreis sind.

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